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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Minister vor dem Reichstage das anschauliche bedeutungsvolle Gleichnis: Nord- und Süddeutschland könnten nicht länger getrennt auseinandergehalten werden als die Wasser des Roten Meeres nach dem Durchzug der Israeliten.« Schon im März hatte der Abgeordnete Miquel die Mainlinie als eine bloße Haltestelle bezeichnet, wo wir Wasser und Kohlen einnehmen, um nächstens weiterzugehen.« Ein Antrag Miquel-Lasker hielt den Eintritt der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund ausdrücklich offen.
    Otto hatte übrigens nichts unversucht gelassen, seine Stellung zu stärken. Sein Emissär Graf Taufkirchen, ein Bayer, kam wenig erbaut aus Wien zurück. »Der Wind weht scharf. Im Januar brachte Graf Beust seine Tripelallianz Österreich-Frankreich-Italien zwar nicht zusammen, aber jedes Bündnis mit dem Norddeutschen Bund lehnt er jetzt ab. So werde man nicht die Dienste Napoleons vergelten, der die Preußen an den Toren Wiens aufgehalten habe.«
    »So werden Legenden geschmiedet. Wer den Einzug in Wien nicht wollte, weiß ich am besten, doch ist dies Staatsgeheimnis. Napoleon aber am allerwenigsten hat uns gehindert. Scheint Ihnen richtig, daß Beust abriet, wegen Luxemburg mit uns Krieg zu beginnen?«
    »Ich hörte es bestimmt. Er warnte Napoleon, daß er Sie instand setze, an alle politischen Leidenschaften seiner Landsleute zu appellieren und selbst sonst Abtrünnige unter Ihre Fahne zu sammeln. Im übrigen zeigte er sich sehr erbittert, nannte unsere Militärkonvention einen Bruch des Prager Friedens und fragte spöttisch, was Österreich wohl für seine Hilfe bekommen werde außer einem reichgebundenen Exemplar der Prager Verträge.«
    »Stimmt, er bekäme nischt,« lachte Otto gemütlich, »wir können ihm doch nicht etwa Venetien zurückerobern. Das geht um wie das Hundebeißen. Kaum war Italien unser Bundesgenosse, als es auch schon gegen uns mit dem beiderseitigen Todfeinde Österreich intrigieren möchte. Stil Lamarmora. Der Re Galantuomo hat freilich zu viel Ehre im Leibe, um so unanständige Hast im Gesinnungswechsel zu bevorzugen. Doch Neutralität wäre das äußerste, was er leisten würde. Es ist doch merkwürdig, daß man uns schon die Ehre antut, Koalitionen gegen uns zu planen, als ob Frankreich nicht allein uns die Spitze bieten könnte.«
    »Preußens Prestige stieg eben ungeheuer durch den blitzschnellen Sieg.«
    »Das ist es nicht allein. Denn warum sahen lange vorher alle Großmächte scheel auf jede Einheitsbestrebung? Im Grunde könnte es doch keinen tangieren, wenn eine Großmacht aus der fünften in die vierte oder dritte Reihe aufrückt, d. h. Preußen einfach in den früheren Rang Österreichs eintritt. Das sogenannte Gleichgewicht bleibt doch dann das gleiche.« Der Bayer nahm dies treuherzig ernst und fand keine Antwort darauf, bis der Riese aufstand und ihm die Hand auf die Schulter legte. »Verraten Sie das Geheimnis nicht! Das Ausland kennt uns besser als wir uns selbst. Es weiß mit untrüglichem Instinkt, daß ein vereintes Deutschland teufelmäßig stark ist, viel stärker als Österreich je war.«
    Die Deutschen schienen freilich über Nacht klug geworden, Michel warf die Zipfelmütze so weit weg, daß alle Welt sah, wie sehr ihm der Kamm schwoll. Am 11. Mai hatte die Londoner Konferenz sich dafür entschieden, daß beide Rivalen leer ausgehen sollten. Nachdem er noch Bleiben Luxemburgs im Zollverein, also fortdauernden wirtschaftlichen Verband durchgesetzt, fügte sich Bismarck knurrend und murrend, während ihm ein Stein vom Herzen fiel. Er gab also in keiner Weise Napoleon nach, vereitelte dessen Gelüste, beugte sich aber anscheinend vor Europa, nachdem die Aufrollung der Frage den gewünschten Erfolg hatte, ganz Deutschland mit Mißtrauen gegen das Ausland und kriegslustigem Stolz zu durchsättigen. Die Deutschen wunderten sich zornig, daß der »Eiserne«, wie man ihn schon nannte, es nicht auf Biegen oder Brechen ankommen ließ und wären bereit gewesen, über den Rhein zu marschieren. So predigten alle Führer der öffentlichen Meinung, doch Otto wußte sehr gut, daß die breiten Volksmassen wohl ein bißchen mitschrien, doch sich wenig um Luxemburg kümmerten. Als noch im September der Sozialdemokrat Bebel in der preußischen Kammer wehklagte, daß Luxemburg für Deutschland verloren sei, sprach der Minister dem Volke aus der Seele, man müsse dem König danken, daß er das äußerste vermied. Für ein Besatzungsrecht sollten nicht viele brave Deutsche ihr Leben

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