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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ungefähr. Und glauben Sie, uns bliebe verborgen, daß Sie im Juni 1857 ein Memoire über Preußens Beziehung zu Frankreich einreichten? Auch dessen Sinn und Wortlaut kennen wir.« Der Rubel reist, der Rubel fällt. »Lassen Sie uns lieber offen über die Lage plaudern!«
    »Ich bin bereit ... Indiskretion aber nicht Ehrensache!«
    »Verlassen Sie sich auf mich! Rußland hat mit inneren Reformen zu tun. Wir möchten Zuschauer bleiben.« Solange es euch paßt! »Mein heiliges Ehrenwort!« O weh, wenn eine russische Staatsspitze ein Ehrenwort gibt, dann können höchstens Deutsche solche Gimpel sein, nicht das Schlimmste zu befürchten. »Der Empereur ging also von der Grundlage aus, Österreich repräsentiere die Vergangenheit, Preußen die Zukunft. Von dieser Zukunft hängt aber ab, ob Preußen von der ausgesprochenen Bevorzugung profitieren will, die ihm Frankreich seit zehn Jahren bezeigte.«
    »Davon ist mir nichts bekannt«, flocht Otto ein. »Seit vier Jahren klingt schon besser.«
    »Der Kaiser meint nun, Preußen werde immer in der Enge bleiben und sogar Rückschritte machen, wenn es mit Österreich verbunden bleibe. Sein Interesse gebietet Gegengewicht zu Österreich in deutschen Dingen. Und darauf allein sollte es sich beschränken? Im Bündnis mit Frankreich erwarten es große und glückliche Geschicke, und gefahrlos obendrein. Jede Verminderung der österreichischen Macht ist Preußens Vorteil. Mit Hilfe Frankreichs kann es manches ausführen, was die deutsche Nation wünscht. Macht es aber gemeinsame Sache mit Österreich, dann wehe ihm! Da werde Frankreich – ja, was nur gleich?«
    »Sich mit Rußland verbünden«, ergänzte Otto trocken. »Da Sie aber auf Ehrenwort versichern, Rußland werde sich still verhalten, so schreckt solche Warnung nicht.«
    Budberg biß sich auf die Lippen. »Sie müssen dies natürlich nicht so wörtlich nehmen. Es könnten Fälle eintreten, untoward events ...«
    »Davor ist niemand sicher. Doch wozu solche Reminiszenzen! Bepoli ist schon verflossene Geschichte. Seine Sendung scheiterte, soviel ich weiß. Wir werden hoffentlich strenge Neutralität bewahren, geradeso wie Rußland.«
    Da war nun Budberg mit seinen eigenen Waffen geschlagen, wenn er etwas herausholen wollte. »Aber Preußen gab doch gegenteilige Erklärung ab.«
    » Pro forma. Uns geht Italien nichts an, weder für die eine noch die andere Seite. Übrigens glaube ich gar nicht an den Krieg.« Und dabei blieb er. Innerlich dachte er anders. –
    Er entwischte endlich den Berliner Knäueln nach Frankfurt, brachte Johanna Teltower Rüben mit, aber auch die Kunde, daß er gleich abmarschieren müsse. Sie und die Kinder sollten nach Petersburg folgen, sobald er dort festen Fuß faßte und die Witterung nicht mehr Gesundheitsstörung befürchten ließ.
    »Mein Liebstes, Bestes, mein teures Herz, halte brav aus bis dahin! Ach, wie schön ist Bockenheim im Abendrot! Lebt alle wohl, ihr Lieben!« Als der Zug sich in Gang setzte, rief Becker, dessen Damen schluchzten: »Ein Andenken!« Da warf ihm Otto seinen langen Bleistift zu, mit dem er so viele Depeschen korrigierte, die in Preußens Geschichte fortleben. Der Stift flog der jungen Maxa Becker ins Gesicht und auf den Perron. Der Fehlschuß bedeutete wohl ein Omen, daß er mit Frankfurt nichts mehr zu schaffen habe. Und in Berlin empfing ihn eine gleißende Märzsonne, die nicht warm machte, scharfer Wind wirbelte Staub auf. »Rechtes Diplomatenwetter!« Man hielt ihn dort Tag für Tag hin, er konnte viel mit der Schwester zusammen sein, welche die schon jetzt in Frankfurt eintreffende Olympia Usedom eiligst bei Johanna verklatschte. Diese tat zwar kaum den Mund auf, doch die Klatschbase brachte trotzdem mokante Geschichten herum und machte sich schon bald unmöglich, wobei sie ihren englischen Hochmut durch Gesandtinnenwürde verstärkte.
    Als ihn Unruh wieder mal aufsuchte, ging Otto noch mehr aus sich heraus. Er wünschte, daß die Liberalen durch ihre Knappen von seiner wahren Gesinnung Kenntnis erhielten. »Österreich muß aus dem eigentlichen Deutschland entthront werden.«
    »Entfernen Sie es mal gutwillig!«
    »Dann sagen wir deutlicher: Hinausgeworfen! Oder, um mich diplomatisch auszudrücken: Gewaltsamer Ausschluß!«
    »Als bloßer Gesandter werden Sie das nie durchdrücken.«
    »Wohl wahr. Ich habe nicht unbedeutenden Einfluß auf den Herrscher, und anscheinend überzeuge ich ihn oft, doch ich kann eben nicht alle Tage zu ihm gehen. Deshalb höre ich bei

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