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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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sehr gnädig, wenn Eure Hoheit so denken. Allein, meine lange Erfahrung auf diesem bewegten und komplizierten Feldzugsgelände des Bundestags kann ich keinem Nachfolger vererben. Diesen Fuchsbau habe ich durchforscht bis in alle Notausgänge, kein anderer Weidmann kennt sich da aus. Die heutige günstige Aufstellung Preußens beruht auf meiner Personalkenntnis aller Fürsten, Minister und Hofzustände. Das ist, als ob ein sauer erworbenes Vermögen, das Zinsen tragen soll, mutwillig vergeudet wird durch Ankauf anderer unsicherer Obligationen.«
    »Das mag anfangs so sein, doch ein tüchtiger Diplomat, den man auf Grund Ihrer Kenntnisse anleiten und anlernen kann, wird später wohl auch ausreichen.«
    »Darf ich fragen, ob Usedom dies sein soll? Man fürchtet es in Frankfurt allgemein. Zu ihm haben die Höfe kein Vertrauen. Er gilt als extrem liberal.« Der Prinz machte eine abwehrende Handbewegung. »Ich weiß wohl, er ist das nicht, sondern sozusagen liberal-konservativ. Aber der Leumund besteht nun einmal.«
    »Das wird sich abschwächen. Jeder Staatsmann muß doch erst seine Visitenkarte abgeben.«
    »Halten zu Gnaden, Königliche Hoheit,« fuhr es Otto derb und herb heraus, »das ist ja nur ein Höfling, der Anekdoten zu erzählen weiß.«
    »Da urteilen Sie entschieden parteiisch. Usedom ist voll hoher Begabung.«
    Als Freimaurer! dachte Otto grimmig. Und der Prinz nimmt es mit seinen Bruderpflichten zur Loge ernst wie mit allem, er hält immer Treue, nur allzusehr. Laut äußerte er: »Da ist ja außerdem Frau v. Usedom. Deren Exzentrizität, um ein mildes Wort zu brauchen, würde uns überall in Verlegenheit setzen.«
    »Nun ja, da liegt gerade der Haken. An großen Höfen ist Usedom nicht verwendbar wegen seiner Gemahlin, die nun eben als Engländerin andere originelle Sitten hat. Da muß man ihn also auf einen Platz wie Frankfurt stellen, wo diese Gefahr nicht vorliegt. Er muß doch einen Posten haben.«
    Ich sehe die Notwendigkeit nicht ein! dachte Otto. Laut sagte er mit herber Bitterkeit: »Dann besteht mein Fehler darin, daß ich nicht auch eine taktlose Frau habe. Das vertreibt mich also aus der politischen Festung, in der ich zu Hause bin.«
    Mit vornehmer Milde beschwichtigte der Fürst: »Sie werden sich auch in Petersburg heimisch fühlen. Warum so bitter? Ich begreife Sie nicht. Die Gesandtschaft in Rußland galt allzeit als oberste Staffel unserer Diplomatie. Ist es nicht ein Zeichen meines höchsten Vertrauens, daß ich Sie dazu wähle?«
    Otto verbeugte sich. »Gegenüber diesem Ausspruch Eurer Hoheit geziemt sich Schweigen. Doch höchstsie gewährten mir allzeit Freiheit des Wortes.«
    »Gewiß, reden Sie!« fiel der Prinz lebhaft ein.
    »Nun wohl, ich bin tief besorgt um unsern künftigen Stand in der deutschen Frage. Usedom verstand nie, Geschäfte zu führen. Nicht wahr, Graf Schlieffen bleibt Dezernent?«
    »Zweifeln Sie an dessen klugen Instruktionen?«
    »Nein, aber an ihrer Ausführung durch Usedom. Dem fehlt jede preußische Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit.«
    »Sie übertreiben hart. Usedom hat auch militärische Einsichten, ein befähigter Stratege.« Ein phantastischer Projektenmacher! »Mein Ministerium findet vor Ihnen wohl auch keine Gnade? Sprechen Sie ganz offen! Keine Kapazitäten?«
    »Nein, nur beschränkte Mittelmäßigkeiten ... außer Bonin, dem aber jeder Ordnungssinn mangelt, der sein eigenes Schubfach verkramt, geschweige denn die Fächer des Kriegsministeriums sortieren kann. Und das Auswärtige Schleinitz! Das ist doch auch bloß ein Höfling.«
    Das war eine Sprache, wie man sie nie an Höfen führt und wie sie Prinz Wilhelm sich bei andern verbeten haben würde. Und nur vor ihm, diesem außerordentlichen Manne, die Geradheit und Rechtlichkeit selber, durfte Bismarck so aus sich herausgehen. Immerhin verriet er eine berechtigte Empfindlichkeit: »Ich will nicht hoffen, daß Sie mich für eine Schlafmütze halten. Das Kriegsministerium und das Auswärtige verstehe ich genug, da werde ich mein eigener Minister sein.«
    »Das weiß ich sehr wohl zu würdigen, Königliche Hoheit, und schätze es hoch ein. Doch in unserem modernen Leben ist das Räderwerk so kompliziert, daß selbst der tüchtigste Landrat sich auf einen intelligenten Kreissekretär verläßt. Ohne gute Beiräte kann ein Monarch nicht seine Wünsche befriedigen. Da hat nun Schwerin das Ministerium des Innern. Das fällt nicht in mein Fach, aber auch hier werde ich bedenklich. Ich habe dem Grafen

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