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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ein deutscher Mann, hat er gesagt, und da wird er einige Zeilen an seinen ergebensten Diener richten, daß Sie persönlich nix haben gegen Österreich, die echtdaitsche Monarchie. Ach, solche Zeilen an mich brächten einen moralischen Gewinn, unberechenbar!« Er kniff die Äuglein zusammen und starrte verzückt zur Decke.
    »Für Sie? Mein werter Herr, ich bin kein Altruist. Für mich schaut dabei nichts Gewinnendes heraus.«
    »Hm, haben Exzellenz meinen Brief auch genau gelesen? Ich sprach von einer kleinen Operation – nichts Chirurgisches, o Gott nein, wir Finanzleute haben so unsere Ausdrücke – und über deren Früchte möchte ich ganz ergebenst mit Ihnen konferieren.« Das wußte Otto sehr gut, hielt aber mäuschenstill die Operation aus. »Wir könnten machen ein feines Geschäft, jährlich 20 000 Taler Zinsen für Sie, zwanzigtausend Taler mit hypothekarischer Sicherheit! Das ist eine traite – ich meine eine schöne Sache.«
    »Sie überschätzen mich. Ich habe keine Kapitalien anzulegen.«
    »Spricht er von Einlagen, die große, die verdienstvolle Exzellenz« rief Levinstein begeistert. »Unter guten Freunden! So'n Stuß! Sind se denn nix, die geistigen Werte, die idealen? Ich bin Geschäftsmann, doch Idealist, ich sage es ungescheut, mögen Übelwollende mich deshalb tadeln. ›Alles Engherzige ist Ihnen fremd‹, sagte Graf Buol, ja, hat er gesagt. Exzellenz werden einfach neben den preußischen auch die bundes- und blutsverwandten österreichischen Interessen in Petersburg vertreten. Das ist Gold, ich sage Gold.«
    Otto hielt an sich, da er die reizende Bestechung von vornherein kommen sah. »Hm, das ließe sich hören. Doch so bedenkliche Sachen macht man nicht mündlich. Die Zeilen von Buol, die ich ja jetzt zwischen den Zeilen lese, behielten Sie an sich. Nein, da müßte ich doch eine gediegenere Sicherheit haben, entweder von Buol oder von Ihnen.«
    »Gott, gerechter!« Levinstein vergaß sich. Sein freundliches Gesicht, das einem breitgetretenen Kuhfladen glich, veränderte sich und nahm scharfe füchsige Züge an. Auf seiner fetten Stirne perlte ein leichter Angstschweiß. »Exzellenz belieben zu scherzen. Solche Intimitäten macht man doch mündlich ab unter uns Ehrenmännern. Do ut des , sagt der Lateiner. Exzellenz müssen wissen, ich bin klassisch gebildet, Akademiker, Universität Marburg. Nur die leidigen Geschäfte – mein Papa selig hinterließ mir seine Bank – doch ich darf wohl sagen, der Flug ins Hohe blieb mir eigen, wie meine politische Wirksamkeit lehrt. Ich bin Christ und Idealist. Und sehen Sie, wir Geschäftsleute sind mal so, wir wollen immer einen guten Handel machen, ein bißchen abknapsen, hehe ... aber jetzt fällt mir ein, daß Exzellenz Buol mir carte blanche gab. Nichts is mer zu teuer für den Herrn v. Bismarck. Ja, hat er gesagt. Ich biete Ihnen 30 000 Taler pro annum.«
    Otto erhob sich. Offenbar konnte man dem Halunken eine schriftliche Kompromittierung nicht ablocken. »Ich muß zur Bahn und ersuche Sie, mich sofort zu verlassen.« Damit schritt er der Türe zu und ging, ohne ein Wort weiter zu wechseln, die Treppe hinab. Levinstein rannte ihm nach und schrie mit grellen Fisteltönen: »Exzellenz sind unklug. Die kaiserliche Regierung wird böse sein und Ihnen arg zusetzen. Das wird Ihnen unangenehm werden.«
    Der grimme Hagen warf über die Achsel hin: »Und Ihnen erst, lieber Herr! Sehen Sie sich vor! Die Treppe ist steil und mein körperliches Übergewicht bedeutend. Übrigens verdanke ich Ihnen ein tiefes Wort: Do ut des . Das schützte Sie vor sofortigen handgreiflichen Repressalien.« Levinstein verschwand spurlos. Ist dieser Bismarck doch nur ein dummer Kerl!
    *
    In zehn Tagen und schlaflosen Nächten traf er in Petersburg ein. Wieder das Pech mit Werthern wie in Wien, der arme Mensch bereitete sich vor, erst im Mai als Geschäftsträger abgelöst zu werden, und nun, je suis là comme la foudre , wie der selige Bonaparte sagte. Endloser blendender Schnee lag dem Ankömmling im Gedächtnis, Posthäuser und Werstpfähle. Hier rollten Frachtwagen über die granitharte Newa. Bald genug klingelten chiffrierte Depeschen herein, Kuriere kamen und gingen. Der Militärattaché v. Loen hatte verschiedene Anliegen, der als Attaché mitgekommene Husarenleutnant Klüber mußte angelernt werden. Aber es öffnete sich doch eine neue Welt, neben der die Frankfurter Krähwinkelei erblaßte. Das ganze Präsidialgift ließ sich mit einem tüchtigen Schluck Wotki

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