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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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möchten uns der Früchte unserer Siege berauben und unseren Siegeslauf aufhalten.«
    »Das ist ein unbegründetes Mißtrauen«, machte Loftus sittlich gekränkt.
    »Und ein unnötiges. Denn da wir Ihre Vermittelung leider ablehnen und uns von niemand dreinreden lassen, haben die Deutschen keinen Grund, sich zu ärgern.«
    Loftus hatte die Pille zu schlucken. »Und unsere Anfrage, ob wir ein Kanonenboot die Seine hinaufschicken dürfen, um die in Paris wohnhaften Engländer in Sicherheit zu bringen?«
    »Dies unerhörte Verlangen untersage ich formal, ohne natürlich die Bosheit unserer Offiziere zu teilen, die dahinter eine Spionage vermuten, ob wir Torpedos legten. Nichts für ungut! Doch ich schneide ein für allemal jede Intervention, welcher Art sie sei, rundweg ab. Wir werden jeden solchen Versuch als unfreundlichen Akt betrachten.« –
    »Können Sie sich wenigstens zur Neutralität verpflichten, wenn es gegen Rußlands Vorgehen zu ernstem Konflikt kommen sollte?« forschte Herr Odo.
    »Wir können nichts derart. Ich bin kein Freund von Konjekturalpolitik. Die Frage hat für uns kein Interesse, und zurzeit beschäftigen wir uns nicht damit. Das muß für Sie genug sein.«
    »Für England hat sie Interesse.«
    »Auch das hat für uns kein Interesse«, bemerkte Otto kaltblütig. »Übrigens schließe ich Dankbarkeit in der Politik nicht aus. Rußland war uns stets gutgesinnt, und wir fürchten keine Kollision. Was wir England zu danken haben, wie viel oder wie wenig, weiß ich sehr genau.« Vor diesem wetterleuchtenden Blick schlug Odo unwillkürlich die Augen nieder. »Beust bot übrigens schon vor Jahren die Auflösung der Traktatklausel an, um den Zaren für sich zu gewinnen. Der wünscht aber nichts aus Österreichs Händen. Der Zwischenfall ist geschlossen, nicht wahr? Wir haben nicht den Beruf, irgend jemand eine Gunst zu erweisen, der uns keinen Gegendienst leisten kann oder will.« Eine solche Sprache hatte noch nie ein englischer Diplomat gehört. Erst seit dieser gräßliche Jönker – das Wort Junker lernte man in England schon auswendig, sprach es nur falsch aus – auf dem Kontinent rumorte, schwand jede Ehrfurcht vor der strengen Gouvernante Britannia. Doch getrost, noch gibt es Hintertreppenwege, um diesem steinernen Roland beizukommen. Die fürstlichen Damen sind alle begeistert für britischen Edelmut, der Kronprinz wird uns schon englisch kommen. Das kleine schäbige Preußen stieg zu hoch in der Welt, und wir sahen es doch stets nur als dafür geschaffen an, zu unserer Bequemlichkeit Krieg zu führen. Und da soll man nicht die gute Laune verlieren!
    Die Pathetik »Künftige Komplikationen werden aus Rußlands diabolischer Politik entstehen«, trumpfte Otto verächtlich ab: »Ich finde sie bescheiden, naiv, treuherzig, man konnte viel mehr verlangen. Komplikationen? Sie meinen wohl Parlamentsreden. Von künftig redet, wer nichts tun will.« Noch verächtlicher lachte er vor seinen Vertrauten: »Wir haben diese Leute heut ebensowenig zu fürchten, wie wir vor dem Krieg etwas von ihnen zu hoffen hatten.«
    *
    Mittlerweile ging der Zank im Lager fort: Beschießen oder nicht? Roon, den Blumenthal besuchte, meinte triumphierend: »Bald werden wir den ersten Schuß unserer Belagerungsgeschütze hören.«
    »Sie sind noch ebenso blutdürstig wie 1864, wo Sie aus Berlin fortwährend Bombardements forderten«, lachte Blumenthal. Um abzulenken, warf Otto hin: »Ich werde den Reichstag nach Versailles berufen.«
    »Und die französische Kammer nach Wilhelmshöhe vice versa « spöttelte der kratzbürstige General. Als er nach Hause fuhr, dachte er: Der spricht mir zu viel, er gefällt sich darin. In Wahrheit ärgerte er sich, daß der Zivilist auf Beschießung drang. Daß er selbst doch sicher noch weniger von den großen Ideen des Staatsmanns begriff, kam ihm nicht zu Sinn. Er schimpfte übrigens mit Recht über die militärischen Faulenzer, die zu Dutzenden als unfruchtbare Kritiker herumliefen, und über Moltkes Zögerungen, sofort eine erhebliche Heerabteilung über die Loire vorzusenden und die feindliche Loirearmee zu zersprengen, ehe sie sich ausbilde. »Der König scheint auch recht angegriffen, es wird zu viel für den alten Herrn, Unbefugte blasen auch Trübsal und ängstigen ihn«, klagte er vor vertrauten Adjutanten wie Viebahn und Lenke. »Gestern war ja hier eine lächerliche Panik, alles packte. Diese unmännliche Heulmeierei bringt mich in wahre Wut. Wenn nur das Hauptquartier mit

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