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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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sämtlichen hohen Herrschaften sich entfernte, würden wir den Frieden schon beschleunigen.«
    Er wehrte sich mit Händen und Füßen gegen Beschießung, ehe nicht wenigstens alles parat sei. »Überhaupt ... so einen Knalleffekt wollen die Pariser ja, als Märtyrer sich der Gewalt widersetzen paßt ihnen besser, als wie Ratten im Loch und wie tolle Hunde Hungers zu sterben.« So antwortete er Bismarck nach Tische auf einem Diner beim König, wo dieser schnelle Beschießung empfahl, aus politischen Gründen. »Ich halte es für einen militärischen Fehler, wobei unsere Ehre engagiert ist. Eher trete ich vom Kommando ab, ehe ich eine fähnrichmäßige Knallerei gestatte, da wir noch lange nicht Munition genug haben. Wir würden uns blamieren.« Otto sah ihn mißtrauisch an, er witterte etwas anderes dahinter, daß Moltke und Blumenthal hier wieder mal einig waren. Irrigerweise vermutete er den Kronprinzen als Hintertreiber, im Gegenteil wünschte dieser die Beschießung. Auch der König bekam es mit der Ungeduld und ging auf Ottos Begründungen ein. Ein ungnädiges Schreiben an Moltke drückte aus, er sei ungehalten, wie lange es mit Heranschaffung des Belagerungsparks dauere. Gleich darauf sandte er dem Kronprinzen ein Schreiben des Kanzlers, das dieser Blumenthal mitteilte: Das baldige Bombardement sei absolut nötig, die Neutralen verständen unsere Taktik nicht und hielten sie für ein Zeichen von Schwäche, deshalb würden sie sich erschwerend einmischen. »Jaja, Bismarcksche Energie! Er bohrt und bohrt auf sein Ziel los, doch seine Gründe halten nicht Stich. Das ist eine künstliche Politik, die das Wesen des Krieges verkennt.« Der Kronprinz klagte:
    »Es wäre schrecklich, wenn unnötigerweise noch mehr Menschen geopfert würden. Doch unser Gewissen ist rein.« Die unendliche Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit des Kronprinzen schonte stets Blumenthals reizbare Empfindlichkeit, der ihm unverhohlen zu verstehen gab, daß ihm sein Standpunkt als Kommandeur noch nicht klar sei, d. h. nur als Staffageornament zu dienen und zu jeder Anordnung des wirklichen Leiters Ja und Amen zu sagen.
    »Ich will Ew. Kgl. Hoheit gern die Ehre von allen lassen und alle Arbeit allein tun, aber ich lasse mich nicht zum Adjutanten herunterdrücken.«
    »Aber wer denkt denn daran, bester Blumenthal. Sie können alles machen, was Sie wollen, ich mache Ihnen keinerlei Schwierigkeiten, nur muß ich doch alles wissen, was vorgeht.« Schon hierdurch erweist sich die Auffassung Bismarcks und der öffentlichen Meinung als grundfalsch, der Kronprinz habe auf Wunsch seiner Gemahlin die Beschießung hintertrieben. Er tat militärisch stets nur, was sein Vertrauensmann riet. »Bismarck hat nun Roon völlig mobil gemacht, beide bestürmen täglich Menschen und Götter, das Bombardement zu beginnen. Wissen Sie, daß Bismarck mir ein Telegramm diplomatischer Herkunft vorlegt, die Pariser Machthaber wünschten selbst Beschießung, damit sie mit Ehren kapitulieren könnten?«
    »Woher stammt denn die Depesche?«
    »Auf dem Weg über Berlin.«
    »Bah, woher diese Verbindung mit Pariser Regierungskniffen, bis man ihre geheimsten Wünsche liest? Das ist eine Intrige, auf den König zu wirken.«
    »Sie halten also die regelmäßige Belagerung für Torheit?«
    »Weil wir nicht genügend Material haben. Wir geben uns der Lächerlichkeit preis.«
    Der Kanzler ließ nicht locker, schickte ein Telegramm des Ministers Delbrück: im Reichstag werde es einen großen Sturm geben, weil das Bombardement ausbleibe. Er wurde vor Aufregung krank, sein vergiftetes Bein meldete sich, da schickte er Abeken zum König. »Die Stimmung in Berlin ist so erregt, daß man Unruhen befürchtet, weil immer noch nicht geschossen wird.« Der Monarch geriet in heftigen Unwillen. »Ich werde sofort an den Gouverneur telegraphieren, daß er jede Emeute erstickt. Diese undankbaren Berliner! Das Publikum hat sich zu bescheiden, was ich im Felde beschließe.« Natürlich schickte Otto eiligst wieder hin, es sei Mißverständnis, so arg stände es nicht, nur wachse die Ungeduld über solche Verzögerung. »Moltke ist furchtbar aufgebracht über so viel Eigenwillen«, teilte der Kronprinz Blumenthal mit. »Er läßt keinen Stein ungedreht, um seinen Zweck zu erreichen. Er meint's ja gut, aber –« »Ich habe nicht den Eindruck,« erwiderte der General in sichtlicher Aufregung, »als ob Moltke mich stützen würde. Er mag dem Kanzler zürnen, aber dessen Eisenkopf durchrennt jede Wand.

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