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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Bekanntschaft!« lachte er im Kreise Moritz Blanckenburgs, der in der Kammer als Abgeordneter allerlei Nadelstiche an den Minister des Auswärtigen austeilte. »Mein hoher Vorgesetzter hat eine Heidenangst, daß ich ihn verdrängen will.«
    »Das wäre ja herrlich.«
    »Nicht für mich. Fürst Hohenzollern und Auerswald sind dafür. Aber zwei wollen nicht: die Prinzessin und ich.«
    »Doch wenn dir dein Patriotismus gebietet –«
    »Der tut es eben nicht. Minister darf man nur werden, wenn es die rechte Zeit ist. Und die jetzige ist das nicht. Ich würde nutzlos Kraft vergeuden und nur der Sache schaden durch verfrühtes, voreiliges Anschlagen von Akkorden, die man heut noch nicht hören will.«
    Malle klagte schwesterlich: »Man wird dich mir noch umbringen mit den ewigen Gesellschaften. Du soupierst so oft bei Regents. Sollten dich doch lieber fortlassen, wenn dir bei Kaisers an der Newa das Essen besser schmeckt. Haben sie dich denn gar so gern?«
    »Könnt' ich nicht sagen. Die Frau Prinzessin betrachtet mich als störendes Element, der Regent ist gnädig und würdevoll wie immer, aber die Schleinitzer Ohrenbläserei ging nicht ohne Spur vorüber. Viele Tropfen höhlen den Stein.«
    »Stehst du dich noch mit Polte Gerlach?«
    »Nicht besonders. Aus alter Pietät halt' ich zu ihm. Der kommende Mann ist General Roon, mit dem ich die einstige ziemlich flüchtige Bekanntschaft erneuerte und sehr kultiviere. Neulich aß ich bei ihm. Kreuzzeitungsmann, aber hellsichtig und nur auf das bedacht, was sein Ressort angeht, die Heeresreform.«
    »Oskar sagt, du würdest doch Minister werden. Die Augsburger Allgemeine, das Leiborgan der Liberalen, sei sehr nervös und beschuldige dich in jeder Nummer des Bonapartismus. Das sei ein gutes Zeichen, daß sie deine Ministerschaft fürchten, die in der Luft liegt.«
    »Da mag sie liegen bleiben! Im übrigen kein schlechtes Kompliment, den Feinden Preußens ein Schrecken zu sein. Augsburger und Kompagnie sind alles verkappte Austriaken. Am Hof hat man meine Gesinnung so gesiebt und gesichtet, daß die Wiener Lügenfabrik sich auf etwas anderes besinnen muß.« –
    Erneut zur Tafel befohlen, klagte er ostentativ über das Mailüftle, bei dem der Storch klappert und wir klappern mit. Bei so kaltem Wind müsse er jetzt reisen, während es vorher milde war, wollte er andeuten. Doch der Regent parierte gelassen: »Und bei solchem Wetter wollen Sie nach Petersburg?«
    »Dort ist's nicht schlimmer als hier, und der Mensch kann doch nicht ewig im Hotel wohnen.«
    Kronprinz Friedrich Wilhelm sprang ihm schelmisch bei: »Abschied nehm' ich nie mehr von Ihnen, viermal tat ich's schon, doch Sie sind immer noch hier.«
    Otto warf dem Regenten einen betrübten Blick zu mit der stummen Frage, ob er diesen berechtigten Spott verstehe, doch der hohe Herr machte unwillig kehrt und ließ beide stehen. Der glückliche junge Ehemann wurde dann sogleich durch seine Gattin, die Prinzeß Royal Viktoria, von Bismarcks Seite abgeholt. Die zierliche junge Frau, sehr klug und gebildet, ließ sich zwar nicht die geringste Unhöflichkeit zuschulden kommen, sondern blieb liebenswürdig in der äußeren Form. Doch sie ließ immerhin ihre Voreingenommenheit merken und strafte diesen fremdartigen Bären, der den ererbten Gehorsam gegen England aufkündigte, also den echtdeutschen Charakter verleugnete, mit gelegentlichen kleinen Spitzen.
    »Es ist recht grausam, daß man Sie vom Lande Ihrer Sehnsucht fernhält. Ich begreife Ihren Schmerz. In Rußland ist alles so ... so patriarchalisch. In England waren Sie noch nie?«
    »Nur vorübergehend, Königliche Hoheit.«
    »Ach, dort würde es Ihnen nicht gefallen. Bei uns zu Hause hat man so einen weiten Horizont. Reisen Sie recht bald, und glückliche Reise! Komm, Fritz!« Das hohe Paar ließ ihn stehen. Es verletzte nicht wenig seine patriotische Empfindlichkeit, daß die Britin englische Sitten in ihrem Hofhalt einführte und so oft die Wendung »bei uns in England« brauchte. Jetzt hatte er also zwei mächtige Feindinnen am Hofe in unmittelbarster Nähe des Herrschers. Und er vertrug sich sonst mit klugen Frauen so gut. –
    Da er seines Gegners Schleinitz nicht habhaft werden konnte, der sich beharrlich verleugnen ließ, machte er ihn wenigstens auf einem Diner beim Kammerherrn Graf Redern dingfest. »Sie sollten von Amts wegen die gute Perponcher und mich interimistisch verheiraten, sintemal sie ohne Mann und ich ohne Frau hier Trübsal blasen.«
    Schleinitz

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