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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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lächelte. »Eine solche Verfügung geht über meine Befugnis, doch will ich Perponcher beurlauben und Croy als Geschäftsträger anstellen.«
    »Das hilft aber mir nichts. Ich will lieber von meinem Posten abgehen, als diese Wartezeit länger aushalten.«
    »Aber ich bitte Sie! Nur noch einige Tage! Vielleicht sind Änderungen im Wege, eingreifender Art.«
    »Angreifender für mich. Mein Gesundheitszustand verbietet mir jede übermäßige Aufregung. Ich möchte bleiben, was ich bin. Freilich, wenn man mich nach Frankfurt schickte, dann nehme ich gerne an. Dort rheinbündlerts, und ich schmeichle mir, ein kleines Donnerwetter dazwischenjagen zu können.«
    »Wirklich? Aber Olympia würde olympisch zürnen.«
    »Na, die kann ich nicht heiraten, aber mein ganzes Haus in Petersburg steht ihr offen, wenn wir die Plätze tauschen.«
    Schleinitz sah ihn prüfend an, Otto las die Frage: Hand aufs Herz, Sie wollen wirklich nicht Minister werden? Aus Genehmigung der Abreise wurde wieder nichts, wohl aber gestaltete sich die fünfte Abschiedsaudienz zu einer solennen Konferenz, an welcher außer dem Regenten die Minister Hohenzollern, Auerswald, Schleinitz teilnahmen.
    »Es ist bei mir angeregt worden, Sie näher zum Konseil der Krone heranzuziehen. Wollen Sie daher Ihr Programm deutlich klarmachen!«
    »Wie Königliche Hoheit befehlen. Die ganze Schwäche unserer Politik ist die liebevolle Schwäche für Österreich, von Olmütz bis heut. Es wird jede Durchführung unserer deutschen Aufgabe so lange hindern, bis es nicht die Gewißheit hat, wir würden endgültig mit ihm brechen. Fühlung mit Rußland ist unbedingte Notwendigkeit. Gegen Österreich ist man dort immer zu haben. Doch wir haben dort ein so schönes Guthaben – daß wir im Krimkrieg uns von allen Lockungen nicht verführen ließen und dadurch auch Österreich im Schach hielten, vergißt man uns nie –, daß wir selbst mit Österreich gehen könnten, ohne daß uns Rußland den Rücken kehrt.«
    »Nun also!« fiel der Regent lebhaft ein. »Das ist eine sehr vernünftige Auffassung, meine Herren.« Doch Otto fuhr trocken fort:
    »Leider muß ich bekennen, daß Österreich sich zu sehr über- und uns unterschätzt, als daß je eine Verständigung auf solider Basis erfolgen könnte. Es hält die Festung Olmütz gleichsam für ein Zwing-Uri, beides natürlich symbolisch gemeint, wo es sich für immer häuslich einrichtete und von Preußen permanente Reverenz vor dem Geßlerhut verlangt.« Der Regent rückte unruhig auf seinem Stuhl, jede Erinnerung an Olmütz regte ihn auf. Deshalb bohrte Otto das Eisen tiefer in die Ehrenwunde. »Es vergißt nur, daß es damals Rußlands Schwert mit in der Wagschale hatte und wir bei solcher Ungunst der Lage durchs Kaudinische Joch mußten. Aber seit dem Krimkrieg ist das Umgekehrte der Fall, und doch treibt man das alte Spiel unglaublicher Prätensionen fort. Die Leute glauben offenbar, wir seien die dumme Henne, vor der man einen Kreidestrich zieht, den sie nicht zu überschreiten wagt. Wir müssen diese Illusion zerstreuen, die eine täuschende Phantasmagorie von Österreichs Macht mit Hilfe der Presse und der geheimen Fonds den Deutschen vorzaubert. So bestechend « (mit doppelsinniger bitterer Betonung) »diese Täuschung ist, würde sie dem Schwerthieb Preußens nicht standhalten. Wenn Österreich unsere gerechten Ansprüche ignoriert, können wir, von Rußlands Wohlwollen gedeckt, es auf offenen Bruch ankommen lassen.«
    Der Regent wandte sich an Schleinitz: »Ich fordere Sie auf, nun Ihre gegenteilige Auffassung zu entwickeln.« Der Minister hielt einen wohleingeölten Vortrag mit geläufiger Suada. Er sagte unter anderem:
    »Ich knüpfe an das Testament unseres hochseligen Königs Friedrich Wilhelm III. an. Dieser erkannte die Gefahren, die uns stets vom Westen drohen, insbesondere für die innere Ruhe, da alle revolutionären Elemente naturgemäß nach Frankreich gravitieren. Deshalb müssen intime Beziehungen zum deutschen Kaiserstaat unverbrüchlich bewahrt bleiben. Der Herr Vorredner nahm auf Rußland Bezug, allein dieser Faktor kommt nicht in Betracht. Die hohe russische Gesellschaft neigt stets zu französischem Wesen, und eine franko-russische Allianz ist keineswegs ausgeschlossen. Unsere ganze öffentliche Meinung aber verpönt jede nähere Verbindung mit dieser halbbarbarischen Macht, deren veraltete Regierungsform weit hinter dem europäischen Bildungsstande zurückblieb.«
    Kaum hatte Schleinitz geendet, als der

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