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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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die werden euch wohl auf andere Gedanken bringen.«
    »Gleich, ma chère gleich! Nur noch eine Frage: wie denken Sie über Mexiko?«
    »Ebensogut können Sie fragen, wie ich über den amerikanischen Bürgerkrieg denke. Beides hängt zusammen.«
    »Sie meinen, daß Napoleon dies Abenteuer nicht wagen würde, wenn nicht die Union durch innere Wirren gefesselt wäre?«
    »Da kann er sich aber eklig verrechnen. Das kleine stehende Heer der Union hätte ihm nie dreinreden können. Aber jetzt rüsten die Amerikaner im großen, und wenn da die Union siegt, wird sie im Besitz großer kriegserfahrener Heere sein. Napoleon soll sich in acht nehmen.«
    »Bah, die Südstaatler siegen ja überall. Sie stehen doch nicht auf seiten der Yankees?«
    »Das weiß ich nicht. Ich würde es wissen, wenn der geringste Vor- oder Nachteil für Preußen dabei herausschaute. Aber so! Was gehen uns diese Exotica an! Der deutsche Michel wird natürlich wieder seine Nase in Braten stecken, von denen er kein Schnittchen bekommt. Lincoln wird bald ein deutscher Nationalheld werden wie Garibaldi. Die Unverbesserlichen!«
    »Nun, für Leute von unserer Klasse und politischen Farbe gibt's doch nur Sympathie für die schneidigen Kavaliere gegen das demokratische Krämergesindel.«
    Otto lachte. »Da auch bei Ihnen, liebster Orlow, die Leibeigenschaft abgeschafft wird, sind die Sklavenbarone kaum mehr von unserer Klasse. Nun, ich weiß wohl, daß es den Yankees nicht um die Neger, sondern um die Baumwolle geht. Industrie kontra Agrarier! Die alte Geschichte! Wenn unsere Demokraten für die Negeremanzipation erglühen –«
    »Aber ›Onkel Toms Hütte‹ ist doch ein rührendes Buch!« rief die Orlow dazwischen.
    »Rührend, meine Gnädigste, ist das Vertrauen, das man solchen zusammengestoppelten Scherzen schenkt. Wahrscheinlich Einzelfälle maßlos übertrieben. Natürlich eine Riesendummheit, den Negern gleiche Rechte zu geben, die Rassen sind so wenig gleich wie die Menschen. Aber uns täuscht der Schein wie immer. Die Südstaatler sind offenbar die wahren zentrifugalen Republikaner, die Yankees imperialistisch-zentralistische Staatsbeflissene, d. h. die wahren Konservativen. Fast alle Offiziere und alle Beamte stehen auf ihrer Seite.«
    »Wie Sie immer alles originell ansehen! Aber England begünstigt die Südstaaten.«
    »Das sollte gerade stutzig machen. Was England begünstigt, muß immer von Nachteil für das betreffende Land sein. Die Inkonsequenz ist ja köstlich, daß England zur See den Sklavenhandel unterdrückte und jetzt die Sklaverei auf einmal für eine von der Bibel genehmigte Institution erklärt. Aber damals wollte man hauptsächlich Amerika wirtschaftlich schädigen und berief sich, wie üblich, auf ideale Motive. Diesmal macht England ein gutes Geschäft – bei ihm ist alles Geschäft im wörtlichen Sinne – durch Schmuggel mit den Südstaaten und fühlt seine Baumwollenindustrie durch die Blockade gekränkt. Hinc illae irae. Und es wittert Erstarken der Union politisch und militärisch durch etwaigen Sieg des Nordens, also ist seine Haltung geboten. Ach, hätten unsere politischen Dilettanten nur ein Quentchen von Englands unerbittlicher Selbstsucht!«
    »Heißt das so viel, daß Sie als Leiter Preußens mit den Yankees sich freundlich stellen würden?«
    »Unbedingt, sobald sie siegen, natürlich nur dann, doch unsere Neutralität muß in jedem Fall ihnen wohlwollen. Es wäre schön, wenn da eine Macht erwüchse, die England in den Rücken fallen könnte.«
    »Ich dachte, Ihr Hof stünde so freundschaftlich mit England?«
    »Was am Hof geschieht, ist für mich nicht maßgebend.«
    »Nun, wir Russen hassen England, das wissen Sie, und so –«
    »Ich hasse es durchaus nicht, aber versehe mich keiner Liebe von England, und für unglückliche Liebe bin ich nicht zu haben. Und was die mexikanische Aventure betrifft, so hatt' ich schon genug Scherereien damit. Zwei preußische Offiziere, Stein und Burg, dürfen mitgehen, es sind die einzigen, ein eklatanter Freundschaftsbeweis Napoleons für Preußen, einen dritten, Loe, konnte ich nicht durchbringen. Na, ob sie viel Schönes drüben erleben?«
    »Die Marquise de Gallifet ist sicher begeistert, daß ihr Mann in den Krieg zieht«, bemerkte die Orlow boshaft. »Sie kennen diese arme Löwin doch? Die mit dem brandroten Haar?«
    »Wer weiß, wie viele zurückkehren! Europa muß sich ja freuen, daß Napoleon Lorbeeren so ferne sucht, doch die Suche hat ihre ernste Seite. Man sieht also,

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