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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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wo er die Landschaft als weichere Idealisierung von Pommern auffaßte, sich an fremdartigen Blättern, Pinien, gelbem Ginster ergötzte und sich in eine Mollstimmung von Heimweh auflöste. Er überschritt den Grenzfluß Bidassoa und fand in San Sebastian Schönheit und Schmutz, sowie den preußischen Gesandten v. Galen, einen alten Freund.
    »Sind Sie's denn wirklich? Alle Welt glaubt Sie schon in Berlin an der Spitze.«
    »Habe nichts gehört, weder aus Berlin noch Paris. Ich bin ein freier Mann. Und nichts drängt ja.«
    »Wirklich nichts? Die Kammer verstümmelt doch das Heeresbudget.«
    »Ja, sie langweilt das Land, indem sie sich auf Lappalien verbeißt und die Tagesordnung verschleppt. Sie macht sich selber mürbe, ihr wird der Atem ausgehen. Dann würde ich wie eine frische Reserve aufmarschieren und meine Reputation als Staatsstreichler wird Tusch blasen.«
    »Geht's denn wirklich los?«
    »Keine Spur! Die Kerls werden nachgeben und unterhandeln. Übrigens kann sich dies noch lange hinziehen, und meine Ernennung ist ganz ungewiß.«
    »Diese unfähigen Querköpfe, die sich Parlamentarier nennen!«
    »Respekt vor ihnen! Nicht einer, der nicht zynisch seine seelische Nacktheit prostituierte und seine vollendete Ignoranz feierlich zu Markte trüge! Wir sind eben so hochgebildet, daß jeder berufen ist, als Fachmann über sämtliche Ressorts zu referieren, selbst wenn sie ihm so unbekannt sind wie mir die Insel Kuba.«
    »Ist Seine Majestät zu Konzessionen und Kompromissen geneigt?« »Ganz und gar nicht, schreibt mir Roon. Diesmal verläuft's schwerlich spurlos im märkischen Sand, die Erzstreusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wird ein kleines Erdbeben haben.«
    »Der Knoten ist so verheddert, daß alle Parteien disgustiert sind.«
    »Und ich erst? Ich weiß nicht, wo mein Bett und mein Schreibtisch stehen sollen, ob in Paris oder Berlin. Roon will mir Gewißheit schaffen, doch vor Frühjahr wird sich's nicht entscheiden.«
    »Roon ist ein Onkel von Moritz Blanckenburg, nicht wahr? Steht er da den Altkonservativen nicht etwas zu nahe, die doch ausgespielt und keinen Sitz im Lande haben?«
    »Er steht der Armee nahe, das ist die Hauptsache. Und verschafft er mir den Posten in Paris, so werd' ich Engelsflügel an seine Photographie malen. Dort möcht' ich sitzen bis 1875! Bis in zehn Jahren passiert ja doch nichts und darüber hinaus auch nicht. Viermonatlicher Minister werden ist eine Prüfung, und muß ich nicht den König heraushauen als treuer Vasall, so bedank' ich mich.«
    »Sie sehen famos aus, ganz sonnverbrannt.«
    »Ja, ich bin plötzlich wieder kerngesund, weiß nicht woher. Es überkommt mich manchmal eine Rauflust wie von Kraftbewußtsein. Aber Raufen liebt nur die Jugend, ich gehe auf die Fünfzig und will kein bellum Gallicum in solchem Alter durchmachen wie Cäsar, der ja auch nur Parteimann und kleiner Gesandter war, bis er auf einmal an erster Stelle loslegte. Das war doch auch ganz merkwürdig. Man gab ihm die schlechteste, aufrührerische Provinz: friß, Vogel, oder stirb! und kein Mensch in Rom dachte daran, er könne etwas leisten. Und da wurde er, was er hieß, Cäsar. Solche komischen Sachen kommen vor. Da wirft man einen in die verfahrenste Situation, und niemand denkt sich was dabei, auf einmal ist er Hahn im Korbe. Mit Bonaparte stand es nicht anders bei seinem ersten Feldzug, das schien eine im Voraus verlorene Partie. Doch wie gesagt, ich ziehe nicht in den Siebenjährigen Krieg und den Gallischen auch nicht, habe nichts mit Cäsar zu schaffen, sondern mit meinem Gutsinspektor in Schönhausen, unter dessen Obhut ich doch wohl meine künftige Greisenhaftigkeit beschließen werde.«
    In Biarritz gefiel es ihm besonders. Das geliebte Salzwasser, voll Erinnerungen an nordische Salzflut in Norderney, nur wärmer und schwerer, verjüngte ihn. Hatte er gebadet, streckte er sich auf eine Klippe und sah dem Spiel der Wogen zu, deren tosende Brandung den blütenweißen Schlamm zu ihm emporquirlte. So hatte der junge Byron nach dem Schwimmen sich auf Klippen gebettet, um Childe-Harald-Verse zu schreiben. Das fiel ihm ein, weil Disraeli damals an der Tafel auf Louis Napoleon zu sprechen kam, den er als politischen Abenteurer in London gekannt habe. Natürlich bei den berühmten Abendunterhaltungen, welche Lady Blessington und ihr Liebhaber, Comte d'Orsay, veranstalteten, bekannt durch ihre Bekanntschaft mit Byron in Genua, von dem Orsay eine bekannte Zeichnung, ganze

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