Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
bleiben würden. Die Aufhebung des Ortsbriefbestellgeldes sei eine erwünschte postalische Erleichterung. Das Gesetz über die Bergwerksabgaben richte sich gegen ausländische Konkurrenz. Die neuen Bahnlinien Küstrin–Berlin, Görlitz–Waldenburg, Halle–Kassel würden Verkehr und Wohlstand heben. Die Militärkonvention mit den sächsischen Herzogtümern und Waldeck verbessere die Bundeskriegsverfassung. Das Paßwesen werde auf dem Verwaltungswege erleichtert werden. Bezüglich des Etats seien durch Fortfallen der ursprünglich ins Auge gefaßten Steuerzuschläge die Lasten der Bevölkerung nicht gegen früher vermehrt worden. Die Regierung würde sich aber einer schweren Pflichtverletzung schuldig machen, wenn sie den Beschlüssen der Abgeordnetenmehrheit beitreten wollte. Sie wird daher den Staatshaushalt ohne die verfassungsmäßige Unterlage weiterführen, der erwachsenden Verantwortung vollbewußt. Nur mit Selbstbeschränkung und Achtung der gegenseitigen Rechte könne ein gedeihlicher Ausgleich stattfinden.
    »Im allerhöchsten Auftrage erkläre ich hiermit die Sitzung der beiden Häuser des Landtages für geschlossen.«
    Er hatte also den Kampf aufgenommen, und verschiedene Exaltados erörterten ernsthaft, ob er nicht den Kopf auf den Block legen müsse. Schon jetzt tauchte der im Februar des folgenden Jahres mit riesiger Stimmenmehrheit durchgeführte Plan auf, die Minister für verfassungswidrige Ausgaben mit Person und Vermögen haftbar zu machen. Ängstlich sprach ihm Blanckenburg zu: »Du solltest eine Zession an Bruder Bernhard machen, um einer Konfiskation deinen Grundbesitz zu entziehen. Du weißt, wie unfreundlich der Thronfolger denkt, bei Thronwechsel wäre so etwas schon denkbar.«
    »Fällt mir nicht ein. Schmutzige materielle Rücksichten und feiges Drückebergern werde ich mir fernhalten. Die arme Nanne ist tapferer als du. Sie hat keine Schwulitäten, wo es um die Ehre ihres Mannes geht.« –
    Er stellte dem König vor, daß er nochmals nach Paris zurückmüsse, da er Napoleon bisher sein Abberufungsschreiben nicht überreichen konnte. »Es ist nicht gut, solche offiziellen Förmlichkeiten zu unterlassen. Übergroße Höflichkeit schadet nie, sobald sie nicht zudringlich wird.« »Die Welt wird aber etwas anderes dahinter suchen und an neue Abmachungen denken«, wandte der König ein.
    »Was die Welt urteilt, ist mehr als gleichgültig, da sie fast immer das Gegenteil der Wahrheit denkt. Übrigens könnte es nichts schaden, wenn sich solche Gerüchte verbreiteten, um einigen verdächtigen Elementen Angst zu machen.«
    »Aber ich erwarte bestimmt, daß Sie sich auf nichts mit Napoleon einlassen.«
    »Verlassen sich Eure Majestät auf mich! Hat er etwaige böse Hoffnungen, so werde ich sie ihm benehmen.«
    »Sie fürchten nicht Einmischung des Auslandes? Unsere Revolutionäre wären gewiß erbötig zu jedem Landesverrat.«
    Otto lächelte. »Da unterschätzen Majestät Ihr braves Volk. Ganz Preußen würde sich wie ein Mann erheben. Zu allererst würden Vincke und Herr v. Bockum-Dolffs die Plempe ziehen. Überhaupt, wer denkt an Revolution! Nur phantastische Unredlichkeit kann so etwas Eurer Majestät einreden. Solche Befürchtungen lähmen nur den freudigen Mut. Den Herren Stänkern in Kammer und Presse werde ich schon zeigen, wie man mit ihnen umspringen muß.«
    *
    Er traf den Empereur im Lustschloß Saint Cloud. Dieser zeigte eine betrübte und sichtlich verärgerte Miene. Nach den üblichen Formalitäten begann er:
    »Sehen Sie sich um! Dieser Raum ist historisch. Hier unterzeichnete der letzte Bourbon die Juli-Ordonnanzen, die ihn vom Throne stießen. Ich möchte Ihnen raten, nicht Polignacs Geschick zu vergessen.«
    »Das findet auf unsere Lage keine Anwendung.«
    »Was, und 1848? Ich verfolge mit Sorge die Entwicklung. Die Dinge können nicht so weitergehen. Es wird einen Aufstand in Berlin und eine Massenempörung im ganzen Lande geben. Wenn Sie ein Plebiszit beriefen, würde jedermann gegen den König stimmen und sein Votum als Veto gegen Sie einlegen.«
    »Sie verwechseln, Sire, Preußen mit Franzosen. Unsere Leute sind keine Barrikadenbauer, bei uns gibt es nur den Umsturz von oben. Friedrich Wilhelm I. begann damit, Friedrich der Große betrieb es im großen, und die gewaltigen Reformen nach 1807, die wirklich eine Revolution bedeuteten, waren vom König selbst sanktioniert. Ein Plebiszit, wie Sie es nennen, Sire, gibt es bei uns nicht. Und wenn, so würden noch jetzt neun

Weitere Kostenlose Bücher