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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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tun.«
    »Aber wie wird sich Frankreich dazu stellen?« »Darüber schwand mir jedes Bedenken. Ich konferierte heut zwei Stunden mit dem Kaiser und bin seiner Neutralität sicher.« –
    Seine alte Flamme, die Kaiserin, empfing ihn liebenswürdig, beim Abschiedsdejeuner bedauerte sie innig, seine angenehme Gesellschaft zu verlieren, auf die sie sich so gefreut habe. Seit er aber »kein seriöser Mann« mehr, also nicht gefährlich, war er vor ihr gerichtet und verlor jeden pikanten Zauber. Dagegen freute sich Kathy Orlow unbändig, ihn wenigstens wiederzusehen.
    »Da haben wir's! Nun ist er ein großmächtiger Herr und wird seine alten Freunde vergessen. Abscheulich! Nun kommen wir doch um das gemütliche Zusammenleben in Paris, wie wir's so hübsch uns ausmalten.«
    »Wie geht's sonst?« fragte Orlow teilnehmend. »Wie soll's gehen? Sie wissen, wie faul ich bin und nun soll ich arbeiten wie ein Karrengaul. Am liebsten hielt ich auf einer Ofenbank einen Winterschlaf bis nächstes Frühjahr, aber ich muß in die Stränge.« –
    Auf der Rückreise hatte er in Magdeburg ein Stelldichein mit dem König, der ihn auf drei Tage zur Hofjagd nach Letzlingen mitnahm.
    »Nun, was sagte Napoleon?«
    »Alles in Ordnung. Der wird uns ungeschoren lassen.«
    »Sie haben ihm doch nicht nach Ihrer stürmischen Art rund heraus gebeichtet, daß wir antiösterreichische Politik machen?«
    »Warum denn nicht? Je weitere Kreise dies wissen, um so besser. Das wird in Wien etwas einschüchtern, wo man sich heut so schadenfroh die Hände reibt. Ich hatte auch einige Unterredungen mit Drouyin de l´Huys, dem Minister des Auswärtigen. Ein ziemlich gewandter Spekulant, der auf unseren Konkurs wartet, doch am liebsten den österreichischen Konkurrenten benachteiligt sähe.«
    Der König seufzte. »Wir haben heut den 2. November. Wer weiß, wie's übers Jahr an diesem Tage steht!«
    »Gut, sicher gut. Immer ruhig vorwärts! Viel wird bis dahin kaum geschehen sein, wir brauchen noch etwas Zeit zur Vervollständigung der Heeresreform.«
    »Sehr richtig. Wenn doch die Liberalen nicht so verstockt sein wollten! Sie wissen, wie sehr ich alles Reaktionäre verabscheue. Mir wäre alles recht, wenn wir denn schon mal die Verfassung haben, aber bei dieser Frage lasse ich mir nichts abhandeln. Biegen oder brechen!«
    »Es wird nichts brechen, und die Leute werden sich von selber biegen... unter der Gewalt der Ereignisse.«
    »Welcher Ereignisse?« Der König sah ihn prüfend an. »Die polnische Frage rührt sich auch schon wieder. Ich habe geheime Nachricht, daß man im Frühjahr neue Insurrektion in Warschau fürchtet. Was dann?«
    »Immer für Rußland eintreten. Dort divergieren am Hofe altrussische und polnische Interessen. Der Zar in seiner Großherzigkeit möchte Polen autonom machen, Gortschakow ist nicht dagegen. Ich muß Eurer Majestät jetzt berichten, was der Zar mir vertraulich antrug: etwaige Abtretung der polnischen Distrikte bis Niemen und Weichsel an Preußen.«
    Der König spitzte sozusagen die Ohren wie ein Kavalleriepferd beim Klang der Trompete. Der altpreußische Drang nach Gebietserweiterungen war sehr rege in ihm. »Ist das ernst gemeint?«
    »Ich glaube ja. Der Zar meinte, Warschau selbst müsse er wohl behalten, weil es ein beliebter Garnisonort sei und zum Festungsdreieck gehöre. Aber er möchte so viel Polen loswerden als möglich, und denkt dabei nur an uns, will natürlich Österreich nichts zuwenden.«
    »Wie begründet er das? Das nimmt mich wunder.«
    »Die Russen seien doch nie fähig, die Polen zu assimilieren und zu versöhnen, weil letztere sich überlegener Kultur rühmten. Den Deutschen gegenüber liege es umgekehrt. Das Übergewicht der deutschen Kultur können die Polen in sich aufnehmen.«
    »Das läßt sich doch hören. Sind Sie dawider?«
    »Ja. Der Zar legt zu viel Wert auf Kulturunterschiede. Beim Volk spielt das gar keine Rolle, die vornehmen Polen sind kulturell französiert ohne jeden Beigeschmack deutscher Kultur. Der Zar sprach auch von der unversöhnlichen Feindschaft der russischen Orthodoxie zur römischen Kirche. Natürlich spricht dies bei den erzkatholischen Polen mit. Aber wird der protestantische Ketzer mit viel milderen Augen angesehen? Wenn katholische Landstriche an Polen grenzten, so ließe sich das wohl regeln, wir Ostelbier sind aber fast alles Protestanten mit Ausnahme der paar Schlesier. Haben wir nicht schon Polen genug in Posen und sogar in Schlesien? Das Volk hat nichts gelernt und

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