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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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vielleicht 7000 statt 70 000 Gefangene im ganzen herauskommen mögen; liegengebliebene Schwerverwundete natürlich inbegriffen. (Wir kennen persönlich solche Fälle.)
    Hausen, den ein Ruhranfall, d. h. Kummer, aufs Krankenbett warf und dem ein gnädiges kaiserliches Handschreiben die sofort einsetzende ungerechte Verkennung versüßte, konnte wegen der ihm zugestoßenen Widerwärtigkeiten sein umsichtiges Bemühen nicht durchsetzen. Der Kronprinz aber, frei von Bülows Einfluß, wie anders wirkt dies Zeichen auf uns ein! Nur hier war die deutsche Führung sicher und zielbewußt. Kam Hausen nach Troyes, der Kronprinz nach Bar le Duc, so gab es für Joffres Aufstellung keine Rettung mehr; in zwei Teile gespalten, Langle und Sarrail abgeschnitten, der Feldzug ging schon dann verloren. Der Kronprinz allein ließ es an nichts fehlen. Sein Vormarsch begann so pünktlich und schwungvoll, daß Bronchein schon am 5. aus Nettoncourt vertrieben wurde, dann Tag für Tag südwärts gestoßen. Eigentlich scheint unangebracht, die Argonnenschlacht mit den andern nur mittelbar davon berührten Vorgängen in eins zusammenzufassen. Ihr lag ob, Sarrail so zu umfassen, daß er bei Rückzug Joffres kaum mehr südwärts abdrehen konnte. Unter entschlossener Mitwirkung des 5. K. wäre seine Einschließung in Verdun wohl erzwingbar gewesen. Zu diesem Zweck mußte man seine Linke möglichst eindrücken, was in vollem Maße geschah. Hierdurch wurde seine Linke ganz abgeschrägt, die Mitte nach Südost geschraubt, während seine Rechte sich noch nordwärts spreizte. Mit seiner rückwärtigen Maasfront nach Osten entstand so ein offenes Dreieck ohne Hypothenuse, in das er stoßweise hineingezwängt. Anfangs zu enggedrängt, gewann der Kronprinz nach Öffnen des Argonnendefilees bald gesunde Entfaltung durch möglichste Ausbreitung seiner Rechten. Allerdings konnten auch hier die Hintertreffen nicht rasch genug folgen, doch irrt Stegemann, daß nur eine schlesische R. D. focht; Goßler brachte beide Divisionen ins Feuer. Der Kronprinz spielte im Gegensatz zur Schlamperei der anderen Armeechefs immerhin rund 72 von verfügbaren 99 Bataillonen aus. Das Umbiegen des Südflügels verlief so günstig, daß man in der Nacht zum 10. die störende Marseiller Artillerie zu überfallen plante: bei Vassaincourt, ein Ort, der in der V. L. nicht vorkommt, den also die Franzosen nicht großartig erstürmt haben können. Dies Hilfskorps wäre sicherlich nach Eintreffen der 23. R. D., die aber ausblieb, den Württembergern erlegen. Doch nach anfänglicher Billigung unterbrechen Moltkes sich kreuzende Widerrufe den Siegeslauf; er hatte schon Bülows schwarzen Zaubertrank im Leibe und sah Schönheit in jedem Rückzug. Das Unterbleiben eines letzten Schlages auf Laimont rettete Sarrail und Langle vor sicherster Gefahr. Die Abberufung mitten im vollen Erfolg machte den übelsten Eindruck auf die Truppen und rief beim mühseligen Rückzug anscheinend einige Panik bei Goßlers Nachhut hervor. Bei 4., 5. A. bestand nicht der kleinste Anlaß zu so einschneidendem Schwächebekenntnis. Die bösen moralischen Folgen im In- und Ausland wogen eine wirkliche Niederlage auf; denn was sollte man daheim angesichts so endlosen Rückzugs anders schließen, als daß man völlig geschlagen sei? Jede Armee tröstete sich zwar, daß sie gesiegt habe, doch wie schlimm mußte es bei den andern stehen! Allgemein hörte man, daß die 1. A. im schweren Wundfieber darniederläge, während die siegessichere 1. A. das Unglück der 2. A. bedauerte, die freilich, wie die Fama ganz genau wußte, nur wegen Versagens der 3. A. so böse Erfahrungen machte! Es ist zum Heulen.
    »Die Meinung« ( l'opinion ) sei im Krieg das Wesentliche, lehrte Napoleon. Was Bülow grundlos vermeiden wollte, kam nun erst recht heraus. Überstand auch deutsche Manneszucht in der endlich festgestellten deutschen Linie die harte Prüfung, so war vorerst die Stimmung herabgedrückt, die des Feindes gehoben, der nach kurzem Stutzen das Unbegreifliche einem Erfolg seiner Waffen zusprach. Darf man ihm das verdenken? Kaum, auch nicht, daß Mythen über riesigen deutschen Verlust als Erklärung festhielten. Der gesunde Menschenverstand schließt bei jeder Wirkung auf natürliche materielle Ursachen und ahnt nicht, daß Oxenstjernas Hohn, »mit wie wenig Weisheit die Welt regiert wird,« auch beim Militär gilt. Man kann nicht Kriegsfälle beurteilen, ohne hinter die Front zu blicken und dort den Schlüssel zum

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