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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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frisches und starkformiertes Korps und besaß für später die Gewißheit der Anlehnung an Prinz Rupprecht. Kein Heer litt verhältnismäßig so wenig, wie das seine, obwohl einen gewissen Historiker sein dichterischer Schwung hinreißt, Tausende der Kluckschen bei Nanteuil in den Tod sinken zu lassen. Die beiden Korps, die allein am Ourcq und Morin bluteten, 4. R. K. und 9., grade auf den bedrohten Westflügel zu stellen, war übrigens sehr unvernünftig und vor dortiger Eindrückung rettete ihn nur Boehns baldiges Eingreifen. So entstand sein Erfolg, der einzige positive in dieser Hauptschlacht, durch Verkettung glücklicher Umstände. Es gibt eben vom Glück Auserwählte, die sozusagen immer auf die Füße fallen.
    Den Überschuß des für 1. A. summierten Marneschlachtverlustes muß man für Rückzug bis 14. rechnen, die in glühenden Tönen besungene Ourcqschlacht selber kostete sicher noch lange nicht 6000, sie war die zahmste auf der ganzen deutschen Front. Der geringe Verlust liefert neuen Beweis, wie unsinnig man Kluck eine Doppelschlacht zumutet, nämlich noch eine frühere am Morin. Wieviel größer müßte denn sein Verlust gewesen sein! Allerdings bereiten sich der Überführung insofern Hindernisse, als manchmal die V. L. öfters summarisch alle Kämpfe bis Monatsende umfassen. Doch alle minder summarischen Listen mit genauen Zeit- und Ortsdaten zeigen z. B. deutlich beim 2. K., daß der weitaus größte Hauptverlust auch beim 4. R. K. erst seit 15. eintrat, das gleiche gilt bei allen Heeren. Zudem liegt bei allem die Verlustbegründung in den Verhältnissen selber, die bei Kluck, wie an mancher andern Stelle festlegen, daß man in vier Schlachttagen am Ourcq oft nur ein Drittel dessen verloren haben kann, wie in der dreizehntägigen viel furchtbareren Schlacht, wobei man von Rechts wegen noch 9. R. K. abziehen müßte, um den richtigen Vergleich zu ziehen. Wir gaben sogar manchmal etwas zu und gingen über das Wahrscheinliche hinaus, um nicht die Marneschlacht als bloßes Vorhut- und Nachhutgefecht erscheinen zu lassen, wozu man sie deutscherseits öfter herunterdrücken wollte. Das war sie nicht und wir verwahren uns gegen den Verdacht, als ob wir sie tendenziös unterschätzten. Die Franzosen freilich malen sie umgekehrt als Riesenpanorama, weil sie mit der wirklichen Hauptschlacht nichts für ihren Gloireglanz anzufangen wissen.
    Wir tragen nochmals nach, daß der eitle Esperet sich erst am 9. abends in Tagesbefehle berühmte, er stehe auf dem alten Siegesfeld von Montmirail. Die Hinzufügung »Champaubert« bedeutet offenbar nur eine rhetorische Phrase, ein Aufwaschen für alle napoleonischen Siegesdenkmäler der Umgegend. Wir tun ihm nicht die Unbill an, er würde nicht Bülows Rückzug arg belästigt haben, wenn er sich am 9. bis Vauchamps vorwagen konnte. Wir verwerten dies Dokument also nur als Geständnis, daß er erst am 9. abends in Montmirail war, ganz wie wir sagten. Nur ein Bülow kann diese Vordatierung auf Vauchamps ernstnehmen, ein echt französisches corriger la fortune . Daß Michel jede ausländische Wahrheitsfälschung demütig hinunterwürgt, ist ganz in der Ordnung, echtdeutsch. Doch Bülow verfolgt bei eigener Vordatierung besondere Privatinteressen. Das berühmte Verwischen von Schlachtstundenterminen (klassisches Beispiel Mars la Tour) wird hier auf ganze Tage übertragen. Ja, Kriegsgeschichte ist kein billiges Vergnügen. Dem General Lettow-Vorbeck entpreßt sich angesichts des preußischen G.-St.-W., kein Österreicher habe je wieder Chlum nach dessen erster Einnahme betreten, der Ausruf: »Da schreibe einer noch Kriegsgeschichte«. Gelogen wird intra und extra Ilium. Wer alle Franzosen für geborene Lügner hält, begeht einen psychologischen Irrtum. Eitelkeit durchsättigt all ihr Dichten und Trachten, die nationale Einbildung geht als phantasievolle Einbildungskraft mit ihnen durch, sie erfinden gläubig und verüben eine Selbsthypnose, wodurch die eigene Erfindung zur eidlich beschworenen Wahrheit wird. Und so wird jeder Durchschnittsfranzose sich darauf totschlagen lassen, die Deutschen seien in der Marneschlacht geflohen, denn sonst ging es ihnen schlimm! Und doch irrt man, wenn man dies verallgemeinert. Selbst für 1870 gab es nur einen Dick de Lonlay, der tausend infame Verleumdungen zusammentrug, die Bücher von Lehautcourt und sogar das französische G.-St.-Werk befleißigen sich maßvoller Objektivität, schießen sogar in Verdammung sämtlicher französischer

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