Bismarck 03
materiell geschwächten Schlachthaufen wie denen des 2., 12. und Kolonial-K. fertig geworden wären, wenn sie nur einigermaßen vereint waren. Und doch hätten selbst die ungenügenden eingesetzten Teile auch am 10. gesiegt, wenn nicht die böse Fee, deren Patengeschenk so oft Deutschland niederdrückte, einen Hexennebel um deutsches Sehvermögen gebreitet hätte.
Noch nach 100 Jahren gelten die gröbsten Sachentstellungen als »Geschichte« napoleonischer Kriege, vielleicht vergeht wieder ein Jahrhundert, bis die Pariser Archive sich öffnen. Dann werden sie, wenn Auskramen so unliebsamer Wahrheiten gewagt wird, wahrhaft erschreckende Verlustziffern für diesen September zum Besten geben. Deutsche Quellen fließen bisher dürftig und spärlich, französische trübe und schlammig. Deutschfreundliche Neutrale kleben doch noch an französischen Schriftsätzen, deutsche Autoren an eigenen liebgewordenen Täuschungen, ein Mitstreiter wie Baumgarten huldigt ehrerbietig dem Fabelkluck und macht einseitig nur gegen Bülow und Moltke scharf. Angesichts der Direktiven der O. H. L. müßte man an vorgefaßte Parteilichkeit glauben, die sich blind stellt und nicht sehen will, daß Moltke als unmittelbarer Schuldiger gänzlich ausscheidet. Den sächsischen General, dessen sämtliche Angaben außerhalb der 3. A. unbrauchbar, entschuldigt Erbitterung über Bülows Ausnutzung Hausens, doch damals, als er sein Buch schrieb, war sein Anklagematerial gegen Bülow äußerst dürftig, noch war sein »Bericht« nicht veröffentlicht, der so wunderbar den Satz illustriert: qui s'excuse, s'accuse . Wer sich über Verleumdung Hausens empört, soll überlegen, wie so etwas tut, und weder das Andenken Moltkes zu schwer belasten, noch einseitig nur einen Hauptschuldigen suchen, wo es doch zwei gibt für jeden, der Moltkes Akten (Direktiven) und Bülows Bericht in Händen hat. Wenn Moltke die Dinge schlendern ließ, so verließ er sich eben auf die Armeechefs, die ihn über ihren unvollkommenen Aufmarsch keinen Aufschluß gaben. Was soll man aber mit Kluck anfangen, der grundsätzlich keine Nachricht sendete! Als bloßer Günstling verrufen, was er keineswegs war, genoß der unglückliche Scheingeneralissimus keine so nötige Autorität, dafür kann er nichts, sondern wer ihn an die Spitze stellte und sich wohl schmeichelte, selbst der Spiritus rector zu sein. Kluck behandelte Moltke geradezu mit Mißachtung, da er ihm überhaupt nichts meldete: Wir erinnern nochmals an das Telegramm: »Wie Lage, welcher Feind gegenüber?« Wir wollen die Klucklegende um so weniger triumphieren lassen, als sie das Verbrechen begeht, zu phantasieren, daß der hellsichtige Kluck gleichsam Moltkes »Fehler« wieder gut machte. Ob dieser jemals vor Armin und Linsingen die Zukunftsmusik »Nogent-Provins« aufspielte? Ein Umgehen des klaren Wortlauts »zwischen Oise und Marne« war doch ausgeschlossen, sonst konnte ein Donnerwetter kaiserlicher Ungnade dreinfahren, wenn er nicht Ordre parierte. Sein angeblicher Vorschlag auf die Seine loszumarschieren, zeigt höchstens, daß er mit der ihm zugedachten passiveren Rolle nicht zufrieden war. Für das Wahngebilde erzwungenen Wiederabzugs vom Grand Morin lassen schon die Zeitumstände keinen Raum. Also 2., 4., 3., 9. K. aufmarschiert zwischen Cressy und Esternay auf 85 km Breite, Marrwitz südlicher bei Courtacon? Nun sind es von Conlomiers bis Lizy 25 km , von Esternay bis Nanteuil 80 km, von Provins 100 km. Danach konnte ein am 6. vormittags oder mittags von Morin abgerückter Linsingen unmöglich am 8. nachmittags bei Acy sein nach 35 km Marsch mit Flußübergang, noch weniger ein am 8. von Esternay verschwindendes 9. K. bei Nanteuil, sondern nur dessen Hintertreffen, das erst im Anmarsch zur Marne war. »Das von der Südfront zurückgenommene 4. K.«, wie Kluck sich ausdrückt, erhielt einfach Gegenbefehl, als seine Vorhut (93., II/26., II/27.) sich anschickte, bei Lizy-Meaux in Maunourys Flanke vorzugehen. Südfront heißt doch nicht gleich südlich der Marne. Wir wiederholen bis zum Überdruß, daß schon am 6. Teile 4. K. beim 4. R. K. fochten, und da es angeblich noch südlicher stand als 2. K., ist seine kampflose Loslösung vom Feind ebenso unmöglich, wie sein baldiges Erscheinen am Ourcq, wenn an der Fabel ein wahres Wort wäre. Es müßte mit Wunderdingen zugehen, wenn hinter so unklarem Ausdruck »von der Südfront zurückgenommen« etwas Genaueres stäke, als in der Rapportwendung: 3. K. »deckte rechte
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