Bismarck 03
man anfangs, nachgerade an solches Fechten auf diesem Moorboden gewöhnt, für etwas Ständiges und Natürliches hielt, ohne der Erscheinung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Doch versteht sich von selber, daß sich der Bahndamm erst am 30. zur Flut verwandelte, da man sonst nicht Zeit behalten hätte, sich über den Yserdeich des Westufers nach drüben zu retten. Erst dann gab man es auf, nach Furnes weiter zu stoßen, wohin bereits deutsche Geschütze donnerten. Rückzug war hier ein ebenso großes Heldenstück wie der Angriff. Man hat hier nochmals der heldenmütigen Aufopferung des hessischen 25. Pionierbataillons zu gedenken, welches die G. St. Schr. nicht mal namhaft macht. Wie der tapfere Stromübergang vom 26. R. überraschend wenig kostete, so verlor 24. R., das nebst 11. Ers. Batl. den Abzug deckte, nur ein Fünftel seines Verlustes (972) beim Rückzug. Schwer litt nur die Ersatzartillerie, links gedeckt von I/12. R. Die grausamen Schrecknisse werden im Gedächtnis weiterleben, doch fester Mannesmut triumphiert auch über die Natur. Bange machen gilt nicht! sagt der Berliner. Die Schreckensbilder, welche gegnerische Phantasie der Welt vorzauberte und in deren schadenfroher Ausmalung sie schwelgte, wären nur Wirklichkeit geworden, wenn Entsetzen die Märker ergriff und Panik um sich griff. Doch nirgends eine Spur davon. Mit eiserner Kaltblütigkeit wurde die tödliche Gefahr überwunden, als die Hochflut bis zum Knie, ja bis zur Hüfte stieg. Mochte sie auch über Kanonenräder und Sanitätswagen aufspritzen, kein Geschütz, kein Verwundeter, kein Gewehr ging verloren!
Wäre das Korps Falkenhayn nur einige Tage früher erschienen, so wäre man längst über die Gefahrzone hinaus gewesen und dann schadete es nichts, ob man im Rücken durch die Wasserwüste abgeschnitten, da man sich dann an die Westseite des Ypernkanals heranschieben und im Verein mit 23. R. K. dessen sonst stets mißglückenden Sturm auf dem Westufer zum Erfolg führen konnte. Auch dort wäre spätere Überschwemmung zu spät gekommen.
Als French seinem Kollegen Foch vorschlug, bei Ypern eine große Schlacht zu schlagen, war dies in Anbetracht der Lage eine tollkühne Dreistigkeit. Ohne die Deich-Durchstechung und Schleußenöffnung wäre die ganze Linie südlich der Yser im Rücken Frenchs verloren gegangen, während die Ypernschlacht tobte, und was dann? Wäre aber Falkenhahn schon vor 20. bei Dixmuiden gewesen und früher, als er tat, südlich davon über die Yser gegangen, dann fiel dies Bollwerk sicher viel früher, da damals noch nicht so ausgiebig besetzt. Obwohl der verzweifelte Widerstand sich dort zu Ende neigte, konnte man jetzt den Erfolg nicht ausbeuten und die lange bestehende Auffassung, als ob man Dixmuiden im Oktober je besessen habe und nur durch die Flut daraus vertrieben sei, irrt leider sehr. Die braven Freiwilligenjungen opferten sich umsonst, wieder mal stieß rührender Idealismus sich an der Materie wund, viel junge Blüte der Mark lag hingemäht. Immerhin war das Nordende der feindlichen Schlachtordnung gänzlich erschüttert. Obschon es zunächst darauf ankam, wie dort die Dinge sich entwickelten, und alle deutschen Augen sich gespannt dorthin richteten, um sich dann betrübt zu senken, machte schon der Druck am Südende von Ypern sich bemerkbar. Dies will erwogen werden, um sich in die Lage der Alliierten zu versetzen, wenn Beseler und Falkenhayn dauernden Erfolg gehabt hätten.
Am 30. morgens erreichte die Rechte der 44. R. Div., während ihre Linke sich noch westlich Baerst an den Fluß lehnte, beinahe den Bahndamm bei Oostkerke, der übergangene Hauptteil der 43. arbeitete bis Caeskerke, besonders bei St. Jaques, welchen Punkt die G. St. Schr. nicht zu kennen scheint. Rechts davon erstieg damals 12. R. Brig. den Bahndamm bei Perwyse, dessen Ostteil die 11. erstürmte. Da merkte man dort vor Mitternacht ein eigentümliches Steigen des Wasserspiegels, anfangs achtete man wenig darauf. Die 9. Brig. hatte nun nördlich die Bahn überschritten, die 10. Ramskapelle bis zum Westrand genommen. Hier wo 12., 48. R. am weitesten voraus waren und das 17 km ins Land hineinreichende englische Schiffsfeuer ihnen wenig Schaden tat, war aber auch der Rückzug zur Yser am weitesten, als sich dort die drohende Gefahr aufdrängte: Sprengen der Kanalschleusen! Jetzt nachdem alle Gegenangriffe gescheitert und das Tor zu siegreichem Vollenden der Yser-Ypern-Operative entriegelt, zwang der unfreiwillige Bundesgenosse, den ein
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