Bismarck 04
mit seiner Versicherung, Deutschland erhalte einen ehrenvollen Frieden, wenn es nur die Waffen strecke. Konnte man noch im Zweifel sein, wes Geistes Kind er sei, so öffnete er jedem die Augen, als er auch den passiven Widerstand an der Ruhr begeiferte und wiederum das Volk entnerven wollte. Gewiß hat manches Hand und Fuß, was er gegen Kapitalisten und Militaristen vorbrachte, doch man doziert nicht über morsche Balken und Baufehler eines brennenden Hauses, da gilt es nur Löschen und Retten. Daß man dem Heer aktive Dolchstöße im Rücken versetzte, ist unwahr, wohl aber sozusagen passive durch Renitenz gegen endliche Aushebung noch verfügbarer 1½ Mill. Kriegstauglicher. Betrugen die Römer sich so in den punischen Kriegen, wo ihnen ganz anders das Messer an der Kehle saß, die Briten gegen Napoleons Allmacht, die Franzosen in der Revolution und nach Sedan? Der Vergleich treibt Schamröte in die Wangen. So hat die läppische Frage »Jena oder Sedan« sich doch bejaht, gleiche Kopf- und Ratlosigkeit nach der ersten Niederlage, Panik aller Behörden, Jubel über die eigene Entehrung, weil der Widerwille gegen das alte System sich daran sättigte.
Materielle Zwangsgründe der Niederlage waren wenig vorhanden. Ob die angeblich im Bau befindlichen deutschen Groß-Tanks je das Licht der Welt erblickten oder wenigstens aus der Kampftaufe gehoben wurden? Nachdem man die Tanks verhöhnte, schrieb man ihnen später die verwogensten Missetaten zu. General Buat erzählt, bis Sommer habe die Materialversorgung der Verbündeten nicht richtig geklappt. Als am 18. Juli Mangins Flankeneinbruch überrumpelte, sah man 321 Tanks förmlich als Gespenster durch die Luft fliegen: reines Märchen, trauriges Anzeichen gestörter Nerven. Im August hatte Foch 102 fr., 62 engl., 29 (?) amerikanische, 12 (?) belgische Div., die sinnlosen belgischen Ziffern machen uns immer Spaß, sie konnten sich doch unmöglich so aus Belgien rekrutieren, und da Ende Juni erst »250 000« Amerikaner in Frankreich Begeisterung erregten, so konnten sie bis Oktober schwerlich mehr als 400 000 in die Wagschale der Vorderfront werfen, was 15 ihrer überstarken Div. ausmachte. 29 D. wären aber auch nur 820 000, die Hälfte sicher noch hinter der Front. Mindestens 30 fr. D. verschwanden von der Bildfläche, und obschon nochmaliges Einrücken von 300 000 die Briten verstärkte, so müssen die Div. sehr schwach gewesen sein, da sie sonst nie 62 betragen hätten nach Vernichtung so vieler Truppenteile. Derlei summarische Ziffern täuschen. Das Britenreich soll »annähernd 10 Mill.« ins Feld gestellt haben, Dominions und Indien lieferten allein rund 3 300 000. Angeblicher Gesamtverlust 3 266 723, wovon 947 364 Tote. Also rund 950 T. auf 2300 Verw. und Verm., d. h. noch lange nicht 1:3! Gefangene offenbar nicht gerechnet, wahrscheinlich auch nicht alle rasch geheilten Leichtverwundeten, erfahrungsgemäß alle Listen für die Kolonialen unvollkommen. Frankreich gibt eine fast doppelte Totenziffer an, die Briten müßten also nur halb soviel gelitten haben, notorisch aber 1917/18 mehr. Laut Wright behielt man trotz der großen Schwächung ständig 1917/18 noch 2 Mill. unter Waffen. Da von jenen fast 10 Mill. etwa 3 für andere Zwecke abgehen, so bekommt man 5 Mill. Abgang, jedenfalls dürfte England inkl. Gefangenen 4 Mill. in Frankreich verloren haben. Wie Frankreich sich über Wasser hielt, bleibt sein Geheimnis, da es doch auch Arbeitermassen zur Munitionsherstellung zurückbehielt. Laut Wright seien die deutschen Kräfte 1918 »ungefähr gleich geworden«. Da die Franzosen nach ihren offiziellen Verlustangaben noch 2 Mill. intakt gehabt hätten, würde also Ludendorff 4 Mill. gehabt haben. Nun betrug unser Verlust bis Frühjahr 1918 rund 4½ Mill. inkl. Leichtverwundete »bei der Truppe Gebliebenen«, so daß wir noch 5½ Mill. Bewaffnete gehabt hätten, falls man wirklich so viele unter die Waffen rief. Leider trifft dies nicht zu: wie im Frieden wetteiferte Deutschland auch im Krieg nicht mit der französischen Aushebung. Millionen, die drüben eingereiht wären, liefen bei uns als »unabkömmlich« umher. Immerhin wäre denkbar, daß unter Abrechnung der noch überall im Osten und auf den Etappen stehenden jetzt 3 Mill. in Frankreich standen. Rechnet man aber »206« I. D. à 3 Rgt., so ergäbe dies allerhöchstens 1 800 000 Gewehre, zumal manches Rgt. gewiß nicht etatmäßig 3000 zählte, wenigstens wenn deutsche Klagen stimmen.
Weitere Kostenlose Bücher