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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Kriegsschule, warum blieben die regulären Gegner bei gleicher Erfahrung stets auf dem alten Stand unbehilflichen Schlendrians? Wesentlich sprach mit, daß durch das Revolutionsprinzip die Befähigsten selbst aus untersten Graden an die Spitze treten, gewaltsame Auslese der Tüchtigsten, so daß die törichte Ausmerzung der adligen Berufsoffiziere nur anfangs schadete. Auf grobe Entstellung über angebliches Sinken der »entarteten« napoleonischen Infanterie, die immer mehr den Charakter einer Berufsarmee verlor und doch noch 1813 als Milizaufgebot Großartiges im Kampf und Marsch vollbrachte, gehen wir nicht ein. Komisch mutet der Satz an, daß panische Flucht bei gedienten Kasernenheeren nicht vorkomme, siehe Austerlitz, Jena, Königgrätz, Wörth! Gneisenau pries in Denkschrift 1811 die österreichischen Milizen von 1809 als Vorbild, und wenn Freytag die edle Tapferkeit unserer Landwehr 1813/15 widerwillig zugesteht, so vergißt er absichtlich das Krümpersystem, womit der Bauernsohn Scharnhorst den alten Zopf abschnitt, dessen »Reserveregimenter« ganz kurze Ausbildung wie heutige Schweizer Miliz genossen und doch ebenbürtig mit Kasernisten wetteiferten. Das darf um so weniger als Ausnahme gelten, als Wellington sogar aus Portugiesen eine schlachtfähige Miliz erzog. Über den amerikanischen Bürgerkrieg wiederholt man schiefe Irrtümer, die Südstaaten hätten mehr Berufsoffiziere und Reguläre gehabt, genau das Umgekehrte trifft zu, der ganze alte Militärapparat lag in Händen der Union, deren Schwäche nur aus Mittelmäßigkeit ihrer Berufsgenerale entsprang. Übrigens ist wirkliches verbreitetes Milizsystem großen Stils nur einmal erprobt worden: Rom gegen Pyrrhus und Hannibals Berufssöldner und wer siegte da? Schweizer und Flandrer siegten ähnlich im Mittelalter über Feudalheere, Englands Yeomanry gab ihm allein die Möglichkeit kontinentaler Kriegführung, bei Talavara und Waterloo bestand Wellingtons Fußvolk zu zwei Drittel aus »Militia-Men«. Unter neue Wunschzettel militaristischen Heißhungers setzte das Schicksal heut einen Schlußstrich. Das Ideal allgemein verbreiteter Dienstpflicht bei gleicher langer Dienstzeit ist wirtschaftliche wie politische Unmöglichkeit, doch wenn ehrlicher Wille vorhanden »nüchtern zu prüfen«, ob nicht »soldatische Voreingenommenheit und Vorurteil« verblendeten, so könnte man sich über Miliz verständigen, die natürlichste und beste aller Heeresformen. Der Militarismus, sofern dies viel mißbrauchte Wort einen bestimmten Sinn hat, tötete sich selber, der Weltkrieg brachte fast die ganze Berufsoffiziersklasse um.
    »Der russische Soldat ist kein Miethling, wird nie auf Landsleute schießen« behauptete Bilbassons Geschichte Katharinas, doch der uniformierte Muschik oder der Troupier beim Kommunenkampf ließen sich als Polizeitruppe gebrauchen, hat aber Kadavergehorsam das Russenheer vor wilder Revolutionierung gesichert; können nicht umgekehrt Milizen wie Cromwells Eisenseiten der Staatsordnung dienen? Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb, schleicht jetzt schon der alte Mittlerverlag – mit Subvention auf Kosten der Steuerzahler – mit Milizanregung heran, doch fürchten wir die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen. Der Ententeeinfall, unsern Militarismus durch Auferlegung eines kleinen Söldnerheeres strafen zu wollen, bedeutet Zurückschraubung zur Söldnerleibwache kleiner griechischer Tyrannen, im Mittelalter durch unbotmäßige Ritterschaft und später Condottieri und Landsknechte fortgesetzt, deren Ursprung auch bis zu den Griechen zurückdatiert. Wenn französische Könige sich mit fremden Haustruppen (Schotten und Schweizer) umgaben und England im 18. Jahrhundert deutsche Truppen besoldete, so suchten Schweden und Preußen (Kantonsrekruten) dem »Assentierungssystem« seit Louis XIV. einen nationalen Halt zu geben. Die allgemeine Wehrpflicht in imperialistischen Händen dient aber nur zu Fälschung demokratischen Prinzips mit schlauem Mißbrauch des »Volksheeres«, Jonglieren für dynastische Militarisierung des Staatshaushalts. Kostspieligkeit der Miliz wird nur vorgeschützt, Verwaltung stehender Heere verschwendet Geld mit vollen Händen. Wellington pries im Parlament »die braven Hannoverschen Milizen bei Waterloo«, ihm schwante vor ein kleines Berufsheer, umrahmt von Milizen. Solche Zukunftsmusik mißtönt freilich auch jenen, die den ewigen Frieden der Internationale gründen möchten. Dem Wunder fehlt der Glaube. Frankreichs

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