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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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der Westvölker weit voran, sondern nur dafür, daß das Monarchische bei uns nicht mit der Härte von Bourbons und Stuarts reizte und eher als Bedürfnis galt. Dagegen entsprang unsere ohne jeden Enthusiasmus verlaufene Revolution nur dem Augenblicksbedürfnis des Kriegsunglücks, denn eine Notwendigkeit lag nicht vor, nicht mal für die Arbeiter, deren Erwerbslage unbedingt besser war als anderswo. Bei der französischen und russischen Revolution wirkte als Hauptfaktor chronische Hungersnot der Bauern. Wir gehen nicht mit Taines einseitigem Pamphlet einig, der Jakobinismus hatte unwillkürliche Glanzseiten aufwühlender Verjüngung, seinen Heeren konnte man zurufen: in Deinem Lager ist Frankreich. Doch die Republik bedeutete als Erbe Louis XIV. nur eine Gloire-Vorschule des Cäsarismus. Man starb nicht in Schönheit unter übelriechenden Ohnehosen, die rote Medusa erlaubte kein Techtelmechtel mit schwärmender Ideologie, Feuerschein einer Brandstiftung täuschte nur Morgenrot vor. Das Volk gewann nichts dabei, bekam Steine für Brot, politische Umwälzung stillt nicht den Hunger, Phrasen füllen nicht den Magen. Nur durch Napoleons monarchische Kolbenstöße kam Ordnung in diese Fuhrmannskneipe, wo man sich um Bermat-Trinkgelder balgte und »Accapareurs« den Unterschleif bourbonischer Generalpächter fortsetzten.
    Darf man die Gegensätze nur mit rosafarbener oder pechschwarzer Brille sehen? Ein Vernunftsmonarchist scheut sich nicht, den Fürsten ihr Sündenregister vorzuhalten wie einst der gewiß konservative Lagarde. Verschachern deutscher Besitztümer war meist auch des Junkers Lust, ob nun ein Fürstenberg als Reichsgeneral oder als Straßburger Bischof welsche Silberlinge empfing. Noch den 7jährigen Krieg faßten unsere Katholiken als Religionskrieg gegen Ketzer auf. Wenn Bismarck meinte, er habe den Patriotismus deutscher Fürsten unterschätzt, so lassen wir dies fürs Geschlecht der Einheitskriege geradeso gelten wie für damalige Edelleute und Militärs. Deshalb durfte unsere Beschreibung des Bismarcklebens bis 1871 nur streng antidemokratisch sein, dagegen muß unser Standpunkt von da ab sich wesentlich ändern. Entrüstung über eine jeder Nationalgesinnung bare Republik, zuerst nur ein Arbeiterstreik, später bourgoise Reaktion, bekehrte natürlich jeden Patrioten von demokratischem Überschwang. Aber leider bekehrte jüngst der Eigennutz fürstlicher Entschädigungsforderung, ebenso rechtswidrig wie gegnerischer Wunsch völliger Enteignung, viele royalistisch Eingestellte von treuherziger Sehnsucht nach dem alten Föderativstaat. Man fragt: Wir, durch betrügerische Aufwertung an den Bettelstab gebracht, sollen Euch mit Wucherzinsen Eure Fürstenrevenuen zurückschanzen? Ach so, Ihr seid von Gottes Gnaden? Nun aber Schluß! Zwischen solchen Fürsten und Vernunftsmonarchisten bleibt das Tischtuch zerschnitten. Da stand das Ancien Regime von 1789 höher. Mit einem lahmen Fuß schon im Lager des Feindes, dessen verlarvtes Gorgogesicht sie nicht ahnte, beging jene Adelsgesellschaft Selbstmord durch opferfreudigen Liberalismus. Aber wogen 13 Monate Terreur 13 Jahrhunderte feudaler Schreckensherrschaft auf? Wischten Noyaden das Brandmal der Autodafes unterm Geisterjoch des Klerus ab? Wenn Pompadurgünstlinge das Volksmark fraßen und die Fahne entehrten, soll man dies tollen Revolutionsweibern vorziehen? Eines Amerikaners Spott, der Mann liebe am Ewigweiblichen mehr das Teuflische als das Himmlische, paßt wohl mehr auf manche Katharina und Dubarry als auf die zinnoberroteste Rosa Luxemburg. Das Frauenstimmrecht mag ja Chestertons Hohn verdienen, daß die praktischen Frauen ihren Haß gegen das Publichause (Wirtshaus) aufs öffentliche Plapperhaus übertragen, doch parlamentarische Mitarbeit des schönen und starken Geschlechts könnte heilsam helfen bei Ausmerzung muffiger Vorurteile aus neuen Gesetzbüchern. Die politischen Frauen lassen sich aber leider nur gefühlsmäßig bestimmen, sei es als Rechts-Romantikerinnen, sei es als Links-Illusionistinnen. Revolutionen sind Elementarereignisse, deren Vorüberziehen zu berichtigen wie Taine sehr unphilosophisch erscheint, obwohl sie meist mit »Cäsars Bildsäule« enden wie in Donnellys Phantasie, einer Schädelpyramide, die in sich selbst zerfällt. Die deutsche Revolution konnte nur eine blasse Fehlgeburt als Republik taufen. Aber Personen und Kulissen dieses Kasperletheaters prangt Shakesspeares Motto: »Bloße Spieler, sie treten auf und treten wieder

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