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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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akademische Doktorfrage, ob Krieg immer Unrecht und Unglück sei! Ethisch gewiß, doch dem Bösen nicht widerstreben heißt ihm einen Freibrief gewähren und Selbsterhaltungstrieb kann nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. Der Starke ist nicht am mächtigsten allein, wenn man ihm das Fell über die Ohren zieht. Des Kronprinzen »Feste druff« war nur jugendlicher Aufschrei gesunder Vernunft. Erbübel deutscher Willensschwäche lähmte noch im Weltkrieg. –
    Der Schweizer General Wille fertigte Delbrücks Ludendorff-Pamphlet ab, des »eminenten Historikers« – – ist das Ironie? »Delbrück hoch, hoch, hoch!« brüllte ja Berliner Pöbel, für den Titel als Charakter gilt. Wille aber meint, nur Wille des Charakters mache den Feldherrn. Das zielt gegen frühere Überschätzung kriegsakademischen Wissens, gleichfalls übertriebener Rückschlag. Wille ohne Intellekt setzt gelegentlich etwas durch, wie ein Kathederprofessor ein gelegentlicher Historiker sein kann. Bei schlechten Feldherrn erkennt man aber weniger Willens- als Geistesschwäche als Fehlerursache. »Für richtiges Handeln gibt es kein Rezept?« ja, so wenig man aus Lehrbüchern der Poetik das Dichten lernt, doch der geborene Feldherr wird trotzdem gewisse grundlegende Kunstgesetze studieren. Wille sei das Entscheidende, der Verstand nur sein Diener? Entscheidend sprach vielmehr Napoleon von geviertem Gleichgewicht zwischen Geist und Wille, denn wahre Willenskraft keimt nur aus wahrer Einsicht. Optimismus taugt im Kriege besser als Pessimismus, doch wodurch überwanden große Feldherren große Krisen? Durch Vertrauen auf Glück und Stern? Nein, durch genialen Intellekt, Vorbedingung klaren Selbstvertrauens. »Truppenführung ist eine freie Kunst« eben nur für den Künstler, beim Können stellt sich Energie von selber ein, kein Genie ohne leidenschaftliches Wollen (Schopenhauer), doch darf man umkehren: keine Energie ohne Genie? In Unsinnigkeit solcher Frage liegt der Nerv des Problems. »Nebel der Unklarheit halben Wissens« schade nur, »nur auf der Schulbank gelerntes korrektes Handeln« versage? Hiermit trifft der Berufsmilitär Wille grade den Grundfehler jedes Militärsystems, das wie in Kathederwissenschaft alles examenmäßig eindrillt und so nur unselbständige Köpfe erzeugt. Pflege der Wissenschaft, wovon Wille nichts wissen will, ist dort nur Pflege des Traditionsschlendrians eingelernter Methoden. Kaum stellte Schlieffen sein Cannaebeispiel auf, flugs betete man es als unfehlbares Rezept nach, das eben ist halbes Wissen. Daß die Umstände immer verschieden sind d. h. Materiereibung sich nie genau gleicht, beschädigt nicht die Wahrheit, daß Kriegslagen sich ungemein ähneln und daher für theoretischen Vergleich sich decken. Glaube an Präjudize mache unfrei? Wer fröhnte mehr solchem Aberglauben als das Steckenpferd-Steepelchase mit dem Schlieffenplan! Irriger Glaube an einheitliche Oberleitung? Dies gerügte »falsche Denken« findet man grade im Weltkrieg wenig außer bei Ludendorffs straffem Zusammenfassen, wohl aber zeitigte die von uns theoretisch bekämpfte »Selbsttätigkeit« der Unterführer eine Wunderblüte in der Marneschlacht.
    Politische Pronuntiamentogenerale verfehlen ihren Beruf, doch darf Ludendorffs politische Haltung über seinen Feldherrnberuf bestimmen? Delbrücks maßgebende Autorität (!) sprach: seine Studenten können ins Kollegheft nachschreiben. Wegwerfend behandelte er L. als geistig Unbemittelten mit Kadettenausbildung, als ob Universitätsbrotstudium auf höhere Universalbildung Anspruch erheben dürfte. Sprach er doch einst dem General Boguslawski die Ebenbürtigkeit ab, als dieser Delbrücks »doppelpolige Strategie« nicht gelten ließ! Professor Pflugk-Hartung und General Lettow-Vorbeck warfen sich Unsachlichkeit vor: da beide selber auf ungründlicher Sachkenntnis in der Waterloofrage fußten und durch Überhebung ersetzten, was ihrer vorgefaßten Meinung an Sachlichkeit abging, so belächeln wir solche Fehde professoraler und offizierlicher Unbescheidenheit. Bemängelung maßloser Prestigen lohnt sich nur, wenn Schicksalslaune ein Piedestal errichtet, wozu die Figur des Ruhmträgers nicht paßt. Wer aber wie Hannibal, Robert Lee und Ludendorff in verlorener Sache auf dem Posten steht, den vor der unmündigen Menge als Nichtskönner herunterreißen, ist kein beneidenswertes Vergnügen, da Unglück alle Nobelgesinnten zur Verteidigung aufruft. Wenn sein Wille zusammenbrach,

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