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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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außer in Flandern. Beim Feudalhaß gegen die »Pfeffersäcke« erinnert man sich aber, daß man die mittelhochdeutsche Dichtung dem Adel verdankt. Trotz Abälard und Joachim von Florio zog allgemeinere Bildung in Frankreich erst mit Leonardos Reise unter Franz I. ein, der spätere Papst Aeneas Silvius pries die Überlegenheit deutscher Kultur. Trotz politischer Dezentralisierung waren »die Deutschländer ( Les Allemagnes ) so groß und mächtig«, daß Montaigne sie bewunderte, ein englischer Reisender über die Städtepracht staunte. Der Chronist Karls des Kühnen gesteht, man habe sich beleidigenden Dünkel des Schellenpopanz Friedrich III. gefallen lassen, weil Burgund, die Kronen Frankreichs und England von oben herab brüskierend, sich vor den deutschen Fürsten fürchtete. Nachher gab bei den flandrischen Städten für Bewerbung um die Hand von Marie de Bourgogne, wie ihr französischer Biograph zugibt, den Ausschlag, daß der Kaisersohn Max so viel vornehmer sei als ein französischer oder englischer Kronprinz. Brauchen wir weiter Zeugnis, wie naiv nicht nur die Fremden, sondern auch unsere eigenen Historiker die europäischen Verhältnisse verdrehen, als ob seit den Staufen Deutschlands Weltgeltung erloschen sei! Man braucht nur einen Blick auf die Heeresmacht zu werfen. Frankreich, England, Spanien zusammen konnten keine 150 000 aufbringen, wie Friedrich II. sie gegen Mailand, andere Kaiser sie gegen Wenden, Polen, Hussiten führten. Was waren die übermütigen Templer neben dem Deutschen Orden, der stärksten Militärorganisation des Mittelalters! Das kriegerische Ansehen blieb noch so groß, daß 1100 Deutsche gegen hundertfache Burgundermacht Neuß hielten, daß die Osmanen vor Steiermark Halt machten. Noch im Schmalkalder Krieg wären protestantische Fürsten und Städte militärisch und finanziell der Weltmacht Karls V. überlegen gewesen, wenn ihre deutsche eifersüchtige Zänkerei nicht den rechten Augenblick verpaßte. Die Schweizer galten als »Allemans« und nannten sich später noch stolz »Reichsverwandte«, ihr Kriegsprestige erlosch vor dem deutschen Landsknecht, der auch Hollands Befreiung erwirkte und kurzen Vorrang von Albas Infanterie erledigte. Im 30jährigen Krieg war Deutschland-Österreichs Waffenaufgebot stärker als das des ganzen christlichen Europa zusammen, Deutsche schlugen Frankreichs und Schwedens Schlachten, Banner nannte sie die besten Soldaten der Welt. Die Osmanenmacht, vor der alles zitterte, brach sich an Wien und deutschen Reichsheeren, Marlborough und Prinz Eugen besiegten die Franzosen fast nur mit Deutschen. Deutsche »Reiters« und Fremdregimenter standen seit Henri IV. dort hoch im Preise, noch bei Roßbach standen sie fest unter allgemeiner Flucht. Ohne deutsche Soldtruppen konnte England nicht Krieg führen, noch bei Waterloo taten deutsche Legion, Hannoveraner, Braunschweiger, Nassauer das Beste. Friedrichs kleines Preußen trotzte allen Großmächten. Nie hätte Napoleon den Rhein überschritten ohne Preußens »Baselei« und den Rheinbundverrat, selbst der spätere deutsche Bund blieb so stark, daß 1859 Frankreich-Italien erlegen wären, wenn Preußen beisprang. Louis Napoleon wußte, daß er weder Louis XIV. noch Napoleon I. mimen durfte. Selbst Englands Meerbeherrschung entsprang nur dem deutschen grauen Elend verpaßter Möglichkeiten. Unser selbsternannter »Admiral des atlantischen Ozeans« schwang einen unfertigen Dreizack, doch Wallenstein als »Admiral der Ostsee« hätte das Hansaerbe bald erweitert, da trieb ihm deutsche Untreue den Großmachtkitzel aus, diese berechtigte Eigentümlichkeit der Serenissimi, die unverbrüchlich mit deutscher Treue jedem schadenfroh ein Bein stellten, der zu hoch hinaus wollte.
    Glaubt Europa, die kriegerisch stärkste Nation auf den Aussterbeetat zu setzen? Geheimer Furchtinstinkt mahnt an jene Vergangenheit, wo trotz Zerfall der Kaiseridee Deutschland so hoch stand, daß Karl V. seine Weltmacht nur durch Kaiserwahl gründen und nur mit Frundsbergs Landsknechten bei Pavia siegen konnte. So lebendig wirkte damals noch stolzes Nationalgefühl, daß man die Schwarze Bande in französischem Sold als Landesverräter niedermachte. Daß es in Deutschland wohl eine kirchliche Reformation, doch keine politische Revolution wie die englische und französische gab, ist kein Beweis von Rückständigkeit, wie Spengler und Kemmerich es in ihren Tabellen auffassen, vielmehr gingen ja Huttens und Münzers Bestrebungen denen

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