Bismarck 04
Bemühung muß anstandshalber bezahlt werden: Ganzkommunisten überboten kaum den jakobinischen Halbkommunismus. Ihr Führer, der von Krapotkin verherrlichte Babeuf, zweimaliger Urkundenfälscher, grad aus dem Zuchthaus kam er heraus und die Welt sah ihm so wunderlich aus. Alles wackelt, wir wackeln mit dem Kopf, es muß mehr Bewegung in die Bude kommen, das ist nicht Mühsam und Toller kanns nicht werden. Bolschewismus beschränkt jeden faulen Zauber auf die schlichte Formel: Was dein, ist mein, aber was dann mein, ist nicht dein. Also Voltaire und Rousseau konnten sich freuen, daß man ihre Gebeine ins Pantheon trug, bei welcher Bildungskomödie waschechte Ohnehosen grinsten. Was war denn Genosse Rousseau? ein Bourgeois. Man hätte die Erzväter der Revolution um einen Kopf kürzer gemacht, verdächtig aristokratischer Vernunft, die nur als Dirne des Atheismus im Kalender stand. Diese von razionalistischem Aufkläricht heraufbeschworene Göttin war nur solid gebaut, wenn sie mit der Gasse Unzucht trieb und nach der Gosse roch. Ein Volksrepräsentant, vor dem ein Theaterpublikum nicht aufstand, schmetterte das große Wort: »Ihr tatets vor dem König und wollts nicht vor mir, der ich so viel mehr bin als ein König«. Solchen Größenwahn treffen wir noch heute bei Demokratenhäuptlingen, die als historische Persönlichkeiten auf die Nachwelt kommen wollen, weil sie Gemeinplätze ausspeien. Gleichheitsschwindel braucht nur Automaten allgemeiner Unwissenheit, und wenn Fanatiker das Wunderbare suchen, bleibt das größte Wunder, daß die unbotmäßigen Intellektuellen angedrohte Bartholomäusnacht von den Sowjets noch nicht vollstreckt wurde.
Mirabeaus Vater opferte sein Vermögen als »Volksfreund«, diese Schicht wahrer Aristokraten von Laffayette bis zu unserem Egidy wird notwendig weggerafft. Mirabeaus Sohn begriff besser, daß man mit Revolutionen seine Schulden bezahlt. Der berühmte Lump riß mal dem gelehrten Volney dessen schriftlich vorbereitete Rede aus der Hand, um sie selbst auf der Tribüne elegant herauszubrüllen, und starb rechtzeitig, um dem »Volksfreund« anderer Couleur Platz zu machen, dem ungewaschenen Marat, der seine Hände in Blut und nicht in Unschuld wusch. Carlyle aber zieht den Saukerl Danton, den Winkeladvokaten der Schieberei, dem alles nur ein Saufgelage, dem rechtschaffenen Denker Robespierre vor, dem »blutigen Heuchler«, uneingedenk, daß seine Landsleute seinem geliebten Cromwell den gleichen Schimpf antun. Der Ideologenverachter Napoleon ehrte nur Robespierres Andenken, dessen von Taine gefälschte Reden echte Gedankentiefe atmen und dem in unserer Revolution als schwacher Abklatsch vielleicht Rathenau glich. Solche Leute müssen weg, da Ultras rechts und links sie mit gleichem Haß beehren, Bolschewisten verbünden sich zuletzt mit Bankiers und Freimaurern. Als Robespierre dem jüdischen Wucher im Elsaß ein Ende machte und St. Just den Bolschewisten Schneider aufs Schaffot schickte, entfernten die Thermidoristen solche Störenfriede. General Marquis de Lafayette (vor allen Damen seines Kreises zieht man im englischen Buch »Haushalt der Lafayette« ehrerbietig den Hut) war gewiß ein Faselhans, doch Bürgergeneral Graf Barras ein nationaler Verbrecher. Zwar bekam Bonaparte rein zufällig von ihm das Kommando, weil der echte Republikaner Dumas sich verspätete – natürlich von uraltem Blutadel, hieß nämlich Marquis de la Pailleterie, vgl. Alexander Dumas' Memoiren – aber es liegt Schicksalssymbolik darin, daß Napoleon ausgerechnet von Barras dessen abgelegte Kleider erhielt. In dies Stadium des Verwesungsdirektoriums traten wir heute ein. Republikanische Generale sterben entweder wie die Grafen Custine, Bixon, Beauharnais oder verschwinden im Dunkel wie Barras, sobald der kaiserliche Feldherr die Futterkrippe ausleert. Endlich merkt dann das Bürgertum, wohin Bombenerfolg der Roten Garde führt. Wie bezeichnend, daß Schwinger der roten Fahne schon ihren »Märtyrer« Toller verleugnen, weil er in einigem zur Besinnung kam! Da die Oberräuber selbst den bewährtesten Banditen nicht gutgebratene Tauben aus Schlaraffenland ins Maul stecken können und das Magenbedürfnis der Arbeiter durch keinen Terror gestillt wird, da man den Fischzug gegen den Mittelstand nicht so straflos gegen die Wirtschaft, d. h. den Großkapitalismus wendet, so muß der Sozialismus sich zuletzt mit dem gehaßten Kommunismus verbinden. Die Leibgarde der heiligen Freiheit rekrutiert sich am besten
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