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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Rechtsbegriff blieb so unverschiebbar, daß Bismarck vor 1866 Österreich zu gemeinsamer Rückeroberung der Reichslande einlud. Lothringen fiel erst unter Ludwig XV. definitiv an Frankreich, dort donnerte noch unter Rudolf von Habsburg gegen päpstlichen Hochmut der Bischof von Toul als deutscher Patriot. Aber natürlich: bricht Preußen den Tilsiter Frieden, heißts Verrat; bricht Frankreich den Frankfurter und dazu den Pariser Frieden von 1815, so triumphieren Freiheit und Recht. Denn ihm sind auch Saarbrücken, Mainz, Landau, Köln »gestohlen« worden, nicht minder Italien, Spanien und Niederlande, »Anschwemmung der französischen Ströme Rhein und Maas.« Am Genfer Konferenztisch gähnt natürlich der mit Exoten gespickte Völkerbund über jede historische Vorlesung, Schlafkrankheit aus dem Aktenstaub als Verdauungssiesta entwickelt. Was kümmert diese Pazifisten, daß sie nach Sankt Wilsons Grundsätzen Indien, Ägypten, Südafrika, Cypern, Gibraltar, Malta oder Nordafrika, Indochina, Madagaskar, Syrien oder Tripolis, Massaua oder Korea, Kiautschou oder Kuba, Havai, Philippinen räumen müßten!
    Keine gelbe Presse New Yorks wendet die gelbe Gefahr ab, Chinas Kohlenschätze machen noch Indiens Baumwolle und Manganerze konkurrenzfähig, Europas neidgelber Friede läuft durch östlichen Schimmer noch gelblicher an und kriegt die Gelbsucht. Ein prinzlicher Wärter der Friedensindustrie ging in hoher Lohe seines Undeutschgefühls mit der Zumutung hausieren, um die hochnotpeinlichen Torturen der Versailler Schreckenskammer zu beschönigen, man hätte lieber gleich die Neger in Berlin einziehen lassen sollen! Heut weiß man, daß die Pariser Großmut sich in Wohlgefallen auflöst und auch noch Neuauflage eines separatistischen Rheinbundes für ihr verbrieftes Recht hielt. Der wirkliche Hunne Clemenceau (nachweislich blieben Hunnen in seiner französischen Heimat sitzen, sein Schädel beweist die Abstammung) richtete Selbstbestimmung der Völker so ein, daß man von einem Bein aufs andere sprang, mal ins Geleise der Nationalität, mal in das der Geographie. Das Polonisieren glich der Zustimmung des weisen Polonius, jede Wolke gleiche dem Tierchen, das Hamlets Pläsierchen sei: die Untertanen wechseln Farbe und Rasse je nach Belieben der Kabinettsjustiz für Freiheit und Recht. Gräßliche Unwissenheit der Angelsachsen (ein bekannter Autor legt Leibnitz' »Beste aller Welten« Voltaire in den Mund, der gerade dagegen stichelte) kennt auch keine Selbstbesinnung. Der alte Friede von Versailles beim amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, wo Frankreich die schon verbratenen Kastanien aus dem Feuer holte, wird nicht durch Wilsons Verbrechen rückbezahlt. Nemesis straft immer ethisch. Über Belgien schwebte Astralrache unzähliger durch König Leopolds Profitwut gemeuchelter Kongoneger. Wenn die Flamen Franzosenfeinde seit Schlacht von Courtrai gegen Philipp le Bel bis 1814, wie französische Spezialschrift zugibt, so wird ihre heutige Unterdrückung gerechte Strafe für Verwelschung ihrer Maeterlink und Verhaeren. Freilich bleibt auch deutsche Welschgängerei sich immer gleich. Da schwärmten Graf Yorks Weltgeschichtsskizzen für »das begabteste Volk Europas«, er klagt, daß Franz I. sich mit den Türken gegen Deutschland verbündete, als ob Louis XIV. dies nicht allerchristlichst nachahmte und die Republik sich dem Zarismus verschrieb. Der Michel als germanische Blutmischung steckte auch dem Longobarden Garibaldi im Leibe, der stets ausgeplünderten »lateinischen Schwester« liegt erst heut französisches Patronat zu schwer im Magen. Bei uns aber geht das Rheinbundgespenst noch immer um, ein bayerischer Major lehnte sich auf, Bayern habe ältere Kultur und Geschichte als Preußen! Hält er fränkische Reichsstädte für bayuvarisch? Bayerns Geschichte meldet nur, daß es sich gegen Deutschland mit den Habsburgern, gegen Österreich und Preußen mit den Franzosen verbündete. Doch die norddeutschen Protestanten gaben ihnen nichts nach, setzten Henri II. der sich frech »Schirmherr deutscher Freiheit« nannte, als Reichsvikar in Metz ein und zauderten aus Zank und Scheelsucht, gegen den herausgeforderten Karl V. rechtzeitig das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Preußens Baselei 1795 und 1805 nebst überstürztem Ultimatum 1806 mutet so bekannt an: so pendelte die Wilhelmstraße, die eigentlich in Potsdam lag, ringsherum und ballte nach kalten Wasserstrahlen die Faust im Sack, statt das Präveniere mit des Degens

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