Bismarck 04
Deutschtum im Leibe. Nur der Hochgebildete fühlt in sich wahre völkische Eigenart, die er im Zeichen des Verkehrs gesondert wissen will. Der wirkliche Geheimrat Witz spottet mit Heine »wat jehen Ihnen die jrinen Beeme an«, wenn Unter den Linden der ungebildete Prolet und der halbgebildete Demokraterich vor Friedrichs des Großen Standbild nichts davon empfinden, daß auch die Hohenzollern zu den Erbheiligtümern gehören und die maßlose Erbitterung gegen den Ägirsänger grade dem Zorn entspringt, daß er so wenig dies Erbe mehrte. Mit voller Gerechtigkeit nach rechts und links werden Verblendete, Verstockte nie zufrieden sein, doch geschichtliche Schuld muß getilgt werden von Geschlecht zu Geschlecht, Schuld und Strafe sind untrennlich vom Leben selber, »denn die wahre Schuld des Menschen ist, daß er geboren ward« (Calderon).
Zukunft
I.
Der Friede ist ausgebrochen, doch noch lebt jene große Zeit, die keinen in Frieden ließ. Ultimatum des Völkerbunds aus einer Jules Verne-Kanone wird nächstens den Sirius zum Anschluß auffordern, widrigenfalls dieser Planet in Verschiß des Seniorenkonvents erklärt wird. Auch der Mann im Mond muß Farbe bekennen, weil ihm deutsche Luftboote neuester Konstruktion verdächtigen Ferienbesuch abstatten. »Deutsche Agenten«, Abkömmlinge der »Pitt und Koburg« im Terreur, hießen bekanntlich alle, die in Ententeländern das Wort Frieden aussprachen, selbst der brave Harvard-Münsterberg, der sein Buch »Amerika und der Friede« durch untertäniges Wilhelmkapital um jede Wirkung brachte, leitete solche Agentur. Die Patagonier versicherten, sie verständen die Welt nicht mehr, und wollten für Geld und gute Worte die Leibkompagnie des 1. Garderegiments auffressen. Entrüstung der Kongoneger, daß man in der Reimser Kathedrale Kinder röste, bis einem das Wasser im Wund zusammenläuft, machte sich gern erbötig zu intensiver Geruchverbreitung von gebratenen Menschenfleisch. Daraufhin verschickte eine Gründung mit besonderen Hintergedanken, limited , im Paternoster-Row Prospekte authentischer Hunnenkadaverölfabriken. Als ein englischer General nachher öffentlich die schneidige Lüge gestand, grinste man: schadt nichts, nur immer feste druff! Dagegen wollte ein Sachem der Sioux beim Skalpieren bleiben, der edle Mann nahm nach geistlichem Zuspruch mit geistigen Getränken ein Missionspatent für Marterpfähle, empört über unlauteren Wettbewerb deutscher Barbaren. Die Papuaneger erinnern sich keiner solchen Gaudi wie der Durchpeitschung deutscher Frauen und Kinder auf Neuguinea mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung. Es war eine Lust zu leben. Schnoddriele d'Isonzio spendete eine Versanthologie Cadornascher Wetterberichte, reich illustriert, wie Filmriese Maciste seine eigenen Kollegen in österreichischen Uniformen verhaut, bei welcher Schwächung italienischer Wehrmacht Rom illuminierte – gewidmet dem Herzog der Abruzzen mit seiner Anspielung auf romantische Zuneigung der Abruzzenbewohner für Lösegeld der Inglese. Das waren Patrioten, wie sie im Buche stehen, und wenn der britische Theaterkönig Beerbohm Tree auf amerikanischer Propagandatour durch Autounfall den Heldentod starb, so bestraft dies seinen schnöden Witz, »die englische Bühne kommt auf den dressierten Hund«, weil er damit nur deutsche Unteroffiziersdressur gemeint haben kann und er selbst die Bühne auf den Hund brachte, in deutschem Auftrag natürlich! Drüben bewachte er wohl die 100 000 hölzernen Pferde, womit transatlantische Griechen das deutsche Troja überschwemmen wollten. Dagegen heimelte es rührend an, daß heimkehrende Poilus schwarze Angebinde in den Wiegen fanden, »Brüderlein fein, Schwesterlein klein«, Fledermauskuplet patriotischer Hingebung: so sorgte man treu für Stärkung der Hinterfront.
Solchen Hexensabbath und Höllenbreugel sollen wir vergeben und vergessen? Wir danken für solches Pazifistenobst und andere Südfrüchte. Der haarsträubenden Unwissenheit des Belgiers Vandervelde »40 Jahre deutscher Herrschaft rechtfertigen nicht den Elsaßraub« diente sogar der Franzose Bertourieux: »Zweihundert Jahre französischer Herrschaft beseitigen nicht achthundertjährigen deutschen Besitzstand«. Nur die Frankenkönige bis zum Vertrag von Verdun besaßen das Elsaß, das waren aber mit Verlaub Deutsche, besonders Charlemagne, der kein Wort romanisch verstand. Noch zu Goethes Studienzeit blieb Straßburg kerndeutsch, auf dem Wiener Kongreß verlangte man Rückerstattung, der
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