Bismarck 04
Fälschung redet der Moderne ein, Monarchie sei ein überwundener Standpunkt und Republik le dernier cri , genau umgekehrt sind alle Anfangsstadien der Gesellschaft anarchisch-republikanisch, was auch fürs Mittelalter gilt, wo Feudalismus auf zentrifugale Republik hinauslief, in der man den Titularkönig nur als Präsidenten, Primus inter pares , betrachtete. Republikgründung in der Schweiz und Amerika setzte primitive Verhältnisse voraus. »Ein König ist nicht in der Natur, nur in der Kultur«, dies Monumentalwort Napoleons gleicht einem Austerlitz-Zentrumsstoß ins Innerste der Dinge. Allzeit fiel Gründung der Monarchie mit Ausreifen des Kulturstaats zusammen. Augustus, Louis XIV., Elisabeth, Philipp II. entsprachen natürlichem Bedürfnis zur Abrundung des Höchststandes der Kulturgesellschaft. Napoleons Satz, ein Thron sei nur Holz und Samt, tastet den Thronbegriff selber nicht an als uraltes Symbol für Natürliches. Wenn Mommsen es den Fluch der Monarchie nennt, daß höchstens einmal in 100 Jahren ein König diesen Titel verdiene, so darf man eben die Anforderungen nicht zu hoch spannen, denn nur einmal saß ein wahres Genie auf legitimen Thron und das war ausgerechnet ein Hohenzoller. Aber sind Genies – ein mißbrauchtes Wort, das nur dem Höchsten zukommt – etwa sonst etwas gebräuchliches? Der schlechteste Cäsarismus erwies sich zeitlich dauerhafter als die von steten Zuckungen fiebernde Parlamentsregierung Alt-Roms. Keine Zahlenkabbalistik wie in Spenglers und Kemmerichs Tafeln kann vorausbestimmen, wann Alexander den Hellespont und Cäsar den Rubikon überschreitet, prophezeien läßt sich nur, daß derlei in der Luft liegt. Daß die deutsche Republik einen Cromwell oder Bonaparte gebären müsse, ist an sich falscher Vergleich von ganz Verschiedenem, da Deutschland keineswegs politisch um 250 oder 120 Jahre hinter den Westvölkern zurück war und nun erst in gleiches Stadium eintritt, sondern im Mittelalter mit Ständegliederung, starkem Bürger- und Wahlkönigtum weit vorausging, daher seine Entwicklung wesentlich eine andere sein muß. Künftiges deutsches Kaisertum steht vielleicht im Zeichen freier Wahl, nicht durch Kurfürsten, sondern Volksentscheid, ohne aber damit altes Herrscherrecht eines geschichtlich vorgezeichneten Geschlechts anzutasten. Richtigkeit und Wichtigkeit des monarchischen Gedankens, wie Schopenhauer ihn mal klar formulierte, wird sich durch Bankerott des Parlamentarismus erst recht stärken.
Mussolini als bedeutendster Staatsmann der Gegenwart begriff die nationalistische Zeitströmung, die Sans-Patrie werden allmählich selber die eingeimpfte Lauge der Internationale abstoßen, denn dies chemische Präparat widerstrebt den roten Blutkörperchen der Volksseele. Natürliches Empfinden der Arbeiterschaft weiß so wenig davon, daß der in England für Juli 1914 angesagte Generalstreik sofort unterblieb, sobald die Regierung Kriegsgefahr versicherte, und anfangs unsere Sozialdemokratie kräftig für Nationalkrieg eintrat, wofür ausländische Genossen sie als aussätzig behandelten, während sie selber das Nämliche taten. Heute dämmert in Arbeiterkreisen die Erkenntnis, daß kein Proletariat das Geringste von Internationale zu hoffen hat. Die lieben Franzosen verschafften an Ruhr, Rhein, Saar zu gediegenen Anschauungsunterricht, gleichsam eine Revue des Nationalhasses.
Wir hörten: »Nationalsozialismus«, was meinte Hitler? Nationale, die sozial, Soziale, die national fühlen? Nichts besseres könnte man wünschen, leider gibt es zwar national gesinnte Sozialisten, aber wenig Völkische mit sozialem Empfinden, man darf es den Gegnern nicht verdenken, wenn sie darin nur Falle sehen. Schlagt die Juden tot? Die meisten Inflationsdiebe sind recht teutonischer Abkunft. Das Schlagwort »gegen den Marxismus« scheint Marx für einen Bolschewisten zu halten, im Gegenteil träumt sein »Kapital« von Selbstzersetzung der Hochfinanz, Enthaltung von Gewaltsamkeit prägte er seinen Jüngern so ein, daß sie keinen Terror gegen all jene Putschisten übten, die sich beim Umsturz feige ins Mauseloch verkrochen. Niederwerfung der wahren Novemberverbrecher verdankt man Noske und Auer, frivole Lohnstreiks trotz der im Ebertprozeß dargebotenen Zweideutigkeit mißbilligte die offizielle Sozialdemokratie stets und die proletarischen Raffkes büßten heute mit verminderter Entlohnung für falsche Auslegung von Angebot und Nachfrage. Wenn die Großindustrie zu schlau für sie war, so
Weitere Kostenlose Bücher