Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen
Terroranschlag, was auch immer –, das Mom veranlassen könnte, eher nach Phoenix zu kommen.
Unsterblichkeit verlieh offenbar endlose Geduld, jedenfalls schienen weder Alice noch Jasper das Bedürfnis zu haben, irgendetwas zu tun. Eine Weile war Alice damit beschäftigt, die ungefähren Umrisse des dunklen Raumes zu skizzieren, soweit sie die in ihrer Vision erahnt hatte. Danach saß sie einfach nur da und starrte an die Wand. Auch Jasper hatte, anders als ich, anscheinend keinen Drang, nervös durchs Zimmer zu tigern oder durch die Vorhänge zu schauen oder am besten gleich schreiend hinauszurennen.
Beim Warten auf das Klingeln des Telefons musste ich auf der Couch eingenickt sein. Ich wurde kurz wach, als Alice’ kalte Hände mich berührten; sie trug mich zum Bett, und noch bevor mein Kopf ins Kissen sank, schlief ich schon wieder.
E in morgendlicher Anruf
Ich schlug die Augen auf und wusste, dass es erneut viel zu früh war – der Rhythmus meiner Tage und Nächte kehrte sich langsam um. Hellwach lag ich im Bett und lauschte dem Gemurmel von Alice und Jasper im anderen Zimmer. Es war seltsam, dass ich sie überhaupt hörte. Ich rollte mich herum, bis meine Füße auf dem Boden standen, und ging nach nebenan.
Die Uhr auf dem Fernseher zeigte an, dass es kurz nach zwei war – mitten in der Nacht. Alice und Jasper saßen auf dem Sofa; sie zeichnete wieder, er schaute ihr zu. Sie blickten nicht einmal auf, als ich hereinkam, so vertieft waren sie.
Ich ging zu ihnen und schaute über Jaspers Schulter.
»Hat sie etwas Neues gesehen?«, fragte ich ihn leise.
»Ja. Er ist wieder im Raum mit dem Videorecorder, doch jetzt ist es hell.«
Ich sah zu, wie Alice die Zeichnung eines Raumes mit quadratischem Grundriss vervollständigte. Die Wände waren mit altmodisch dunklem Holz verkleidet, die niedrige Decke wurde von Querbalken gestützt. Der Boden war mit gemusterter Auslegeware bedeckt. Links war ein breites Fenster, die Wand rechts davon wurde von einem Kamin aus hellbraunen Ziegeln durchbrochen. Neben dem Kamin führte eine Türöffnung ins Nebenzimmer. In der Ecke drängten sich auf einem viel zu schmalen Tischchen ein Fernseher und ein Videorecorder, davor standen ein, wie es schien, abgewetztes Sofa und ein runder Kaffeetisch.
»Da kommt das Telefon hin«, sagte ich und deutete auf eine Ablage neben dem Fenster.
Zwei Augenpaare starrten mich an.
»Das ist unser Haus.«
Alice stand bereits, hielt das Telefon in der Hand und wählte. Ich starrte auf die präzise Zeichnung unseres Wohnzimmers. Entgegen seiner Gewohnheit rückte Jasper nahe an mich heran und legte mir eine Hand auf die Schulter. Die Berührung schien die besänftigende Wirkung seiner Nähe zu verstärken, jedenfalls blieb meine Panik dumpf und vage.
Alice’ Lippen vibrierten, doch ich konnte mich nicht genug konzentrieren, um das leise Summen ihrer Worte zu entschlüsseln.
»Bella«, sagte Alice. Benommen blickte ich zu ihr auf.
»Bella, Edward kommt dich abholen. Er, Carlisle und Emmett bringen dich weg, um dich für eine Weile zu verstecken.«
»Edward kommt?« Die Worte waren wie ein Rettungsring, der mich vor dem Untergehen bewahrte.
»Ja, er nimmt den ersten Flug von Seattle. Wir treffen ihn am Flughafen, und dann fährst du mit ihm weg.«
»Aber … meine Mutter! Der Tracker ist wegen ihr hierhergekommen!« Hysterisch überschlug sich meine Stimme, trotz Jasper an meiner Seite.
»Jasper und ich bleiben hier, bis sie in Sicherheit ist.«
»Es gibt keinen Ausweg, Alice. Wollt ihr ewig jeden bewachen, den ich kenne? Kapierst du nicht, was er macht? Er folgt überhaupt nicht meiner Spur, sondern sucht sich jemanden, den ich liebe, um ihm was anzutun. Alice, ich kann nicht –«
»Wir kriegen ihn, Bella«, versicherte sie mir.
»Und was ist, wenn euch was passiert? Meinst du, das ist okay für mich? Meinst du, er kann mich nur treffen, indem er meine menschliche Familie angreift?«
Alice schaute Jasper bedeutungsvoll an. Bleierne Müdigkeit hüllte mich ein und gegen meinen Willen schlossen sich meine Augen. Doch ich wusste, was passierte, und wehrte mich dagegen. Ich zwang mich, meine Augen zu öffnen, entzog mich Jaspers Berührung und stand auf.
»Ich will nicht schlafen«, sagte ich aufgebracht.
Dann ging ich nach nebenan und knallte die Tür hinter mir zu, um in Ruhe zusammenzubrechen. Dieses Mal ließ Alice mich allein. Ich zog die Beine an die Brust und schlang die Arme um meine Knie; dann schaukelte ich hin und
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