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Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Titel: Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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bereits weg war. Eine dünne, flaumige Wolkenschicht verschleierte den Himmel. Sie sah nicht sonderlich dauerhaft aus.
    Ich frühstückte, ohne etwas zu schmecken, und machte hinterher in Windeseile den Abwasch. Dann warf ich einen weiteren raschen Blick aus dem Fenster, aber es hatte sich nichts verändert. Ich war gerade fertig mit Zähneputzen und wieder auf dem Weg nach unten, als ein leises Klopfen mein Herz gegen den Brustkorb pochen ließ.
    Ich flog zur Tür; ich hatte ein paar Probleme mit dem schlichten Riegel, doch dann riss ich sie auf, und er stand vor mir. Alle Aufregung fiel von mir ab, als ich in sein Gesicht schaute; tiefe Ruhe erfüllte mich. Mir entfuhr ein erleichtertes, tonloses Seufzen – er war da, und alle Ängste vom Vorabend erschienen mir plötzlich sehr töricht.
    Zunächst war sein Gesicht voller Ernst. Doch dann betrachtete er mich von Kopf bis Fuß und begann zu lachen.
    »Guten Morgen«, sagte er kichernd.
    »Stimmt was nicht?« Ich schaute an mir herab, um sicherzugehen, dass ich nichts Wichtiges vergessen hatte, die Schuhe etwa oder die Hosen.
    »Wir passen genau zusammen«, sagte er und lachte wieder. Ich sah, dass er einen langen, hellbraunen Pullover trug, aus dem oben ein weißer Kragen herausschaute, und dazu Bluejeans. Ich stimmte in sein Lachen ein und verbarg einen heimlichen Anflug von Neid – warum musste er wie ein Model aussehen, wenn mir das nicht vergönnt war?
    Während ich die Tür hinter mir schloss, war er schon auf dem Weg zum Transporter, wo er dann mit der Miene eines Märtyrers an der Beifahrerseite auf mich wartete. Ich konnte es ihm nachfühlen.
    »Du warst einverstanden«, erinnerte ich ihn süffisant, stieg ein und lehnte mich hinüber, um seine Tür zu öffnen.
    »Wohin?«, fragte ich.
    »Schnall dich an – ich bin jetzt schon ganz nervös.«
    Ich warf ihm einen giftigen Blick zu und tat, was er gesagt hatte.
    »Wohin?«, wiederholte ich seufzend.
    »Auf der 101 nach Norden«, sagte er.
    Es war überraschend schwierig, sich auf die Straße zu konzentrieren, während ich seinen Blick auf meinem Gesicht spürte. Ich glich das dadurch aus, dass ich vorsichtiger als sonst durch die noch schlafende Stadt fuhr.
    »Hattest du die Absicht, Forks vor Einbruch der Dunkelheit zu verlassen?«
    »Dieser Transporter ist alt genug, um der Großvater deines Autos zu sein – ein wenig mehr Respekt, bitte«, gab ich zurück.
    Bald hatten wir die Stadt hinter uns gelassen, trotz seiner Schwarzmalerei. An Stelle der Rasenflächen und Häuser säumten jetzt dichtes Unterholz und grün verhüllte Baumstämme die Straße.
    »Da vorne rechts auf die 110 «, sagte er, als ich gerade fragen wollte. Ich gehorchte schweigend.
    »Und jetzt immer geradeaus, bis die Straße endet.«
    Ich hörte ein Lächeln in seiner Stimme, doch ich hatte zu viel Angst, von der Straße abzukommen und seine Befürchtungen zu bestätigen, um hinüberzuschauen und mich davon zu überzeugen.
    »Und was ist da, wo die Straße endet?«, wollte ich wissen.
    »Ein Pfad.«
    »Wir wandern?« Gott sei Dank hatte ich Tennisschuhe angezogen.
    »Ist das ein Problem?« Er klang, als ob er genau damit rechnete.
    »Nö.« Ich bemühte mich, überzeugend zu lügen. Aber wenn er schon fand, mein Transporter wäre langsam …
    »Keine Sorge, es sind nur fünf Meilen oder so, und wir haben es nicht eilig.«
    Fünf Meilen. Ich gab keine Antwort – nicht ausgeschlossen, dass mir vor lauter Panik die Stimme versagen würde. Fünf Meilen entlang tückischer Wurzeln und loser Steine, die es nur darauf abgesehen hatten, meine Knöchel umzuknicken oder mich anderweitig außer Gefecht zu setzen. Mir stand ein entwürdigendes Erlebnis bevor.
    Ich stellte mir vor, was auf mich zukam, er wartete auf eine Reaktion, und so fuhren wir ein paar Augenblicke, ohne dass jemand etwas sagte.
    Dann brach er das Schweigen. »Woran denkst du?«, fragte er voller Ungeduld.
    Ich log erneut. »Ich frage mich nur, wo wir hingehen.«
    »Es ist ein Ort, an dem ich gern bin, wenn das Wetter schön ist.« Nachdem er das gesagt hatte, schauten wir beide aus dem Fenster, hoch zur dünner werdenden Wolkendecke.
    »Charlie hat gesagt, es wird warm heute.«
    »Und hast du Charlie gesagt, was du vorhast?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Aber Jessica denkt, dass wir zusammen nach Seattle fahren?« Das schien ihn zu amüsieren.
    »Nein, ich hab ihr gesagt, dass wir die Fahrt abgeblasen haben – was ja auch stimmt.«
    Das dagegen schien ihn zu verärgern.

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