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Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Titel: Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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entschuldigend an und hoffte, dass ich sie nicht gekränkt hatte.
    Jessica sah mich nicht an. Ihre Miene war angespannt, sie guckte stur geradeaus und ging schnell. Dann huschte ihr Blick schnell nach rechts, über die Straße, und wieder zurück.
    Zum ersten Mal sah ich mich um.
    Wir befanden uns auf einem kurzen Stück, auf dem der Gehweg nicht beleuchtet war. Die kleinen Geschäfte an der Straße waren alle schon geschlossen, die Schaufenster dunkel. Einen halben Block weiter erst fing die Straßenbeleuchtung wieder an, und noch ein Stück weiter sah ich die Leuchtschrift von McDonald’s, das Jessica ansteuerte.
    Auf der anderen Straßenseite war ein einziger Laden, der geöffnet hatte. Die Fenster waren von innen verdunkelt, und draußen waren leuchtende Neonschilder, die für verschiedene Biermarken warben. Auf dem größten Schild, einem knallgrünen, stand der Name der Bar – One Eyed Pete’s . Ich fragte mich, ob das irgendetwas mit Piraten zu tun hatte, aber das war von außen nicht zu erkennen. Die Eisentür stand offen; drinnen war der Raum schwach beleuchtet. Stimmengewirr und das Klirren von Eis in Gläsern waren bis auf die Straße zu hören. An der Wand neben der Tür lungerten vier Männer herum.
    Ich schaute wieder zu Jessica. Ihr Blick war starr auf den Gehweg gerichtet, sie schritt zügig voran. Sie sah nicht ängstlich aus – nur wachsam, sie versuchte, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Ohne nachzudenken, blieb ich stehen und sah die vier Männer mit einem starken Déjà-vu-Gefühl an. Dies war eine andere Straße, eine andere Nacht, aber die Situation war genau die gleiche. Einer der Männer war sogar bullig und dunkelhaarig. Als ich stehen blieb und mich zu ihnen wandte, blickte der Kleine interessiert auf.
    Ich schaute zurück, ich war wie erstarrt.
    »Bella?«, flüsterte Jess. »Was machst du denn da?«
    Verunsichert schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube, die kenne ich …«, murmelte ich.
    Was machte ich da? Vor dieser Erinnerung müsste ich weglaufen, so schnell ich konnte, das Bild der vier herumlungernden Männer aus meinen Gedanken verbannen und mich mit dem tauben Gefühl umgeben, ohne das ich nicht funktionieren konnte. Wieso trat ich jetzt wie benommen auf die Straße?
    Es konnte kein Zufall sein, dass ich wieder mit Jessica in Port Angeles war, wieder in einer dunklen Straße. Ich schaute den bulligen Mann genauer an und versuchte seine Züge mit denen des Mannes in Deckung zu bringen, der mich in jener Nacht vor fast einem Jahr bedroht hatte. Ich überlegte, ob ich den Mann an irgendetwas erkennen könnte, wenn er es denn tatsächlich war. Aber solche Details dieses Abends waren völlig verschwommen. Mein Körper erinnerte sich besser als mein Gehirn – an die Spannung in den Beinen, als ich zwischen Wegrennen und Stehenbleiben schwankte, die trockene Kehle, als ich schluckte und schluckte, um einen Schrei auszustoßen, die gespannte Haut an den Knöcheln, als ich die Hände zu Fäusten ballte, die Gänsehaut im Nacken, als der dunkelhaarige Mann mich »Süße« nannte …
    Von diesen Männern ging eine unbestimmte Bedrohung aus, die nichts mit jener anderen Nacht zu tun hatte. Es lag nur daran, dass sie Fremde waren und in der Überzahl, dass es dunkel war – mehr nicht. Aber das reichte, und Jessica rief mit panischer, überschnappender Stimme: »Bella, komm schon!«
    Ich beachtete sie nicht und ging langsam weiter, ohne dass ich es mir bewusst vorgenommen hätte. Ich begriff nicht, warum, aber die nebulöse Bedrohung, die von den Männern ausging, trieb mich zu ihnen hin. Es war ein unvernünftiger Impuls, aber ich hatte so lange keinen Impuls mehr verspürt … dass ich ihm nachgab.
    Etwas Unbekanntes pochte in meinen Adern. Das musste Adrenalin sein, das ich schon ewig nicht mehr gespürt hatte, das aber jetzt meinen Puls beschleunigte und gegen die Gefühllosigkeit ankämpfte. Es war merkwürdig – wieso war da Adrenalin, wenn ich keine Angst hatte? Es war fast wie ein Echo von damals, als ich auch so dagestanden hatte, mit fremden Männern auf einer dunklen Straße in Port Angeles.
    Ich sah keinen Grund, Angst zu haben. Ich konnte mir nichts auf der Welt vorstellen, wovor ich noch Angst haben könnte. Einer der wenigen Vorteile, wenn man alles verloren hatte.
    Ich war schon halb über die Straße, als Jess mir nachlief und mich am Arm packte.
    »Bella! Du kannst da nicht reingehen!«, zischte sie.
    »Ich geh ja auch gar nicht rein«, sagte ich abwesend und

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