Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde
»Ja, Jasper hat auch seine Probleme damit.«
»Nicht bewegen«, flüsterte die Samtstimme. Ich versuchte zu gehorchen. Es war schwer, fast unmöglich, dem Fluchtinstinkt zu widerstehen.
»Ach ja?« Das schien Laurent zu interessieren. »Sind sie deshalb fortgegangen?«
»Nein«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Zu Hause ist Jasper mehr auf der Hut.«
»Ja«, sagte Laurent. »So ist das bei mir auch.«
Er machte einen Schritt auf mich zu, diesmal ganz gezielt.
»Hat Victoria dich eigentlich gefunden?«, fragte ich atemlos. Ich musste ihn unbedingt ablenken. Es war die erste Frage, die mir einfiel, und kaum dass ich sie ausgesprochen hatte, bereute ich sie auch schon. Victoria – die mich zusammen mit James gejagt hatte und dann verschwunden war – war die Letzte, an die ich in diesem Augenblick denken wollte.
Doch bei der Frage hielt er inne.
»Ja«, sagte er und blieb zögernd stehen. »Genau genommen bin ich hierhergekommen, um ihr einen Gefallen zu tun …« Er verzog das Gesicht. »Aber hierüber wird sie nicht erfreut sein.«
»Worüber?«, fragte ich sofort, damit er weitersprach. Er schaute von mir weg in die Bäume. Ich nutzte die Situation aus und ging heimlich einen Schritt zurück.
Er schaute mich wieder an und lächelte – so sah er aus wie ein schwarzhaariger Engel.
»Darüber, dass ich dich töten werde«, säuselte er verführerisch.
Ich taumelte noch einen Schritt zurück. Bei dem verzweifelten Knurren in meinem Kopf konnte ich kaum etwas hören.
»Das hätte sie gern selbst erledigt«, sprach er unbekümmert weiter. »Sie ist ein wenig … verärgert über dich, Bella.«
»Über mich?«, piepste ich.
Er schüttelte den Kopf und lachte in sich hinein. »Ich weiß, mir erscheint es ja auch etwas altmodisch. Aber James war ihr Gefährte, und dein Edward hat ihn getötet.«
Selbst jetzt, da ich dem Tod so nah war, schnitt mir sein Name in die offenen Wunden wie ein Sägemesser.
Laurent bemerkte meine Reaktion nicht. »Sie fand es angemessener, dich zu töten als Edward – ein fairer Handel, ein Gefährte für den anderen. Sie hat mich gebeten, ein bisschen für sie auszukundschaften. Ich hätte nicht gedacht, dass du so leicht zu fassen bist. Also ist ihr Plan möglicherweise hinfällig – das wäre sicherlich nicht die Rache, die sie sich vorgestellt hat, denn wenn er dich hier so schutzlos zurücklässt, kannst du ihm nicht sehr viel bedeuten.«
Noch ein Schlag, noch ein Riss durch die Brust.
Laurent verlagerte leicht das Gewicht, und ich taumelte einen weiteren Schritt zurück.
Er runzelte die Stirn. »Aber ich fürchte, sie wird es mir trotzdem übelnehmen.«
»Warum wartest du dann nicht auf sie?«, brachte ich mühsam hervor.
Ein boshaftes Grinsen trat auf sein Gesicht. »Du hast mich im falschen Moment erwischt, Bella. Hierher kam ich nicht in Victorias Auftrag – ich war auf der Jagd. Ich bin ziemlich durstig, und bei deinem Geruch … läuft mir das Wasser im Munde zusammen.«
Laurent schaute mich anerkennend an, als wäre das ein Kompliment.
»Droh ihm«, befahl die geliebte Täuschung mit angstverzerrter Stimme.
»Er wird wissen, dass du es warst«, flüsterte ich gehorsam. »Damit kommst du nicht davon.«
»Und warum nicht?« Laurents Grinsen wurde noch breiter. Er schaute sich in der kleinen Lichtung um. »Mit dem nächsten Regen wird der Geruch weggespült. Niemand wird deine Leiche finden – du wirst einfach als vermisst gelten, wie so viele, viele andere Menschen. Edward hat keinen Grund, an mich zu denken, falls er überhaupt Wert darauf legt, Nachforschungen anzustellen. Nimm es nicht persönlich, Bella. Ich habe einfach nur Durst.«
»Bitte ihn«, bat meine Halluzination.
»Bitte nicht«, keuchte ich.
Laurent schüttelte den Kopf. Seine Miene war freundlich. »Du musst es einmal so sehen, Bella. Du hast großes Glück, dass ich derjenige bin, der dich gefunden hat.«
»Ach ja?«, sagte ich unhörbar und ging schwankend einen weiteren Schritt zurück.
Laurent folgte mir geschmeidig und anmutig.
»Ja«, versicherte er mir. »Ich mache es ganz schnell. Du wirst gar nichts spüren, das verspreche ich dir. Na ja, Victoria werde ich später etwas anderes erzählen, damit sie besänftigt ist. Aber wenn du wüsstest, was sie sich für dich ausgedacht hat, Bella …« Langsam schüttelte er den Kopf, fast als ekele er sich. »Dann wärst du mir dankbar, das schwöre ich dir.«
Entsetzt starrte ich ihn an.
Er schnupperte, als ihm der Duft meiner Haare ins
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