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Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot

Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot

Titel: Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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er vorher auch lange nicht mehr bei Emily.«
    »Quil ist auch auf Emily geprägt worden?«, sagte ich entsetzt.
    »Nein! Ich hab dir doch gesagt, du kannst es nicht erraten. Emily hatte Besuch von ihren beiden Nichten – und da lernte Quil Claire kennen.«
    Er sprach nicht weiter. Ich dachte eine Weile darüber nach.
    »Will Emily etwa nicht, dass ihre Nichte mit einem Werwolf zusammen ist? Das ist aber irgendwie widersinnig«, sagte ich.
    Trotzdem konnte ich verstehen, weshalb ausgerechnet sie so empfand. Ich dachte wieder an die langen Narben, die von ihrem Gesicht bis zum rechten Arm gingen. Sam hatte nur ein einziges Mal die Beherrschung verloren, als sie zu nah bei ihm stand. Einmal genügte … ich hatte gesehen, wie weh es Sam tat, wenn er sah, was er Emily angetan hatte. Es war nur logisch, dass Emily ihre Nichte vor so etwas beschützen wollte.
    »Hörst du bitte mal auf rumzuraten? Du liegst total daneben. Emily hat nichts dagegen, dass er ein Werwolf ist; sie findet es nur, na ja, ein bisschen früh.«
    »Was heißt früh ?«
    Jacob sah mich mit schmalen Augen an. »Versuch nicht vorschnell zu urteilen, ja?«
    Ich nickte vorsichtig.
    »Claire ist zwei«, sagte Jacob.
    Es fing an zu regnen. Ich blinzelte wütend, als mir die Tropfen aufs Gesicht prasselten.
    Jacob wartete schweigend. Wie üblich hatte er keine Jacke an; der Regen hinterließ schwarze Tupfen auf seinem T-Shirt und tropfte an seinen zottigen Haaren hinab.
    »Quil … ist … auf eine Zweijährige geprägt worden?«, brachte ich schließlich heraus.
    »Das kommt vor.« Jacob zuckte die Schultern. Er nahm noch einen Stein und warf ihn in die Bucht. »So erzählen es die Legenden.«
    »Aber sie ist doch fast noch ein Baby«, sagte ich.
    Er sah mich mit einem düsteren Lächeln an. »Quil wird ja nicht älter«, sagte er, leise Bitterkeit in der Stimme. »Er muss nur eine Weile warten, fünfzehn Jahre vielleicht.«
    »Ich … weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    Ich gab mir alle Mühe, nicht darüber zu urteilen, aber in Wirklichkeit war ich schockiert. Seit ich herausgefunden hatte, dass die Werwölfe keine Mörder waren, hatte mich nichts an ihnen gestört, aber das hier …
    »Du verurteilst uns«, sagte er vorwurfsvoll. »Ich seh es dir an.«
    »Tut mir leid«, murmelte ich. »Aber es klingt echt gruselig.«
    »Es ist nicht, wie du denkst.« Jetzt legte Jacob sich für seinen Freund ins Zeug. »Ich hab durch seine Augen gesehen, wie es ist. Das hat nichts mit romantischer Liebe zu tun, jedenfalls jetzt noch nicht.« Er holte tief Luft. »Es ist so schwer zu erklären. Es ist nicht wie Liebe auf den ersten Blick. Man kann es eher mit … einer Verlagerung der Schwerkraft vergleichen. In dem Moment, wo man sie sieht, ist es plötzlich, als würde man nicht mehr von der Erde angezogen, sondern von ihr . Nichts ist wichtiger als sie . Und man würde alles für sie tun, alles für sie sein … Man wird das, was sie gerade braucht, Beschützer oder Geliebter, Freund oder Bruder. Quil wird für Claire der beste, liebste Bruder der Welt sein. Kein Kind wird besser behütet werden als sie. Und wenn sie dann größer ist und einen Freund braucht, wird er verständnisvoller und zuverlässiger sein als jeder andere, den sie kennt. Und wenn sie schließlich erwachsen ist, werden die beiden genauso glücklich sein wie Emily und Sam.« In seinen letzten Worten schwang Bitterkeit mit.
    »Hat Claire dabei gar nichts zu sagen?«
    »Doch, klar. Aber warum sollte sie sich nicht für ihn entscheiden? Er wird der perfekte Mann für sie sein. Wie für sie geschaffen.«
    Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinanderher, bis ich kurz stehen blieb, um einen Stein ins Meer zu werfen. Er fiel ein paar Meter vorher auf den Strand. Jacob lachte mich aus.
    »Kann ja nicht jeder so krankhaft stark sein«, murmelte ich.
    Er seufzte.
    »Was glaubst du, wann es bei dir passiert?«, fragte ich leise.
    Die Antwort kam prompt und direkt. »Nie.«
    »Darauf hat man doch keinen Einfluss, oder?«
    Ein paar Minuten lang schwieg er. Unbewusst gingen wir beide langsamer, bis wir uns kaum noch bewegten.
    »Eigentlich nicht«, gab er zu. »Aber man muss sie sehen – diejenige, die für einen bestimmt ist.«
    »Und du glaubst, wenn du sie noch nicht gesehen hast, dann gibt es sie auch nicht?«, fragte ich skeptisch. »Jacob, du hast noch nicht so viel von der Welt gesehen – noch weniger als ich.«
    »Das stimmt«, sagte er leise. Plötzlich sah er mich durchdringend an.

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