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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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unsere Blicke sich trafen. »Und hast du vor, mir zu erzählen, warum du mit den Wölfen rennst? Oder war das auch wieder eine höfliche Abfuhr?«
    Er lehnte sich rückwärts an einen Baum und schob die Hände in die Taschen; sein Blick schweifte in den Wald hinaus, bevor er antwortete. »Hast du dir jemals überlegt, wie es wäre, die Seiten zu wechseln? Als Wolf zu leben, sich nur dann zum Menschen zu wandeln, wenn es notwendig ist?«
    »Natürlich.«
    »Ich hab vor ein paar Jahren meinen College-Abschluss gemacht. Mir einen Job gesucht. Ihn gehasst. Gekündigt. Ich bin jung. Keine Bindungen. Andere Typen würden mit dem Rucksack durch Asien ziehen, eine Weile rumgammeln, bevor sie ihr Leben auf die Reihe kriegen.«
    »Und du machst stattdessen das hier. Wie lang bist du schon hier draußen?«
    »Seit dem Sommer. Ich hab mir überlegt, ich gebe mir ein Jahr.«
    »Und wie hast du die Wölfe dazu gebracht, dich aufzunehmen?«
    »Futter«, sagte eine Stimme hinter mir.
    Morgan fuhr zusammen, als Clay in Sichtweite kam. Er fing sich schnell wieder und setzte eine undurchdringliche Miene auf, aber seine Augen blieben wachsam, als er Clays Näherkommen verfolgte.
    »Es war Futter, stimmt’s?«, wiederholte Clay.
    Morgan brachte ein Lächeln für ihn auf, wenn auch ein kleines. »Stimmt. Ich bin ein guter Jäger. Es hat eine Weile gedauert, aber wenn man ihnen genug Geschenke hinlegt, überwinden sie irgendwann ihre Vorurteile. Und es hat nicht so sehr viele Vorurteile zu überwinden gegeben, bevor diese Schläger sich hier breitgemacht haben. Damit meine ich nicht diese Wandlertypen. Ja, der eine Junge hat diesen Winter hier in der Gegend den starken Mann gegeben, aber dem gehen wir einfach aus dem Weg. Es ist erst übel geworden, als die aufgetaucht sind.« Er zeigte auf die Kleidungsstücke in meinen Händen. »Davor waren die einzigen Werwölfe, die meine Wölfe gekannt haben, der alte Mann und sein Enkel, und keiner von denen hat uns jemals irgendwelchen Ärger gemacht.« Er sah Clay an. »War der alte Mann ein Freund von euch?«
    »Rudelgefährte, früher mal.«
    »Dann tut es mir leid, dass ihr ihn verloren habt. Ich hab ihn selbst nicht gekannt, aber er ist mir vorgekommen wie ein netter Mann. Und bevor ihr jetzt fragt, nein, ich hatte keine Ahnung, dass die vorhatten, ihn umzubringen. Ich war zu der Zeit unterwegs auf der Jagd. Als ich zurückgekommen bin, hatte der Rest des Rudels ihn gefunden – ihr habt wahrscheinlich ihre Spuren bei der Hütte gesehen.«
    »Haben wir.«
    »Sie …« Er rieb sich das Kinn. »Es hat sie verstört. Verwirrt. Es war, als hätten sie euren Freund gekannt, obwohl sie nie Kontakt aufgenommen hatten. Sie haben um ihn getrauert. Wie gesagt, ich war nicht in der Nähe, sonst hätte … Na ja, ihr merkt, ich mische mich nicht gern ein. Ich hab gelernt, es bleiben zu lassen. Aber irgendwas hätte ich getan. Und wäre wahrscheinlich dafür umgebracht worden. Ich bin ein Genie, wenn es darum geht, mein Abendessen zu fangen, aber gegen die Raubtiere sieht es nicht so toll aus.« Ein Seitenblick zu mir herüber. »Die Narben hab ich erwähnt?«
    »Hast du, und wir werden nicht vergessen, was du getan hast  – die anderen zu uns geführt.«
    »Spüren und jagen, das sind meine Spezialgebiete. Aber das bedeutet auch, ich komme meistens erst hin, wenn das Schlamassel schon angerichtet ist, so wie bei eurem Freund. Aber es gibt einen Grund, warum ich mich zurückgewandelt habe, und es ist nicht, dass ich hallo sagen wollte. Ich habe neulich noch was entdeckt, um das ihr euch wahrscheinlich kümmern wollt, bevor ihr wieder abreist. Die Wandler haben zwei von den Mädchen begraben, die dieser große Dreckskerl umgebracht hat. Bloß habe ich noch Spuren von einer dritten gefunden.«
    Mein Kopf fuhr hoch. »Es waren drei verschwundene Mädchen. Du hast ihre Leiche gefunden?«
    »Nein, ich habe sie gefunden.«
    »Was? Sie ist am Leben?« Ich fuhr zu Clay herum. »Travis muss sie die ganze Zeit eingesperrt haben. Wir müssen …«
    »Hey, langsam«, sagte Morgan. »Er war nicht derjenige, der sie festgehalten hat. Wenn ich das richtig verstehe, hat er sie einfach liegen lassen. Jemand anderes hat sie gefunden. Sie erholt sich. Aber … Na ja, ich glaube, ihr solltet besser einfach mitkommen und es euch selbst ansehen. Es ist ein bisschen heikel.«
    Ich sah Clay an. Er nahm mir Teslers Kleidungsstücke aus den Händen. »Geh schon mal los, ich komme nach.«

    Die erste Hälfte der Strecke

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