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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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finden, ich weiß es zu würdigen.«
    »Gern geschehen.«
    Die Stimme ließ mich zusammenfahren. Ich war davon ausgegangen, dass er nach wie vor in Wolfsgestalt war. Als die Gestalt aufstand, schnupperte ich noch einmal, um mich zu vergewissern, dass es wirklich derselbe Werwolf war. Wenn man mich gefragt hätte, wie ich ihn mir vorstellte, dann hätte ich ihn für älter gehalten, für jemanden, der einer Midlife-Crisis begegnete, indem er die andere Seite seines Wesens erforschte, so wie Dennis es getan hatte. Aber er war jünger als ich. Ende zwanzig. Dunkelrotbraunes Haar, das bis zu den Schultern reichte, hager mit schmalem Gesicht, hohen Wangenknochen und durchdringenden grünen Augen. Indianisches Blut, nahm ich an. Und er war bekleidet. Um ehrlich zu sein, auch das überraschte mich. Ich hatte nicht gerade erwartet, dass er nackt sein würde – vielleicht eher, dass er sich einen Pelz übergeworfen hatte oder Kleidung trug, die er aus irgendeiner Hütte gestohlen hatte. Aber die Sachen gehörten unverkennbar ihm – Lederjacke, Jeans, T-Shirt, Doc-Martens-Stiefel …
    »Nicht ganz das, was du erwartet hast?«. fragte er.
    »Nein«, log ich, »ich hab nur versucht, den Akzent einzuordnen.« In Wirklichkeit brauchte ich keine Sekunde, um ihn einzuordnen – der aus britischem, irischem und kanadischem Englisch gemischte Singsang war unverkennbar. »Neufundland oder Labrador?«
    Das brachte ihn immerhin zum Lächeln, wenn auch nur kurz. »Beides von Zeit zu Zeit«, sagte er. »Sie haben beide ihren Reiz.«
    »Da bin ich mir sicher. Ich bin nur ein einziges Mal da oben gewesen, aber …«
    Ein leises Knurren schnitt mir das Wort ab. Ich sah mich um und entdeckte einen grauen Wolf, der hinter einem Baum hervorspähte. Es war die Wölfin, die ich schon früher in seiner Gesellschaft gesehen hatte. Sie knurrte wieder; die Lefzen flatterten über den scharfen weißen Zähnen.
    »Schon okay«, sagte er; er zog es in die Länge, bis es mehr von einem beruhigenden Knurren als von Worten hatte. »Geh ruhig schon los.«
    Sie wich etwas zurück, aber nur, um sich hinzusetzen, den Blick immer noch starr auf mich gerichtet.
    »Sie glaubt wohl, du erwägst eine neue Gefährtin«, sagte ich.
    »Neue …?« Er starrte mich an und prustete dann heraus. »Wie weit glaubst du eigentlich, dass ich die Anpassung getrieben habe? Oder vielleicht hast du mir die Frage ja gerade beantwortet.«
    »Ich hatte einfach gedacht … Na ja, ich meine, wenn du die Wolfsgestalt vorziehst … Jedenfalls, ich habe das Gefühl, sie betrachtet dich als ihren Gefährten.«
    »Tut sie auch, aber ich habe sie darin nicht ermutigt. Sie ist wirklich ein nettes Mädchen, aber es würde einfach nicht funktionieren.«
    »Das ist beruhigend.« Ich streckte die Hand aus. »Elena Michaels.«
    »Oh, ich weiß, wer du bist. Wir sind hier draußen nicht so isoliert, wie du vielleicht meinst.«
    »Gibt es noch mehr von euch hier oben? Mehr Werwölfe?«
    Er schüttelte mir die Hand. »Morgan Walsh.«
    »Mit anderen Worten, wenn du hier noch Angehörige hast, wirst du’s mir nicht sagen. Wenn sie schon seit einer Weile hier sind, ohne dass das Rudel von ihnen weiß, dann haben sie sich weit genug unterhalb des Radars gehalten, dass wir weiterhin so tun können, als hätten wir keine Ahnung. Um also das Thema zu wechseln, wie lang bist du jetzt schon …?« Ich sah zu der grauen Wölfin hinüber.
    »… mit den Wölfen gerannt? Na ja, das war eine wirklich merkwürdige Sache. Eines Tages bin ich zum Spaß nach Alaska gefahren, bin rennen gegangen und habe komplett vergessen, dass ich mich wieder zurückwandeln konnte. Zum Glück hat dieses Wolfsrudel sich erbarmt und den armen ahnungslosen Neuling aufgenommen.«
    »Uh-oh.«
    Er lächelte. »Okay, in Ordnung. Was meinst denn du, was ich hier draußen treibe? Nein, warte, lass mich raten. Vom Leben enttäuscht und gezeichnet von den Narben der Wunden, die es mir zugefügt hat, habe ich beschlossen, der Welt den Rücken zu kehren und mich in die Wälder zurückzuziehen, um dort meiner reineren und einfacheren Natur zu leben.«
    »So sehr von Lebensnarben gezeichnet siehst du mir nicht aus.«
    »Oh, ich habe ein paar. Ich würde sie dir zeigen, aber ich weiß genau, dein Gefährte kann so weit weg nicht sein, und ich will mich lieber nicht gerade dann ausziehen, wenn er vorbeikommt.«
    »Ich mache mir eigentlich eher Sorgen, sie könnte etwas dagegen haben.« Ich nickte zu der Wölfin hinüber; sie knurrte, als

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