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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hart.
    »Vielleicht sollten wir das mit dem Entkommen dieses Mal zuerst erledigen?«, murmelte ich.
    Ein leises Grollen, kein ausgesprochener Widerspruch, lediglich der Unwillen darüber, dass ich es zur Sprache gebracht hatte. Ich warf über seine Schulter hinweg einen Blick zu unserem Geländewagen hin.
    »Ein großer Stahlkasten mit umklappbarer Rückenlehne müsste eigentlich sicher genug sein, was meinst du?«
    Er sah zu dem Auto hinüber, als versuchte er die Entfernung abzuschätzen. Dann nahm er mich auf die Arme und trug mich hin.

    Wieder im Hotel angekommen, rief ich als Allererstes bei Joey im Büro an. Natürlich war er um diese Tageszeit nicht da, aber gerade darum ging es mir – ich konnte ihm eine vollständige Nachricht hinterlassen, ohne dass er mittendrin auflegte.
    Ich formulierte es hinreichend allgemein, nur für den Fall, dass sein Anrufbeantworter überwacht wurde, ließ ihn aber wissen, dass wir dahintergekommen waren, was hier vor sich ging. Die Mutts hatten Noah als Geisel genommen und verlangten etwas von Joey dafür, damit sie ihn gehen ließen. Joey musste sich damit befassen und ging dabei extrem vorsichtig vor … weshalb er auch nicht wollte, dass zwei Rudel-Sheriffs sich in der Stadt breitmachten und damit das Leben seines Halbbruders gefährdeten.
    Nachdem wir jetzt die Situation besser kannten, konnte ich ihm versichern, dass auch wir mit äußerster Vorsicht vorgehen würden und dass wir ihm helfen könnten, das Problem zu beheben. Ich rechnete nicht damit, dass er auf das Angebot eingehen würde. Was ich mit all dem eigentlich sagen wollte, und zwar so höflich wie möglich, war dies: Wir wissen, warum du uns aus der Stadt haben willst, und wir gehen nirgendwohin.
    Als Nächstes kümmerten wir uns um unsere Verletzungen. Keiner von uns hatte gebrochene Knochen, und nur darauf kam es im Grunde an. Ein Werwolf zu sein bedeutete, ein Leben lang zu kämpfen, und wie Leute, die ihr Berufsleben im Boxring verbringen, hatten wir gelernt, Beulen, Schrammen und blaue Flecke zu ignorieren. Nach Knochenbrüchen suchen, die offenen Wunden säubern, ein bisschen ausruhen – und dann würde bis morgen alles in Ordnung sein. Es musste in Ordnung sein, denn anders als professionelle Boxer konnten wir einen Kampf nicht einfach absagen, wenn wir der Sache nicht gewachsen waren. Doch die werwölfischen Selbstheilungskräfte halfen. Vierundzwanzig Stunden später waren die einzigen verbliebenen Spuren meiner Begegnung mit dem Wesen eine empfindliche Stelle am Hinterkopf und eine zweite über den Rippen.
    Danach gingen wir ins Bett. Ich schlief ein, sobald mein Kopf das Kissen berührte, aber ich schlief nicht lang. Obwohl sich Clay neben mir vollkommen still verhielt, spürte ich, dass er wach war; nach einem kurzen, traumlosen Schlaf sah ich zu ihm hinüber und stellte fest, dass er zur Decke hinaufstarrte.
    Ich drehte mich auf die Seite. Er reagierte nicht, war zu tief in Gedanken versunken, um mich zu bemerken. Ich sah, wie seine rechte Hand sich rhythmisch zur Faust ballte und wieder öffnete; die Armmuskeln pochten unter dem runzligen Narbengewebe.
    »Macht es dir zu schaffen?«, fragte ich.
    »Hmm?« Sein Blick folgte meinem zu seinem Arm hinunter; er ballte ein letztes Mal die Faust und hörte dann auf damit. »Nee, ich spüre es nicht mehr.«
    »Nein, ich meine, macht es dir zu schaffen? «
    Er schwieg eine Minute lang; dann strich er mir das Haar über die Schulter nach hinten.
    »Ich bin weggerannt heute Abend«, sagte er schließlich. »Als ich dieses Vieh gerochen habe, bin ich gerannt.«
    Der Wider- und der Zuspruch lagen mir bereits auf der Zunge, aber ich wusste genau, das wollte er nicht hören.
    Er sprach weiter. »Ich habe dran gedacht, was es am Abend davor mit dir angestellt hat, und ich habe an nichts denken können als daran, wie ich dich da wegkriege.«
    »Was unter den gegebenen Umständen genau das Richtige war!«
    »Yeah. Aber der Grund, warum ich gerannt bin, statt zu kämpfen?« Er hob den Arm und krümmte die Finger. »Es wirkt sich nicht drauf aus, wie ich als Wolf kämpfe. Da ist es bloß eine kleine Schwäche in einem Bein, lässt sich leicht kompensieren. Meine erste Eingebung war trotzdem, mir selbst nicht zu trauen und lieber zu flüchten. Und das ist nicht gut.«
    »Aber …«
    »Unter den gegebenen Umständen war es die richtige Entscheidung, und damit wäre alles in Ordnung … wenn ich sagen könnte, es wäre eine überlegte Entscheidung

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