BIS(S) ZUM ERSTEN SONNENSTRAHL
Platz hinter dem Sofa zusammen. Sobald ich lag, schien Freds Macht nachzulassen. Oder vielleicht gewöhnte ich mich auch nur langsam daran.
Der Keller war ziemlich leer, weil es mitten in der Nacht war. Alle anderen hier hatten dieselbe Augenfarbe wie ich - ein kräftiges, kürzlich genährtes Rot.
»Hat 'ne Weile gedauert, bis ich dein bescheuertes Chaos beseitigt hatte«, erklärte Diego Kevin. »Es war beinahe Morgen, als ich bei dem ankam, was von unserem Haus übrig war. Hab den ganzen Tag in einer mit Wasser gefüllten Höhle gehockt.«
»Verpetz mich doch bei Riley. Mir scheißegal.«
»Offenbar hat's das kleine Mädchen auch geschafft«, sagte eine andere Stimme und ich schauderte, denn sie gehörte Raoul. Ich war ein bisschen erleichtert, dass er meinen Namen nicht kannte, aber in erster Linie war ich entsetzt, dass er mich überhaupt bemerkt hatte.
»Ja, sie ist mir gefolgt.« Ich konnte Diego nicht sehen, aber ich wusste, dass er die Achseln zuckte.
»Du bist wohl der Held des Tages, was?«, sagte Raoul abfällig.
»Es gibt keine Sonderpunkte dafür, sich wie ein Schwachkopf zu benehmen.«
Ich wünschte, Diego würde Raoul nicht so verspotten. Ich hoffte, dass Riley bald zurückkam. Riley war der Einzige, der Raoul wenigstens ein bisschen zügeln konnte.
Aber Riley war vermutlich auf der Jagd nach Abschaum, um ihn zu
ihr
zu bringen. Oder machte, was immer er sonst tat, wenn er unterwegs war.
»Interessante Einstellung, die du da hast, Diego. Du denkst wohl, Riley hat dich so gern, dass es ihm was ausmacht, wenn ich dich umbringe. Ich glaube, du irrst dich. Aber egal, heute Nacht hält er dich sowieso für tot.«
Ich konnte hören, wie die anderen sich bewegten. Einige wollten Raoul wahrscheinlich unterstützen, andere ihm einfach aus dem Weg gehen. Ich zögerte in meinem Versteck, weil ich Diego nicht allein gegen sie kämpfen lassen würde, aber mir Sorgen machte, dass unsere Tarnung aufflog, falls es gar nicht so weit kam. Ich hoffte, Diego hatte deshalb schon so lange überlebt, weil er über irgendwelche speziellen Kampftechniken verfügte. Auf dem Gebiet hatte ich nicht viel zu bieten. Drei Mitglieder von Raouls Gang waren hier und ein paar andere, die ihm vielleicht helfen würden, um sich mit ihm gut zu stellen. Würde Riley zurückkommen, bevor sie dazu kamen, uns zu verbrennen?
Diegos Stimme war ganz ruhig, als er antwortete. »Hast du wirklich so große Angst, es allein mit mir aufzunehmen? Typisch.«
Raoul schnaubte. »Funktioniert das jemals? Ich meine, außer in Filmen. Warum sollte ich es alleine mit dir aufnehmen? Ich hab kein Interesse daran, dich zu
schlagen.
Ich will dich einfach nur
vernichten.«
Ich kauerte mich hin, bereit zum Sprung.
Raoul sprach weiter. Der Klang seiner eigenen Stimme gefiel ihm offensichtlich.
»Aber nicht alle von uns werden gebraucht, um mit dir fertigzuwerden. Diese beiden hier können sich um die kleine Wie-heißt-sie-noch kümmern. Dann gibt es keinen Beweis mehr für deine bedauerliche Rettung.«
Mein Körper fühlte sich eiskalt an, wie erstarrt. Ich versuchte das Gefühl abzuschütteln, um so gut wie möglich kämpfen zu können. Nicht, dass es einen großen Unterschied gemacht hätte.
Und dann spürte ich etwas anderes, etwas völlig Unerwartetes - eine so überwältigende Welle aus Ekel, dass ich mich zu Boden warf und entsetzt nach Luft schnappte.
Ich war nicht die Einzige, die es traf. Von überall im Keller hörte ich angewidertes Knurren und Würgelaute. Einige von unserer Gruppe zogen sich bis an die Ränder des Zimmers zurück, wo ich sie von meinem Platz aus sehen konnte. Sie pressten sich flach an die Wand und drehten die Hälse weg, als könnten sie so dem entsetzlichen Gefühl entgehen. Zumindest einer von ihnen war ein Mitglied aus Raouls Gang.
Dann hörte ich Raouls unverwechselbares Knurren, das leiser wurde, als er die Treppe hinaufrannte. Er war nicht der Einzige, der abhaute. Ungefähr die Hälfte der Vampire verschwand aus dem Keller.
Ich nicht. Ich konnte mich kaum rühren. Und dann wurde mir klar, woran das vermutlich lag: daran, dass ich mich so nah neben Freaky Fred befand. Er war verantwortlich für das, was geschehen war. Und so furchtbar ich mich auch fühlte, war ich doch in der Lage zu begreifen, dass er mir wahrscheinlich gerade das Leben gerettet hatte.
Warum?
Das Ekelgefühl ließ langsam nach. Sobald ich konnte, kroch ich zum Rand des Sofas und nahm die Folgen in Augenschein. Raouls gesamte Gang war weg,
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