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BIS(S) ZUM ERSTEN SONNENSTRAHL

BIS(S) ZUM ERSTEN SONNENSTRAHL

Titel: BIS(S) ZUM ERSTEN SONNENSTRAHL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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aber Diego war noch da, am entgegengesetzten Ende des großen Raums neben den Fernsehern. Die übrigen Vampire entspannten sich langsam, obwohl alle etwas mitgenommen aussahen. Die meisten schauten vorsichtig in Freds Richtung. Ich warf ebenfalls einen Blick auf seinen Hinterkopf, konnte allerdings nichts erkennen. Schnell guckte ich wieder weg. Wenn ich Fred ansah, wurde mir erneut übel. »Ruhe.«
    Die tiefe Stimme gehörte Fred. Ich hatte ihn bisher nie etwas sagen hören. Alle starrten ihn an und blickten dann sofort weg, als der Ekel zurückkehrte.
    Fred wollte also nur seine Ruhe und seinen Frieden haben. Egal. Immerhin hatte es mir das Leben gerettet. Höchstwahrscheinlich würde sich Raoul noch vor dem Morgengrauen über irgendetwas anderes ärgern und seine Wut an jemandem in seiner Nähe abreagieren. Und Riley kehrte am Ende der Nacht immer zurück. Er würde erfahren, dass Diego in seiner Höhle gewesen und nicht draußen von der Sonne verbrannt worden war, und dann hätte Raoul keine Ausrede mehr, wenn er Diego oder mich angriff.
    Das hoffte ich zumindest. Und in der Zwischenzeit fiel Diego und mir vielleicht etwas ein, wie wir Raoul aus dem Weg gehen konnten.
    Für einen kurzen Moment schien es mir, als entginge mir die offensichtliche Lösung. Aber bevor ich dahinterkommen konnte, wurden meine Gedanken unterbrochen.
    »Entschuldigung.«
    Das tiefe, leise Murmeln konnte nur von Fred stammen. Es sah aus, als wäre ich die Einzige, die nah genug war, um es wirklich hören zu können. Redete er mit mir?
    Ich sah ihn erneut an, aber diesmal spürte ich nichts.
    Ich konnte sein Gesicht nicht sehen - er hatte mir immer noch den Rücken zugekehrt. Er hatte dichtes, gewelltes blondes Haar. Das war mir bisher nicht aufgefallen, trotz der vielen Tage, die ich mich in seinem Schatten versteckt hatte. Riley hatte Recht, wenn er sagte, dass Fred außergewöhnlich war. Abstoßend, aber wirklich außergewöhnlich. Hatte Riley eine Ahnung, dass Fred so ... so mächtig war? Er war in der Lage, ein ganzes Zimmer voller Vampire im Nu zu überwältigen.
    Obwohl ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte, hatte ich das Gefühl, dass Fred auf eine Antwort wartete.
    »Ah, du musst dich nicht entschuldigen«, hauchte ich beinahe lautlos. »Danke.« Fred zuckte die Achseln.
    Und dann stellte ich fest, dass ich ihn nicht mehr ansehen konnte.
    Die Stunden verstrichen langsamer als sonst, während ich darauf wartete, dass Raoul zurückkam. Von Zeit zu Zeit versuchte ich Fred wieder anzusehen - an dem Schutzschild vorbei, den er sich geschaffen hatte -, aber ich war jedes Mal angewidert. Wenn ich es zu intensiv versuchte, würde ich noch anfangen zu würgen.
    Über Fred nachzudenken war eine gute Möglichkeit, nicht über Diego nachzudenken. Ich versuchte so zu tun, als wäre es mir egal, wo im Raum er sich befand. Ich sah ihn nicht an, konzentrierte mich aber auf das Geräusch seines Atems - seinen unverwechselbaren Rhythmus. Ich wollte unbedingt mit ihm in Verbindung bleiben. Er saß am mir entgegengesetzten Ende des Zimmers und hörte seine CDs auf einem Laptop. Oder vielleicht tat er auch nur so, als ob er sie hörte, genau wie ich nur so tat, als ob ich die Bücher aus dem feuchten Rucksack über meiner Schulter las. In meinem üblichen Tempo blätterte ich die Seiten um, aber ich nahm nichts auf. Ich wartete auf Raoul.
    Zum Glück kam Riley als Erster. Raoul und Konsorten waren direkt hinter ihm, aber weniger laut und unausstehlich als sonst. Vielleicht hatte Fred ihnen ein bisschen Respekt beigebracht.
    Aber vermutlich eher nicht. Es war wahrscheinlicher, dass Fred sie einfach wütend gemacht hatte. Ich hoffte wirklich, dass Freds Wachsamkeit nie nachließ.
    Riley ging direkt zu Diego; ich hatte ihnen den Rücken zugekehrt und lauschte, während ich die Augen auf mein Buch geheftet hielt. Aus den Augenwinkeln sah ich einige von Raouls Idioten herumstreifen und nach ihren Lieblingsspielen Ausschau halten oder danach, womit sie gerade beschäftigt gewesen waren, bevor Fred sie vertrieben hatte. Kevin war einer von ihnen, aber er schien nach etwas anderem zu suchen als bloßer Unterhaltung. Mehrmals suchte sein Blick die Stelle, wo ich saß, aber Freds Aura hielt ihn auf Abstand. Als er nach ein paar Minuten aufgab, sah er aus, als wäre ihm leicht übel.
    »Ich hab gehört, du hast es geschafft«, sagte Riley und klang ernsthaft erfreut. »Auf dich kann ich immer zählen, Diego.«
    »Kein Problem«, sagte Diego gelassen.

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