Bissige Gäste im Anflug
zurückgekehrt. Ausgerechnet jetzt! Wo ein paar Meter über Ludos Kopf fünf Riesenfledermäuse kreisten. Da konnte er einen Geist nun wirklich gar nicht gebrauchen.
Ludo fuhr sich mit der flachen Hand über die Ohren und den Nacken, versuchte den Geist zu verscheuchen. »Verschwinde!«, zischte er.
Helene, die direkt neben Ludo stand, sah ihn mit großen Augen an. »Meinst du mich?«
Ludo blieb keine Zeit zum Antworten. Er hörte gerade noch einen ohrenbetäubenden Schrei, den alle Fledermäuse zusammen ausstießen, dann sah er sie herabstürzen, die Schwingen eingezogen, wie zu riesigen schwarzen Speeren zusammengeschmolzen. Sie hatten die Ohren nach vorne aufgestellt. Erst jetzt erkannte Ludo die feinen, messerscharfen Häkchen an deren Rändern. Die Fiedermonster rissen die Mäuler auf, ihre gelblich weißen Zähne schossen wie Schmetterlingsmesser heran.
Ludo war wie gelähmt vor Todesangst. Als Einziger blieb er stehen, reglos wie der tote Baum.
Silvania flopste sich in den hohlen Baumstamm, nur eine Sekunde, bevor sie eine der scharfen Fledermauskrallen mit sich riss. Daka griff blindlings nach einer Waffe. Sie erwischte die Wackelpuddingspinne und schleuderte sie der erstbesten Riesenfledermaus entgegen. Diese verschlang den Pudding mit einem Bissen, spuckte die silberne Schüssel wieder aus und stürzte sich mit weit aufgerissenem Maul auf Daka.
»FUMPFS!« Daka flog in letzter Sekunde zur Seite.
Die Zähne der Riesenfledermaus schlugen mit einem HACKS zu und verfehlten Dakas Kopf nur um Haarstachelbreite.
Dakas Herz raste so schnell, dass kein Trommelwirbel von Krypton Krax mitgekommen wäre.
Eines der Fiedermonster flog wie ein Pfeil auf Helene zu. Sie hatte sich am Boden zusammengekauert und hielt sich schützend die Hände über den Kopf. Sie sah aus wie eine Schildkröte. Nur nicht ganz so alt.
Das Fiedermonster streckte seine gewaltigen Krallen nach Helenes Rücken aus. Nur noch wenige Zentimeter, dann würde Helene von den Krallen der Riesenfledermaus gepackt werden.
In dem Moment spürte Ludo, der noch immer wie ein Knochenmann auf dem Gipfel stand, einen eiskalten Luftzug. Es war nicht mehr der Hauch, den er bereits kannte, es war ein Orkan von enormer Kraft. Er stieß Ludo einfach um, direkt auf Helenes Rücken.
Helene schrie. Sie dachte, ein Fiedermonster wäre auf ihrem Rücken gelandet.
Ludo schrie. Er spürte die Krallen des Fiedermonsters auf seinem Rücken. Wie Sicherheitsgurte in einer Achterbahn legten sich die Krallen um seine Schultern. Bevor Ludo sich umdrehen, weglaufen oder nach der Riesenfledermaus schlagen konnte, wurde er in die Luft gehoben. Seine Arme und Beine baumelten, als wäre er eine Marionette.
Helene hatte sich zu Ludo umgedreht. Ihr Gesicht war knochenweiß, ihre Augen flimmerten vor Entsetzen. »LUUUDDDOOO!« Helene streckte die Hand nach seinem Fuß aus. Sie reckte sich. Sie sprang. Vergebens.
Das Flugmonster erhob sich mit Ludo in die Lüfte.
Ludo sah, wie Helene unter ihm immer kleiner wurde. Er sah den toten Baum, aus dessen Stamm jetzt Silvania trat und mit offenem Mund zum Himmel sah. Er sah Daka, die sich den Kopf rieb, mit dem sie gegen einen Ast geflogen war. Bald waren die drei Freundinnen nur noch so groß wie Ameisen. Der tote Baum sah aus wie ein zersplitterter Zahnstocher, den jemand in eine Melone gesteckt hatte.
Erst jetzt bemerkte Ludo, dass er nicht alleine mit dem Fiedermonster war. Allerdings war das alles andere als beruhigend. Vor und hinter ihm flogen links und rechts die anderen Riesenfledermäuse. Sie hatten sich wie eine Fünf auf einem Würfel formiert. Ihre milchigen Augen starrten ausdruckslos in die Nacht. Ludo musste an Roboter denken, die einen Befehl ausführten und durch nichts davon abzubringen waren.
Ludo sah die Welt unter sich immer kleiner werden. Oder war er es, der immer kleiner wurde? Er sah auf seine Hände und auf seine Beine, die vergeblich in die Luft traten. Er sah unter sich. Nichts, nichts, nichts. Nur Luft. Kilometerweit Luft. Erst jetzt wurde Ludo eins bewusst: Er flog.
Doch dieses Mal war es kein Traum.
Ludo für alle,
alle für Ludo
D aka rieb sich noch immer den Kopf. Obwohl der Baum tot war, waren seine Äste noch ganz schön widerspenstig. Unter ihren schwarzen Haarstacheln spürte Daka eine Beule, groß wie eine Knoblauchzehe. »Aij!«, stöhnte sie. »Kann mir jemand von euch mal auf den Kopf spucken?«
Helene und Silvania reagierten wie ein Bügelbrett, mit dem man redet. Gar nicht. Sie
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