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Bissige Gäste im Anflug

Bissige Gäste im Anflug

Titel: Bissige Gäste im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Riesenfledermäuse hingebracht? In einen Obst- und Gemüseladen? In die Vorratskammer eines vegetarischen Restaurants? Oder war das ganze Gemüse nur die Beilage, mit der die Fiedermonster ihre menschliche Hauptspeise garniert hatten?
    Ludo ließ den Blick langsam durch den Raum schweifen. Überall standen Regale und Kisten voller Gemüse. Der Raum war groß, hatte aber keine Fenster. Die Wände waren weiß gefliest. Es gab nur eine Tür. Sie war groß und weiß und, wie Ludo nach mehrmaligem Ziehen feststellte, abgeschlossen.
    Ratlos setzte Ludo sich auf eine Kiste Kohlrabi. Was sollte er jetzt tun? Er hatte kein Handy (Ludo hatte die Befürchtung, dass ihn die Geister sonst auch noch anriefen oder ihm rätselhafte SMS schrieben). Selbst wenn er ein Handy gehabt hätte – er hatte keine Ahnung, wo er war. Natürlich könnte er gegen die Wände oder die Tür trommeln und lautstark um Hilfe rufen. Aber der Raum war gut isoliert. Und vermutlich saßen, beziehungsweise hingen, davor fünf Riesenfledermäuse. Die wollte er lieber nicht aufschrecken.
    Ludo spielte mit einem Faden an seiner Hosennaht und starrte gedankenverloren vor sich hin. Erst da bemerkte er sie – die Kälte. Sie kroch ihm in die Hosenbeine, unter das T-Shirt und in den Nacken. Mit Entsetzen begriff Ludo: Dieser Raum voller Gemüse war weder ein Laden noch eine Vorratskammer. Es war eine Kühlhalle.
    Ein Kribbeln stieg Ludo in die Nase. Er kniff die Augen zu, verzog den Mund und nieste kräftig. Seine Augen tränten. Seine Nase lief. Ihm schwirrte der Kopf. Ludo wusste im Moment nicht viel. Nur eins war klar: Er musste hier raus, bevor seine Haut genau so eine Farbe annahm wie das Blaukraut in den Regalen.

Erschütternde
Erkenntnisse
    D er Knochenhügel lag verlassen im Mondlicht. Herr Tepes stand auf dem Gipfel und kniete vor ein paar wabbeligen schwarzen Klecksen. Das war das Einzige, was von den Mitternachtspicknickern übrig geblieben war. In einem der Kleckse steckte ein Stachel. Er war so lang wie ein Streichholz und so spitz wie ein Piranhazahn. Allerdings war der Stachel nicht weiß, sondern schwarz. Er hatte bei genauerem Hinsehen feine rote Punkte – wie Sommersprossen.
    Mihai Tepes zog den Stachel aus dem Stück Wackelpudding und hielt ihn sich dicht vor die Augen. Auf seiner Stirn erschienen mehrere tiefe Falten. Seine Hand begann zu zittern. Beinahe verlor er die Kontrolle über sie. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. »Was habt ihr mit ihnen angestellt, ihr Monster?«, presste er durch die Zähne hindurch. Doch es brachte nichts, auf einem einsamen Hügel zu stehen und Flüche auszustoßen, die keiner hörte.
    Mihai Tepes versuchte sich zusammenzunehmen und seine Wut zu bändigen. Das fiel ihm nie leicht. Aber heute war es besonders schwer. Mit zitternder Hand steckte er den Stachel in die Manteltasche. Er warf einen letzten Blick auf den Knochenhügel, dann rannte er ein Stück den Hang hinab und erhob sich mit weit ausgebreiteten Armen in die Nachtluft. Seine Arme zuckten so sehr vor Angst und Wut, dass er immer wieder in gefährliche Schieflage geriet. Wenn man ihn sah, konnte man meinen, er hätte erst gestern das Fliegen erlernt und nicht vor Tausenden von Jahren.
    Herr Tepes flog zurück zur Reihenhaussiedlung. Er musste seine Frau in seine Vermutungen einweihen. Obwohl er ihr das lieber erspart hätte. Aber wenn ihre Töchter in Gefahr waren, gab es nur eins, was Elvira noch schlimmer fand: wenn sie nichts davon wusste.
    Bald hatte Mihai Tepes die ersten Häuser der Reihenhaussiedlung erreicht. Noch immer lag die Siedlung im Dunkeln. Nur ein paar Straßenlaternen brannten müde. Mihai setzte zum Landeanflug an. Er wollte die letzten Meter auf dem Lindenweg so dicht über den Erdboden entlangrasen, so, dass sein Lakritzschnauzer nur haarscharf über dem Beton zischte. In letzter Sekunde bemerkte er im Vorgarten gegenüber aus den Augenwinkeln eine Gestalt.
    Herr Tepes bremste sofort ab. Seine Handflächen brannten und seine Schuhsohlen qualmten. Zum Glück quietschte er nicht. Er blieb noch eine Zehntelsekunde in der Luft stehen, dann legte er ...
    KLAPP ...
    die Arme an und ...
    FLUPP ...
    stand mitten auf dem Lindenweg.
    In dem Moment drehte sich Armin Schenkel zu ihm um. Er sah seinen Nachbarn erstaunt an.
    »Boi motra ... ich meine, guten Morgen, Herr Nachbar!« Mihai Tepes lächelte breit. Aber nicht so breit, dass der Nachbar seine spitzen Eckzähne sehen konnte. Elvira Tepes hatte ihrem Mann

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