Bissige Gäste im Anflug
Versammlung von Fledermonsterbesitzern statt.
Silvania hatte recht. Zu dritt konnten sie nichts gegen fünf Riesenfledermäuse und deren Besitzer ausrichten. Daka hoffte, dass Ludo unversehrt in einem der kleineren Kühlräume steckte, die sich im hinteren Bereich an die Halle anschlossen. Sicher war es das Beste, Hilfe zu holen, die Halle zu stürmen und Ludo aus dem Kühlraum zu befreien.
Eins musste Daka aber noch herausfinden: mit wie vielen Gegnern sie es genau zu tun hatten. Sie rutschte mit den Beinen am Dachrand entlang, sodass sie vor der linken Fensterhälfte hing. Dann ging sie mit dem Kopf ganz dicht an die Scheibe heran. Ihre Nase berührte beinahe das Glas. Sie reckte den Hals und sah angestrengt nach rechts. Ihre Augäpfel taten schon weh, so sehr bemühte sie sich, in die Ecke neben dem Fenster zu gucken. Doch bis auf ein Paar spitze schwarze Schuhe, in die Dakas Füße gut und gerne dreimal hineingepasst hätten, konnte sie nichts erkennen. Sie ging noch einen Millimeter dichter ans Fenster heran. Einer ihrer streichholzsteifen Haarstachel berührte die Scheibe. Er machte auf dem Glas ein Geräusch wie ein winziger, einzelner Regentropfen.
Daka erstarrte.
Schnell sah sie zu den Riesenfledermäusen. Sie blickten dumpf und milchig vor sich hin. Dann sah sie zu den spitzen Schuhen in Übergröße. Sie hatten sich nicht von der Stelle gerührt. Daka atmete auf. Sie sah kurz zu Helene und Silvania.
»Was siehst du?«, fragte Helene. Sie selbst sah sehr wenig, da ihr der Schüsselhelm fast bis zur Nase gerutscht war.
Silvania fuchtelte mit einem Arm. »Pumflex, Daka! K-o-m-m e-n-d-l-i-c-h h-e-r!«
Daka nickte. Sie kam ja gleich. Sie warf einen letzten Blick in die Halle. Die Riesenfledermäuse hingen reglos am Balken. Aber etwas war anders. Sie starrten nicht mehr teilnahmslos geradeaus, sondern auf einen bestimmten Punkt. Ein Punkt direkt neben dem Fenster. Direkt neben Daka. Dakas Blick wanderte mit einer entsetzlichen Vorahnung zu den monströsen, spitzen Schuhen. Sie waren weg.
In dem Moment schoss ein Gesicht vor die Fensterscheibe. Es war so groß, dass es das gesamte Fenster ausfüllte. Die Augen glühten rot wie Lava. Von den spitzen Eckzähnen rann Speichel auf die bläulichen Lippen. Aus den gewaltigen Nasenlöchern ragten dichte schwarze Haare, die sich wie Würmer kringelten.
Bevor Daka schreien, flopsen oder auch nur Luft holen konnte, riss die Gestalt mit einer gewaltigen, behaarten Hand das Fenster auf, schnappte sich Daka am Pullikragen und zog sie mit einer schnellen Bewegung in die Halle, als wäre sie ein wehrloses, kleines Radieschen.
Flatliac
Kolossos
U nd auf dem Knochenhügel gab es keine einzige Spur von ihnen?« Elvira Tepes stand im Wohnzimmer und sah nach oben zu ihrem Mann.
Seit er vor wenigen Minuten nach Hause gekommen war, flog er unentwegt an der Wohnzimmerdecke hin und her. »Der Nachbar von gegenüber hat gesehen, wie die Kinder und fünf Riesenfledermäuse über die Reihenhaussiedlung und Richtung Großmarkthalle geflogen sind.«
»WAS?« Elvira ließ vor Schreck das Telefon fallen, mit dem sie gerade die Polizei anrufen wollte.
Mihai landete auf dem Wohnzimmerboden neben seiner Frau. Er holte etwas aus der Tasche und hielt es seiner Frau hin.
»Was ist das? Ein Dorn von einer giftigen Pflanze?« Elvira fuhr sich durch die Haare. »Mihai, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, die heimische Flora und Fauna zu studieren. Wir müssen unsere Kinder retten!«
»Ich habe diesen Stachel auf dem Gipfel des Knochenhügels gefunden. Es ist der Ohrstachel einer Flatliac Kolossos.«
»Einer Riesenfledermaus?«, übersetzte Elvira. Sie konnte nach all den Jahren in Bistrien sehr gut Vampwanisch. »Es gibt sie also wirklich?«
»Ja, aber nur sehr selten und nur in sehr entlegenen Gebieten«, erklärte Mihai und begann wieder, unruhig ein paar Zentimeter über dem Fußboden hin und her zu schweben. »Die Flatliac Kolossos sind eine besondere Züchtung. Sie sind sehr widerstandsfähig, sehr stark und können sehr aggressiv werden, wenn man sie reizt. Wenn man sie allerdings einmal gezähmt hat, sind sie sehr gefügig und gehorchen aufs Wort. In der freien Wildbahn kommen sie so gut wie gar nicht mehr vor. Soweit mir bekannt ist, werden sie nur noch als Haustiere gehalten.«
»Kein Mensch hält sich aggressive Riesenfledermäuse als Haustiere«, sagte Elvira Tepes.
»Nein, kein Mensch«, sagte Herr Tepes. Er blieb kurz vor seiner Frau in der Luft stehen und sah sie
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