Bissige Spiele (German Edition)
hatte, mich daran zu erinnern, und doch schien dieses Etwas in mir genau das zu sein, was mir fehlte.
Ich wollte keinesfalls die Unterhaltung mit Sara unterbrechen oder zerstören, daher wartete ich ruhig auf eine Reaktion ihrerseits.
Rein äußerlich schien ich ruhig, aber in mir brannte die Ungeduld mir ein Loch in mein totes Herz, während ich versuchte sie nicht pausenlos mit meinen neugierigen Augen anzusehen.
Als hätte sie Erbarmen mit meinem sehnsüchtigen Herzen, sprach sie endlich weiter und wieder ruckte es in meinem Inneren.
„In London ist es vielleicht das Beste, was man tun kann. Die meisten sind sich selbst hier am nächsten. Trotzdem gibt es keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Ich liebe London mit all seinen Nebeln und düsteren Ecken. Geheimnisvoll und lebendig. Obwohl sich wenige hier um einen scheren, sind alle heiter und freundlich. Nicht wie in anderen Städten. Und trotzdem kann man hier traurig sein. Die Liebe zur Stadt kann manches Geschehen nicht besänftigen.“
Saras Stimme war immer deprimierter und wütender geworden, obwohl ich ihr ansehen konnte, dass sie sich bemühte gleichgültig zu klingen. Etwas in ihrer Stimme sagte mir, dass sie mehr als nur enttäuscht war, was ihren Geruch der Todessehnsucht erklärte.
„Das vermag wohl keine Stadt. Nur das Leben selbst.“, antwortete ich ihr in der Hoffnung, sich mir gegenüber weiter zu öffnen.
„Pah! Das Leben! Was ist das Leben eigentlich? Eine traurige Ansammlung düsterer Tage, die sich wenig lohnen sie überhaupt wach zu verbringen.“
Erstaunt darüber, solche Worte von einem Wesen zu hören, das aussah wie ein Engel, starrte ich sie ungläubig und irritiert an. Irgendwie kamen mir die Worte seltsam vertraut vor. Was war es nur, was mich dabei so erschaudern ließ?
„Das Leben ist eben einfach das Leben. Du musst wissen, was du daraus machst. Siehst du es als Qual, ist es Qual, siehst du es als Freude, ist es eine Freude!“
Ich konnte kaum glauben, dass
ich
das gesagt hatte. Gerade ich, der ich mir jeden Moment in meinem leblosen Dasein wünschte, dass es ein Ende nahm. Aber es war eben genau das, was ich wollte. Kein endloses Dasein ohne Liebe! Das war der Knackpunkt. Und ich wollte alles versuchen, um wieder an einem Leben teilnehmen zu können. Einfach alles!
Und sie schien mir die Lösung zu bieten, an die Ian nicht glaubte. Die eine Liebe, für die sich alles lohnt. War es tatsächlich Sara? Oder war sie nur das Tor zu jemand anderem? Damals, erging es mir ähnlich wie Sara. Und plötzlich wusste ich auch, woher mir ihre Worte bekannt vorkamen.
Es waren meine eigenen gewesen!
Meine Enttäuschung über die Liebe hatte mein Leben erkalten und erstarren lassen und letzten Endes saß ich ebenso hoffnungslos da, wie Sara es nun tat.
„Was weißt denn du schon?“, riss mich Sara barsch aus meinen Gedanken an die Vergangenheit.
„Willst du mir etwa erzählen, dass du schon schlimme Dinge erlebt hast, jung wie du bist?“, zeterte sie weiter.
„Ich bin schon 20 und du? Gibt man in deinem Alter schon auf?“, antwortete ich etwas sarkastisch und im selben Moment hoffte ich, sie nicht verschreckt zu haben.
Nur ein Raunen war zu hören.
Wir schwiegen eine Weile und saßen still nebeneinander. Das Wasser der Themse war so schwarz und neblig wie immer, es schwammen sogar schon vereinzelt Eisbrocken darin, und trotzdem war mir in diesen stillen Minuten so warm wie schon seit Hunderten von Jahren nicht.
Die Nähe von Sara ähnelte einem Lagerfeuer, an dem ich mich wärmen konnte und das meinem seelenlosen Körper Hoffnung gab, wieder ein Mensch zu werden.
Ich fragte mich, was sie wohl sagen würde, wenn ich ihr von meiner wahren Identität erzählen würde. Sicher hätte sie mich ausgelacht und wäre davon gelaufen, in dem Glauben einen Irren vor sich zu haben. Aber vielleicht waren wir auch genau das. Wir Vampire waren alle irre!
Früher hatte ich auch schon das eine oder andere Mal versucht, andere mit meinem Vampirdasein zu verängstigen. Wenn ich besonders hungrig war und wieder einen Verbrecher auf frischer Tat ertappt hatte. Es gab nicht einen, der mir geglaubt hatte, im Gegenteil. Sie lachten mich aus und drohten mir, mich zu erstechen oder zu erschießen und sie taten es auch. Wer anschließend lachte, war immer ich, weil ihre ungläubigen Augen auf mich lächerlich und komisch wirkten. In meinen Augen hatten sie es alle Mal verdient zu sterben, auch wenn ich weiß, dass es nicht meine Aufgabe ist zu
Weitere Kostenlose Bücher