Bissige Spiele (German Edition)
verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse, abgesehen von den gierigen Blicken der Damen, die rings um mich herum saßen und mir immer wieder sehnsüchtig in mein Gesicht lächelten. Diese war eine der verhassten Situationen, in denen ich wünschte, nicht dieses Aussehen und diese Wirkung auf weibliche Personen zu haben, denn es lenkte mich von meiner Aufgabe ab, Sara zu beobachten und zu beschützen. Außerdem hatte ich Bedenken, dass sie mich deshalb bemerken könnte, und so verfluchte ich innerlich mal wieder mein Dasein als Vampir, das ich in Saras Nähe immer wieder für kurze Zeit vergaß.
Angekommen in Cambridge konnte ich mich nur noch auf meine Augen und meinen Geruchssinn verlassen. Vielleicht gab es eine Möglichkeit, Sara in einer so großen Stadt wie Cambridge unbemerkt zu folgen und das hieß für mich: Immer hinter Saras Duft her, auch wenn er kaum wahrnehmbar war, zumal ihr Todessehnsuchtsgeruch seit dem ersten Abend etwas abgenommen hatte. Dennoch.
Mir lief in Gedanken der Schweiß herunter. In einer Stadt wie Cambridge konnte Sara einfach alles zu stoßen und mit ihrer unzufriedenen Einstellung, die mehr Böses als Gutes mit sich brachte, war es nur eine Frage von Minuten, bis irgendetwas passierte.
Verflucht, wie hatte ich nur denken können, dass ich alleine auskam. Sicher hatte Maureen die Fahrt nach Cambridge erahnt und sich ins Fäustchen gelacht.
„Na, mal sehen, wie er das anstellt, sie unter den vielen Menschen ausfindig zu machen“, hatte sie sicherlich gedacht.
Das geschah mir Recht! Wie konnte ich nur so hochnäsig sein. Das ganze Geschwätz von wegen Alltag allein gestalten, nur nichts gemeinsam unternehmen. Das würde sich nach dieser Fahrt schlagartig ändern. Soweit würde ich es nicht noch einmal kommen lassen. Ab sofort würde ich Maureen über alles unterrichten Aber das wusste sie sicherlich jetzt schon, sich das zusammen zu puzzeln war nicht gerade eine Gabe. Das war eine angenehme Form der Kommunikation mit seiner „Mutter“. Man musste nicht alles wiederholen, was geschah und sie wusste über alle Aktivitäten Bescheid.
Augen und Ohren gespitzt, änderte sich meine Wahrnehmung auf Radar. Nur, dass
mein
Radar auf Sara eingestellt war.
Ich war Stunden hinter ihrem schwachen Duft hinterher geirrt, als auch dieser plötzlich versiegte.
Was konnte passiert sein? Das passte zu ihr. Oder war es gar nicht sie, die daran schuld war? Vielleicht war mir vor lauter Übereifer jemand durch die Lappen gegangen? Schließlich gab es nicht nur in London Vampire und Sara, die durch ihren Pessimismus geradezu prädestiniert war, einen Vampir anzuziehen, konnte auch hier in Cambridge einer Falle unterliegen.
In alle Richtungen spähend, bemerkte ich, dass sich meine Augen änderten. Sie formten sich mehr und mehr zu Schlitzen, katzenartig und ich hatte nur noch die Haare von Sara in meinem Fokus.
In diesem Augenblick bedauerte ich es zutiefst, dass an der Legende, dass sich Vampire in Fledermäuse verwandeln konnten, nichts dran war, denn ich hätte mich nur zu gerne in eine verwandelt, um einen besseren Überblick zu haben.
Auch Superman wäre nicht schlecht gewesen!
Und wieder einmal merkte ich, welches traurige Los sich doch hinter unserem Dasein verbarg. Es war wirklich nichts, gar nichts Positives an der Tatsache ein Vampir zu sein. Und das ewige Leben? Ein mühseliges Überdauern der Zeiten und Epochen! Ein ständiges Beobachten und Erleben von Tod und Geburt von Krieg und Frieden, von Armut und Reichtum, von Hass und Liebe!
Eine bekannte Stimmung stieg plötzlich in mir hoch, die mir in diesem Fall nichts Gutes versprach. Es war eine gewisse Kälte, die ich nur zu gut kannte, und die unsereins davon in Kenntnis setzte, dass wir nicht alleine waren.
Ein Vampir war in der Nähe, vielleicht auch zwei. Aber mehr sicher nicht, denn die Heftigkeit, mit der ich den Kälteeinbruch spürte, hielt sich noch in Grenzen.
Dennoch! Meine Aufregung war alles andere als in Grenzen zu halten, oder spürte ich sogar eine aufsteigende Angst in meinem Körper? Anscheinend sprühte Sara immer noch zu viel ihrer Frustration aus und lockte meine Artgenossen an. Wenn ich in diesem Moment hätte atmen können, dann wäre dieser sicherlich heftiger denn je gewesen. Außerdem spürte ich mein regloses Herz in diesem Augenblick ebenso deutlicher wie sonst. Sicher wäre es zu Lebzeiten wie verrückt vor Angst durch meine Brust gerast.
Wo war dieses Schwein?
Wir waren in der Nähe einer Kirche
Weitere Kostenlose Bücher