Bissige Spiele (German Edition)
gefreut hatte. Natürlich konnte es auch eine Freude ihrer Tante gegenüber sein. Nur zu gerne bezog ich alles, was Sara tat, erst einmal am liebsten auf mich. Ich war eben doch was sie betraf hoffnungslos egoistisch.
Meine Beine liefen in Richtung des kleinen Rundfensters, welches zur Gasse unterhalb führte, gleichzeitig war das Mundstück des Saxophons auffordernd in meinen willigen Mund gewandert und ich ließ einen sanften Blueston erklingen, der sogar mir durch Mark und Bein ging. Viele Größen und Halbgrößen hatte ich in der vergangenen Zeit aufsteigen und sinken sehen, einige haben mir imponiert, auf andere hätte die Menschheit auch verzichten können, aber ich musste gestehen, dass mein besonderes Interesse den Größen des Jazz galt. Brubeck war mein besonderes Idol, bei dessen Liedern ich in Hochform auflief, was ich mir in diesem Moment zunutze machte und mich völlig in der Musik des Take Five vergaß. Ich wusste nicht wie lange ich gespielt hatte oder was um mich herum geschah, nur das Vibrieren der Töne konnte meinen Körper berühren, während ich meine Augen geschlossen hielt und mich ganz der Musik hingab. Sicher begeisterten sich Catherine und Sara am Klang des Saxophons, doch meine Aufmerksamkeit richtete sich nur auf das Musikstück, so dass mir ebenso eine wichtige Veränderung im Raum entging.
Die Sonne war durch das Fenster in den Raum getreten und hatte meine Adern glühen lassen wie ein Ultraschallbild. Ein kurzes Aufstöhnen von Sara ließ mich gegenwärtig werden und hastig einen großen Schritt zurücktreten. Schockiert öffnete ich meine Augen und sah zu Catherine, die jedoch ihre geschlossen hielt, um sich voll und ganz dem Stück zu widmen und es zu genießen.
Doch Sara starrte mich mit leeren Augen an. Es war wohl der letzte Beweis, der ihr noch gefehlt hatte, um ihr Bild von mir zu komplettieren. Ihr Blick war derart undefinierbar, dass es mir Angst machte, und ich einen Moment zögerte, als ich mein Stück beendet hatte. Wenn ihr jetzt doch bewusst wurde, dass alles wahr war, und sie ein Spiel gespielt hatte, was würde sie tun?
Von meinem Aussehen in der Sonne konnte man nicht sonderlich begeistert sein, gläsern und quallenartig demonstrierten unsere Körper ihre Leere und den Tod von allem, was einmal gelebt hatte. Aber so wie ich Sara einschätzte, war sie sicherlich die einzige weit und breit, die mich vermutlich noch wunderschön fand. Eine wunderschöne gallertartige Qualle!
Meine leeren Adern hatten aufgehört zu leuchten, als ich in den Schatten getreten war, lautlos und trotzdem auffällig, weil ich im selben Augenblick den letzten Ton gespielt hatte. Sara sah mich immer noch auf dieselbe Weise an und ich konnte ein peinliches Schlucken nicht unterdrücken, das sie sicherlich bemerkt hatte. Mein Herz pochte unaufhörlich, diesmal aus Angst und Beklemmung, und wenn ich nicht so ein großes Bedürfnis gehabt hätte ein Mensch zu werden, wäre dies sicherlich der Moment gewesen, in dem ich meine Beine unter die Arme genommen hätte und das Weite wäre mir nicht weit genug gewesen.
Vergeblich wartete ich auf eine Reaktion der beiden, die jedoch ausblieb. Es schien, als ob es uns allen die Sprache verschlagen hatte, jedem aus einem undefinierbaren Grund.
Das Schweigen hielt an, unsere Blicke trafen sich weiterhin, und die Sekunden fühlten sich an wie Stunden, bevor ich mich versehentlich räusperte.
Catherine stand wortlos auf und ging auf mich zu. Tränen lagen in ihren Augen und ich hoffte inständig, dass es Tränen des Glücks waren. Und sie waren es.
Ob dieser Moment ihr in ihrer Gier nur gelegen kam oder ob es auch ohne meine Wirkung auf Frauen stattgefunden hätte weiß ich nicht, jedenfalls ergriff Saras Tante meine beiden Arme und gab mir einen freundschaftlichen Kuss auf meine linke Wange.
„Danke, David!“, hauchte sie mir ergriffen entgegen.
„Nein, Catherine, danke, dass ich spielen durfte. Sie haben ein herrliches Instrument. Schade, dass es nicht benutzt wird.“, erwiderte ich.
„Kommen Sie sooft sie wollen!“, bot sie mir an und ich nickte dankend.
„Das ist sehr freundlich, aber ich denke, Sara hat da noch ein Wörtchen mitzureden, oder?“
Ich blickte hinüber und Sara lächelte verstohlen, als wollte sie sich nicht dazu äußern.
„Aber sagen Sie David, dass Ihnen immer noch nicht warm ist! Sie sind immer noch eiskalt! Nach dieser Vorstellung! Selbst mir kocht das Blut in den Adern nachhaltig!“
Sie lachte.
„Nun, Catherine,
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