Bissige Spiele (German Edition)
du nicht? Erinnerte mich an meine Großmutter Klara. Die Mutter meines Vaters.“
Nun musste ich doch meine Augen von der Umgebung abwenden und starrte Sara irritiert an. Was erzählte sie denn da?
„Sie? Wieso sie?“, fragte ich kopfschüttelnd.
„David, das Orakel!“, lachte Sara etwas missbilligend.
„Das Orakel war ein Jüngling und keine alte Frau!“, lachte ich ebenso höhnisch.
„Dann haben wir wohl unterschiedliches gesehen!“, stellte Sara fest.
„Das Orakel ist ein Gestaltenwandler! Es nimmt die Gestalt an, von der man sich am ehesten helfen lässt. Der man glaubt und vertraut! Für jeden ist es eine andere!“ Maureen hatte sich das erste Mal seit unserer Ankunft zu Wort gemeldet und half uns, das gerade Erlebte besser zu verstehen. Doch kaum hatte ich den Eindruck, als ob ich nun besser Bescheid wüsste, verblasste die Erinnerung an das Orakel in einer solchen Geschwindigkeit, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Als würde ein riesiger Löschzug durch mein Gehirn rasen und in Windeseile alle Details aus meinem Gedächtnis ausradieren.
Übrig blieb das, was vor uns lag. Eine große Gefahr, von der ich nicht wusste, wie ich ihr gegenüber treten konnte.
Nackte Tatsachen
Der Rückweg verlief stillschweigend. Keiner von uns hatte anscheinend das Bedürfnis über die Lösung zu sprechen. Mir kam alles ein wenig seltsam vor. Jetzt wusste ich eine Lösung, aber von wem ich sie bekommen hatte, war gänzlich ausgelöscht. An den Wald konnte ich mich erinnern, aber dann war es, als wäre ich in einen tiefen Schlaf gefallen und träumte von Aderlassen, Verbluten und pulsierenden Herzen.
Wo hatte ich nur diese Lösungen her? War ich denn tatsächlich auf dem Waldboden eingeschlafen und hatte sie einfach nur geträumt?
Vielleicht hatte sie mir aber auch ein wildes Tier im Schlaf eingeflüstert. Ein Tier als Orakel konnte ich mir gut vorstellen.
Möglicherweise war mir auch nur ein Licht erschienen und hatte zu mir gesprochen? Oder ein Baum? Oder eine Wolke? Nichts! Anfänglich hatte ich mir nicht vorstellen können, mich tatsächlich an nichts erinnern zu können, aber jetzt war es so und ich war mehr als nur irritiert. Verwundert und beeindruckt war wohl der richtige Ausdruck.
Froh darüber, nicht auch unseren Weg vergessen zu haben, kamen wir endlich bei Maureen an. Sara war erschöpft. Die Wanderung war lang gewesen und obwohl sie auf dem Hinweg nicht ein einziges Mal gejammert hatte, war sie mit sich unzufrieden. Im Gegensatz zu mir. Ich war von ihrer Energie begeistert und fand es mehr als verständlich, sie nun erledigt zu sehen.
„Hast du etwas zu essen zu Hause? Ich meine, für mich?“, flehend sah sie Maureen an, die sie anlächelte und in der Küche verschwand.
Mit Obst und Brot kehrte sie zurück. Sara fragte nicht weiter und verspeiste das trockene Brot, Bananen und Orangen, das Übliche, was Maureen für Besucher immer da hatte. Sonst interessierte ich mich selten für die Müdigkeit von Menschen, aber bei Sara war das etwas anderes. Ihr fielen beinahe die Augen beim Essen zu.
„Wohin fahren wir jetzt?“, fragte sie mich nach dem dritten Brot, zwei Bananen und einer Orange und ich glaubte mich verhört zu haben.
„Was meinst du, Sara?“
„Wir müssen doch Hugh finden!“
„Sara, du fällst bald um vor Müdigkeit! Heute Nacht bleiben wir bei Maureen, und du schläfst dich richtig aus!“
„Aber…“
„Kein aber! Du gehst schlafen!“
„Ok!“ Mehr konnte Sara nicht mehr sagen. Anscheinend war die Müdigkeit so groß, dass sie über meine Entscheidung froh war. Sie stolperte hinter Maureen die schmale Holztreppe hinauf in ein kleines einfach eingerichtetes, aber dennoch behagliches Zimmer und fiel ohne weitere Worte auf das Bett nieder. Ich war den beiden gefolgt und kniete mich neben Sara, die kaum noch ihre Augen offen halten konnte.
„Morgen finden wir ihn, oder David?“, flüsterte sie mir noch entgegen.
„Werden sehen!“, antwortete ich besänftigend und strich ihr über die rotblonden Haare, bevor sie in den Schlaf sank. Langsam zog ich ihr die Decke über, was sie vor lauter Erschöpfung nicht mehr geschafft hatte und sicherlich auch nicht mehr wahrnahm.
Zunächst saß ich lange Zeit neben ihrem Bett und beobachtete jede ihrer Bewegungen im Schlaf. Ihre zarten Konturen hoben sich nur leicht von der Decke ab, und doch empfand ich den lebenden Körper zum ersten Mal seitdem ich sie kennen gelernt hatte als Objekt der Begierde. Ihre schmalen Fesseln
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