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Bissige Spiele (German Edition)

Bissige Spiele (German Edition)

Titel: Bissige Spiele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nena Siara
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und mehr mit meinen neuen Fähigkeiten ab, bis ich eines Tages eine andere Wahrnehmung der umherlaufenden Menschen bekam und dabei eine Lust verspürte, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte und auch in diesem Augenblick versuchte zu verdrängen. Doch die Lust wurde stärker und stärker und gipfelte in einer unbändigen Gier begleitet von einer staubtrockenen Kehle und glühendem Fieber. Ich fühlte mich, als wäre ich wochenlang durch eine Wüste gelaufen, ohne einen Tropfen Wasser und mit jedem Menschen, sah ich eine herrliche Oase vor mir, zum Greifen nahe. Irgendetwas sagte mir, mein Tod stünde bevor, wenn ich nicht augenblicklich Blut zu mir nehmen würde und so tat ich es mit der größten Verachtung meiner selbst. Typisch, wie ein Killer wartete ich in einer dunklen Gasse auf eine Gelegenheit, die nicht lange auf sich warten ließ. Ein junger Mann, etwa so alt wie ich, schlenderte die Straße entlang. Den Alkohol konnte ich bereits fünfzig Meter weit riechen, und ich war darüber mehr als erfreut. Wenigstens würde er nicht viel davon mitbekommen. Während er näher kam, bemühte ich mich, keinen Gedanken an eine Familie oder Freunde zu verschwenden. Die Gier war mittlerweile so krankhaft, es gelang mir spielend. Ruckartig zog ich ihn die dunkle modrige Gasse, schlug seinen Kopf heftig auf das Kopfsteinpflaster auf und gleichzeitig meine Zähne in seine Halsschlagader. Das warme Blut rann mir die trockene Kehle hinunter und linderte schlagartig das durstige und gierige Gefühl, das sich in meinem gesamten Körper ausgebreitet hatte. Fast wie Medizin durchflutete es meine Adern, kühlten und heilten die Angst zu sterben, doch kaum spürte ich die Entspannung, fiel ich auch schon krampfend neben dem Toten zu Boden.
    Alles krümmte und bäumte sich auf. In Schüben floss mein Blut und das des Fremden durch die Adern. Es schien, als stritten sie sich um das Wohnrecht in meinen Blutbahnen, und je weiter das Blut zusammen floss, umso heftiger wurde der Streit und entwickelte sich zu einem Kampf, der darin gipfelte, dass mein Blut Zentimeter für Zentimeter aus meinem Körper verdrängt wurde, bis es seinen eigenen Rückzug beschloss.
    Alles fühlte sich eigenartig leer und hohl an, obwohl immer noch Blut vorhanden war, zwar fremdes, aber dennoch Blut. Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Ebenso ruckartig, wie ich den jungen Mann seines Lebens entledigt hatte, setzte zum ersten Mal mein Herzschlag aus. Abrupt, unvorhergesehen überfiel mich eine noch größere Panik, als ich zuvor hatte.
    Stiche verengten mir die Brust und ich rang nach Luft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch geglaubt, ein normaler Killer geworden zu sein, doch nun wusste ich, dass etwas anderes mit mir geschah, etwas, von dem ich nicht wagte es in Erwägung zu ziehen. Doch es half alles nichts. Wie gelähmt lag ich neben dem Jüngling, der seine Augen weit aufgerissen hatte und dem Anschein nach alles mit ansah, was mit mir vorging, und kurioserweise lag in seinem Blick immer noch der Schock, diesmal der Schock, den er beim Anblick meiner Verwandlung bekam. Doch der Tote konnte mir keine Blicke mehr entgegen werfen, vielmehr war es meine veränderte Wahrnehmung, die mich gespensterhaftes sehen ließen.
    Mit jedem Aussetzer meines Herzens durchfuhren mich tausend Messerstiche, begleitet von einem unheimlichen Keuchen und Röcheln, das stetig abnahm und schließlich mit einem einzigen letzten Herzschlag ganz aussetzte.
    Eine Weile verging, bis ich bemerkte, trotz ruhender Lunge und stillem Herzen, zu leben. Oder zumindest nicht tot umzufallen. Zu was ich geworden bin, wurde mir erst viel später klar. Jahre später!
    Am Hafen erwischte ich eine Frau, die über eine andere hergefallen war. Blut überströmte ihr Gesicht. Von ihr erfuhr ich alles über mein neues Dasein. Bis heute habe ich mich nicht damit abfinden können und ich werde es niemals tun! Mit dir in meinen Gedanken noch weniger!“

    Erschöpft von meinen Erinnerungen zog ich abrupt einen Schlussstrich unter meine Erzählungen und schwieg. Sara hatte ihre Position nicht verändert. Noch immer saß sie auf ihrer Bettkante, allerdings hatte sich der verzweifelte Ausdruck auf ihrem Gesicht verändert. Neugierig hatte sie mir zugehört und wenn mich nicht alles täuschte, zeigten ihre Augen ein wenig Begeisterung, während sie mich betrachtete. Allerdings wusste ich nicht, was von meine Lebens- oder Daseinsgeschichte irgendjemanden hätte begeistern können. Verschrecken ja!

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