Bissige Spiele (German Edition)
hatte, hatte ich dennoch das Gefühl, als wäre das Tablett in Wirklichkeit nur aus Blech.
Aber was ich bereits in diesem Augenblick genoss, war die Tatsache, Hugh so richtig eins auszuwischen. Er war sich seiner Sache so sicher, und endlich konnte ich ihm nur ein einziges Mal mit einem Ass im Ärmel gegenüberstehen und ihn zu etwas zwingen. Schon jetzt fühlte sich dieses Bewusstsein so gut an, dass ich innerlich vor Freude zersprang. Ein Gefühl, welches ich natürlich lieber wegen Sara gehabt hätte, aber die Vorfreude auf ein gemeinsames Leben war durch die große Gefahr und meinen Konflikt, den ich erst jetzt so richtig erkannte, so getrübt, meine Versuche, Freude zu empfinden, gingen leer aus.
„Ist das der Weg, den du siehst?“
Mein Herz klopfte ohnehin schon unregelmäßig, unrhythmisch und wirr, aber in diesem Augenblick, als Sara diese Frage stellte, fühlte es sich an wie ein Karussell.
Natürlich konnte ich nicht weghören, denn es war genau die Frage, auf die ich eine Antwort wollte. Aber ich kam mir wie in einem schrecklichen Film vor, bei dem man in den spannenden Momenten seine Hände vor die Augen hielt. Zumindest tat das jenes wundervolle weibliche Geschlecht, das sich hier und jetzt alles andere als ängstlich zeigte.
„Er ist, wie ich gesagt habe. Entscheiden müsst ihr euch selber, mit allen Gefahren und Eventualitäten. Aber eines kann ich sagen: Der Weg, den ich sehe, hat viele Abzweigungen. Und alle Wege führen zum Ziel. Womöglich hilft euch das, euch zu entscheiden.“
Eine lange Pause entstand. Keiner sagte auch nur ein Wort. Das Orakel sah wieder zu Boden, wie zu Anfang. Sein Gesicht war verschwunden und meine Aufmerksamkeit wurde wieder auf seine elegante Kleidung gelenkt, die mich erneut an vergangene Zeiten erinnerte und in mir noch einmal die stille Begeisterung entfachte, die ich zu Anfang hatte.
Auch die Tiere um die Erscheinung herum verharrten auf eine ehrfürchtige Weise, die friedlich und harmonisch auf mich wirkte, und ich überlegte, was nun geschehen würde.
Sara verhielt sich ebenso ruhig wie ich. Wahrscheinlich grübelte sie wie ich, wie es weiterging.
Fragen hatte ich keine mehr. Meine Neugier und Unsicherheit war gestillt und ausgeräumt, wenngleich auch ein neues Gefühl hinzugekommen war. Denn Tatsache war, dass ich mich nun zwar klarer fühlte, aber nicht wohler. Saras Leben aufs Spiel zu setzen, um selber eines zu bekommen, war nicht gerade das, womit ich gerechnet hatte, und nun mussten wir beide sehen, was wir daraus machen wollten. Mit dieser Aufgabe behaftet, saßen wir immer noch reglos auf dem Moosteppich. Abwartend.
„Wie es scheint, seid ihr mit euren Fragen am Ende. Ich bin gespannt, ob es euch gelingt. Du wirst der erste sein David! Du gehst damit in die Vampirgeschichte ein! Welche Entscheidung du auch triffst!“ Das Orakel lachte in einer Mischung aus Ehrfurcht, Achtung und einer winzigen Prise Spott, wie ich meinte. Würde er etwa neidisch werden, wenn es mir gelingen würde ein Mensch zu werden?
Warum auch nicht? Meine Situation gefiel mir schon nicht, aber in seiner Haut wollte ich noch weniger stecken. Oder hatte er noch etwas anderes durch die Blume sagen wollen? Es schien mir so. Möglicherweise wusste er doch etwas! Etwas, das er nicht offenbart hatte, aber da war.
„Maureen wird es mich wissen lassen. Nun gebt mich frei, ich muss zur Ruhe kommen.“
Ohne es zu wollen, hatte ich einvernehmlich genickt. Plötzlich bemerkte ich wieder den intensiven Geruch, und erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich ihn die ganze Zeit über, während wir uns mit dem Orakel unterhalten hatten, nicht mehr wahrgenommen hatte. Vollkommen fixiert auf Saras und meine Fragen, war der Duft untergegangen. Doch jetzt, als das Gemäuer, die Bäume und die Sträucher um uns herum wieder langsam auftauchten, das Orakel immer undeutlicher wurde, und die Tiere zurück in den Wald liefen, nahm ich seinen Geruch blitzartig wieder wahr. Ebenso stark und lieblich wie zuvor.
Sara hatte nach meiner Hand gegriffen, in meinen Augenwinkeln konnte ich sehen, wie sich mich ansah, doch ich konnte meine Augen nicht von den umliegenden Ereignissen abwenden. Schließlich würden wir gleich alles vergessen, und uns nur noch an die Lösungen erinnern. Schade!
Zu gerne hätte ich mit Sara über alles stundenlang gesprochen.
„Sah sie nicht putzig aus? Diese schrumplige, faltige, braune Haut. Man konnte kaum ihre Augen sehen! Und ihre Stimme! Friedlich und wunderbar, fandest
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