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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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immer er hinter der Kamera sieht, es versetzt ihn in Angst.
    »Umdrehen!«, befiehlt eine gedämpfte Stimme. Sie klingt, als gehörte sie einer Frau.
    »Sie können einen nicht gut verstehen, wenn man so einen Anzug anhat«, sagt Angie. »Er verhindert, dass man Haare und Schuppen im Haus zurücklässt.«
    »Cat?«, fragt Sean. »Cat, können wir …«
    »Gesicht zur Wand!«, befiehlt die Stimme. »Los, Hände hoch!«
    Andrus Riviere wendet der Kamera den Rücken zu und hebt die schwabbeligen Arme. »Nehmen Sie, was immer Sie wollen«, sagt er zitternd. »Geld … wollen Sie Geld?«
    Auf seinem Unterhemd blitzt es kurz rot auf.
    »Scheiße!«, ruft Sean.
    Riviere bricht zusammen wie ein Hirsch nach einem Blattschuss.
    Mein Herz hämmert wie verrückt, als die Kamera sich ruckhaft durch das Zimmer bewegt. Für einen Moment ist nur die Decke zu sehen. Dann sehe ich erneut Riviere. Er liegt auf dem Rücken, das Gesicht vor Angst fast blutleer. Er versucht sich zu bewegen und schreit voller Schmerz.
    »Was hast du Carol angetan?«, fragt die gedämpfte Stimme.
    »Ich kann meine Beine nicht mehr bewegen!«, heult Riviere. »O Gott …«
    »Sag, was du Carol angetan hast!«
    »Was?«
    »Deiner Tochter! Carol Lantana! Hattest du Sex mit Carol, als sie ein kleines Mädchen war?«
    Rivieres Augen drohen aus den Höhlen zu treten. Für Andrus Riviere sind die Frauen in den Hazmat-Anzügen die Fleisch gewordene Hölle. »Carol?«, wiederholt er. »Nein! Nein …  nein .«
    »Hast du Carol vergewaltigt?«, beharrt die Stimme.
    »Nein! Das ist verrückt! So etwas habe ich nie getan!«
    Die Kamera weicht zurück. Dann hält eine Hand in Plastik den Lauf eines Revolvers an Rivieres Schläfe. »Mach deinen Frieden mit Gott. Gestehe, was du getan hast!«
    Der alte Apotheker stammelt undeutliche Worte. Speichel rinnt ihm aus dem Mund. »Carol? Bist du das in dem Anzug?«
    »Gestehe, was du getan hast!« , kreischt die Stimme, die eindeutig weiblich ist.
    Riviere schüttelt heftig den Kopf. Auf dem Schirm kniet eine zweite Gestalt in einem Hazmat-Anzug neben Riviere nieder und öffnet die Kiefer des Schädels, den ich im Motel im Schoß von Dr. Malik gefunden habe. Die Hand drückt den offenen Mund auf Rivieres Brust und treibt die Zähne in das blasse Fleisch.
    Riviere kreischt vor Schmerz.
    »Mein Gott …«, haucht Sean.
    Die Gestalt benutzt offensichtlich all ihre Kraft, um die Zähne in Rivieres Fleisch zu treiben. Riviere schreit erneut, und dann wird der Schädel weggezogen.
    Riviere weint jetzt und hechelt, als könnte er nicht mehr atmen.
    »Beiß ihn noch mal!« , ruft die Stimme.
    » Nein! Nicht! Schon gut … schon gut. Ich konnte nicht anders. Ich konnte nicht aufhören. Das weißt du doch längst, oder?« Rivieres Gesicht ist verzerrt vor Schmerz. »Ich brauche einen Arzt! Bitte!«
    »Wie alt war Carol, als du es getan hast?«
    Riviere schließt die Augen und schüttelt den Kopf. »Ich weiß es nicht … weiß es nicht.«
    Der Lauf des Revolvers knallt auf seine Nasenwurzel.
    »Drei?«, heult er. »Vier? Ich weiß es nicht!«
    »Bereust du deine Tat?«
    Die Augen quellen erneut aus ihren Höhlen. Der Ausdruck des Entsetzens darin ist Grauen erregend.
    Die dumpfe Stimme kennt kein Erbarmen. »Bereust-du-deine-Tat?«
    Riviere nickt in plötzlicher Bußfertigkeit, ein verzweifelter Sünder, der einen Weg zur Wiedergutmachung sieht. »Ja! Ja, ich bereue … ich bereue! Ich weiß, dass es falsch war. Ich brauche Hilfe! Hilfe!«
    »Ich bin hier, um dir zu helfen.«
    Die Hand drückt die Mündung des Revolvers an Andrus Rivieres Stirn und schießt ihm das Gehirn aus dem Hinterkopf.
    Ich zucke schockiert zusammen. Ich kann nicht begreifen, dass ich mit eigenen Augen den Hergang der Ereignisse sehe, die ich aus den Spuren am Tatort zu rekonstruieren versucht habe. Keine Rekonstruktion könnte je die Brutalität dieser Exekution wiedergeben. Und ich weiß plötzlich und ohne jeden Zweifel, dass meine Idee, diese Frauen zum Aufhören zu zwingen, ohne ihre Namen an das fbi zu verraten, nichts weiter als ein Hirngespinst ist, geboren aus meinem eigenen Schmerz und meiner Naivität. Es stimmt, dass Andrus Riviere nie wieder ein anderes Kind missbrauchen wird. Doch welche Garantie habe ich, dass die Frau, die den Abzug betätigt hat, nicht morgen schon entscheidet, dass ein anderer, weniger schuldiger Mann als Riviere verdient, mit dem Tod bestraft zu werden? Margaret Lavignes Stiefvater war das erste unschuldige

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