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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Ich weiß, dass er von den Morden wusste. Er hat es mir selbst gesagt. Er wollte in seinem Film darüber sprechen, nicht wahr?«
    Angies Hände zittern jetzt, und ihr linkes Bein hüpft unkontrolliert auf und ab. Sie ist wie eine Maschine, die zweiundzwanzig Jahre zuverlässig gelaufen ist und jetzt durch eine Unwucht in Stücke zu springen droht. Sean hatte Recht – Angie Pitre kann die Morde unmöglich ohne Hilfe begangen haben.
    »Haben Sie die Morde für Dr. Malik auf Video aufgenommen, Angie?«
    Sie springt so unvermittelt auf, dass ich auf meinem Sofa zusammenzucke.
    »Das ist nicht richtig!«, schreit sie und zeigt mit ihrem dünnen Finger auf mich. »Sie dürfen nicht so mit mir reden! Sie haben überhaupt keine Beweise für das, was Sie sagen!«
    Sean stürzt mit gezogener Waffe zurück ins Zimmer. »Was ist passiert?«
    »Nichts.« Ich bedeute ihm, die Waffe einzustecken.
    Er denkt nicht daran. »Die Badewanne ist voll mit heißem Wasser«, sagt er zu Angie. »Warum?«
    »Ich wollte ein Bad nehmen.«
    Er deutet auf die Zigarette im Aschenbecher neben dem La-Z-Boy. »Wenn Sie mich fragen, sieht es eher danach aus, als hätten Sie ferngesehen.«
    »Ich wollte ein paar Ohrringe kaufen. Deshalb hatte ich den Fernseher an.«
    Er mustert sie sekundenlang; dann steckt er seine Pistole ins Schulterhalfter zurück und setzt sich wieder auf seinen Platz. »Was habe ich übersehen?«, sagt er wie zu sich selbst, während seine Blicke nach draußen in den Flur wandern.
    »Angie wollte mir gerade erzählen, wer ihr dabei geholfen hat, diese Männer zu bestrafen.«
    »Was wird mit mir geschehen, wenn ich mit Ihnen rede?«, fragt Angie an Sean gewandt.
    Er wirft mir einen pointierten Blick zu, den ich ohne Mühe verstehen kann. Es wird Zeit, dieser Frau ihre Rechte vorzulesen und sie vor eine laufende Videokamera zu setzen. »Das hängt ganz davon ab, was Sie uns erzählen, Angie«, sagt er.
    »Ich weiß, wie schwer es für Sie ist, anderen Menschen zu vertrauen, Angie«, sage ich leise. »Mir geht es genauso. Das ist nur eines der Probleme, die Frauen wie wir mit uns herumtragen. Trotzdem müssen Sie mir jetzt zuhören, Angie. Weil ich nicht möchte, dass man Sie ins Gefängnis steckt. Okay? Ich bin die beste Freundin, die Sie jemals haben werden. «
    Der vorsichtige Blick lässt nicht eine Sekunde in seiner Wachsamkeit nach, doch in ihren Augen erkenne ich Verwirrung. Sie schwankt.
    »Atmen Sie tief durch, Angie. Atmen Sie tief durch und reden Sie sich Ihre Last von der Seele.«
    Langsam nimmt Evangeline Pitre wieder auf ihrem Sofa Platz.
    »Wessen Idee war es?«, frage ich. »Wer hat als Erster gesagt: ›Wir können nicht nur herumsitzen und über diese Sache reden! Wir müssen irgendetwas unternehmen!‹«
    Ihre Augen zucken zwischen Sean und mir hin und her wie die eines Cracksüchtigen. Dann beginnt sie stockend zu reden.»Das ist gar nicht leicht zu sagen, wissen Sie? Es war nicht so, wie Sie denken.«
    Mein Herz hämmert wild in meiner Brust. Ich zwinge mich dazu, nicht zu Sean zu blicken. »War es Dr. Malik?«
    Sie strafft die Schultern und legt die Arme vor die Brust wie ein schmollendes Kind. »In gewisser Weise, ja. Ich meine, er hat immer wieder darüber geredet, dass die Männer, die so etwas tun, niemals damit aufhören. Verstehen Sie? Dass keine Behandlung wirkt, außer vielleicht Kastration. Er hat gesagt, nur der Tod oder das Gefängnis würden sie wirklich daran hindern, damit weiterzumachen.«
    »Ich nehme an, mit ›damit‹ meinen Sie den sexuellen Missbrauch von Kindern?«
    »Ja. Dr. Malik glaubte auch nicht, dass irgendeine der bekannten Heilmethoden bei den Opfern funktioniert. Sie führten nicht dazu, dass es einem wieder gut ging. Es wäre alles nur gut gemeintes Gerede, hat Dr. Malik gesagt. Sobald man wieder draußen in der normalen Welt war, konnte es einen nicht daran hindern, die schlimmen Dinge zu tun, die durch das verursacht wurden, was man selbst als Kind durchgemacht hat. Verstehen Sie? Wild in der Gegend herumvögeln, Rauschgift, Selbstverstümmelung, was auch immer. Betäubendes Verhalten, hat Dr. Malik es genannt.«
    Ich nicke verstehend. »Ich bin Alkoholikerin, seit ich Teenager war.«
    »Da haben Sie’s. Deshalb hatte Dr. Malik die Gruppe X gegründet. Er wollte etwas Neues versuchen. Es ist, als würde man eine neue Welt erforschen, hat er gesagt. Die dunkle Welt in unseren Köpfen.«
    »Wie viele Frauen waren in der Gruppe?«
    Sie schüttelt den Kopf, und hinter ihrer Stirn

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