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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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glitzern erneut die imaginären Augen mit dem Überlebensinstinkt.
    »Aber alle Mitglieder der Gruppe waren Fälle von unterdrückter Erinnerung?«
    »Ja. Unser Leben war aus der Bahn gelaufen, und wirwussten nicht, warum. Ich kam nur dazu, weil ich zu dieser Dame im Mental Health Center gegangen bin, und sie hat mich an Dr. Malik überwiesen. Ich habe kein Geld und nichts.«
    »Ich verstehe. Also … Gruppe X?«
    »Ja. Es war anders als alles, was ich bis dahin kannte. Dr. Malik hat uns alle zusammen in einem Raum behandelt. Und es war eine unglaublich intensive Erfahrung, das kann ich Ihnen sagen. Wenn wir nicht das durchlebten, was uns widerfahren war, hörten wir zu, wie jemand anders seine Erlebnisse erzählte. Und so, wie Dr. Malik es getan hat, war es fast unerträglich. Wenn man bei ihm Patient war, hat er einen dazu gebracht, dass man wieder zu dem Kind wurde, dem das alles widerfahren ist. Man redet mit der Stimme eines kleinen Mädchens und so was. Es ist richtig unheimlich, den anderen dabei zuzuhören. Einige Leute haben es nicht ausgehalten. Zwei- oder dreimal haben sie in ihren Stuhl gepinkelt, Tatsache. Und ich glaube, was dann passiert ist, war eine Folge davon.«
    »Die Entscheidung, einen Kinderschänder zu töten.«
    Sie nickt in plötzlichem Ernst. »Verstehen Sie, obwohl die schlimmen Dinge alle schon Jahre zurücklagen, war es in Gruppe X so, als wäre es eben erst passiert. All das Entsetzen und die Wut, die man als Kind nicht ausdrücken konnte, schießen wie eine Explosion aus einem hervor. Und das macht einen wütend. Wir alle waren unglaublich wütend. Selbst Dr. Malik. Man konnte es in seinem Gesicht sehen. Er wollte, dass diesen Männern wehgetan wurde, genauso, wie sie uns wehgetan hatten.«
    »Hat er Ihnen diesen Vorschlag unterbreitet?«
    Angie schüttelt den Kopf. »Nein. Verstehen Sie, so intensiv diese Erfahrung auch gewesen sein mag, sie war nicht die Ursache dafür, dass wir … Sie wissen schon. Es kam daher, dass wir anfingen, hinterher miteinander zu reden. Wir wurden zu Freundinnen. Wir alle, verstehen Sie? Wir sollten es eigentlich nicht, doch wir fingen an, uns außerhalb von Dr. MaliksTherapiesitzung zu treffen. Jeden Mittwoch war das. Wir gingen zu einer von uns nach Hause oder was auch immer und tranken Cola oder irgendwelches Zeug. Und wir redeten. Und dabei fanden wir heraus, was wirklich richtig schrecklich war an alledem.«
    Ich werfe einen raschen Blick zu Sean. Er ist wie hypnotisiert von Evangeline Pitres Geschichte. »Was war das, Angie?«, frage ich. »Was war wirklich richtig schrecklich an alledem?«
    »Dass die Kerle, die das mit uns getan haben, es wahrscheinlich immer noch tun.« Sie beißt sich auf die Unterlippe und nickt, als würde sie leise zu sich selbst reden. »Nicht mit uns, sondern mit anderen Kindern. Verstehen Sie? Also fingen wir an, sie zu beobachten. Wir versuchten zu überlegen, was wir dagegen tun konnten. Aber das ist nicht leicht, nicht wahr? Solange man nicht im gleichen Haus mit ihnen wohnt … und die meisten von uns hatten tagsüber eine Arbeit oder so.«
    »Ich verstehe.«
    »Trotzdem, ich wusste es, okay? Da ist dieser Junge, der im gleichen Block wohnt wie mein Vater. Er ist den ganzen Tag allein zu Hause …« Angie schüttelt unerwartet heftig den Kopf. »Jedenfalls war es das, was dabei herauskam. Wir wollten sie nicht nur bestrafen. Ich meine, es war Teil des Plans – sie dazu zu bringen, dass sie zugaben, was sie getan hatten. Weil sie so etwas nie tun, verstehen Sie? Man fasst all seinen Mut zusammen für diesen einen Moment, und dann streiten sie es einfach ab. Alles. Dr. Malik hat es unzählige Male erlebt. Diese Mistkerle sehen einen an, als wäre man selbst die Irre, und dann erzählen sie einem, wie sehr sie einen lieben und all diese Scheiße. Es ist widerlich. Es bringt einen dazu zu glauben, dass man vielleicht tatsächlich verrückt ist.«
    »Sie sind nicht verrückt, Angie. Das weiß ich.«
    Sean starrt mich erneut an, versucht, meine Aufmerksamkeit zu wecken. Er ist bereit, diese ganze Unterhaltung offiziell zu machen. Doch ich bin noch nicht bereit, Kaiser anzurufen.»Also waren Sie im Grunde genommen alle einverstanden damit, das zu tun, was Sie getan haben?«
    Angie nickt langsam in meine Richtung. Sie hat ihre Loyalität von Sean auf mich übertragen.
    »Wie viele von Ihnen waren es, Angie?«
    »Sechs.«
    »Und nun sind sechs Männer tot.«
    Sie nickt erneut.
    »Also sind Sie fertig?«
    »Ja.« Sie

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