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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Umschweife.
    »Sean? Ich kenne ihn! Kannte ihn, meine ich.«
    »Wen?«
    »Malik!«
    »Was?«
    »Damals nannte er sich noch nicht Malik. Damals hieß er noch Gentry. Jonathan Gentry. Er war am umc in Jackson, als ich dort studiert habe! Er hatte damals noch Haare auf dem Kopf, aber es ist der gleiche Mann! Diese Augen werde ich niemals vergessen. Er kannte den Professor, mit dem ich die Affäre hatte. Er hat selbst einige Male versucht, sich mit mir zu verabreden. Ich meine …«
    »Okay, schon gut. Du musst …«
    »Ich weiß. Ich fahre von hier los, sobald ich kann. Ich müsste in drei Stunden in New Orleans sein.«
    »Warte nicht zu lange, Cat. Die Sonderkommission muss sich dringend mit dir unterhalten.«
    Die Ruhe, die ich im Pool gespürt habe, hat sich endgültig verflüchtigt. Ich kann kaum einen logischen Gedanken fassen. »Sean, was hat das zu bedeuten? Wie kann das möglich sein?«
    »Ich weiß es nicht. Ich werde John Kaiser anrufen. Du meldest dich, sobald du unterwegs bist. Wir finden es heraus, Cat.«
    Obwohl ich allein in Großvaters Büro bin, nicke ich dankbar. »Ja, mache ich. Ich bin bald zurück.«
    »Bye, Baby. Halt durch. Wir bringen diese Sache wieder in Ordnung.«
    Ich beende das Gespräch, lege das Handy zur Seite undsammele die restlichen Blätter aus dem Fax. Es sind inzwischen drei. Als ich mich zur Tür wenden will, öffnet sie sich plötzlich wie von Geisterhand.
    In der Tür steht mein Großvater, Dr. William Kirkland, das kantige Gesicht sorgenvoll. Seine blauen Augen mustern mich von oben bis unten, dann schweifen sie durch den Raum.
    »Hallo Catherine«, sagt er mit tiefer, gemessener Stimme. »Was machst du hier drin?«
    »Ich habe dein Fax gebraucht, Großpapa. Ich bin im Begriff, nach New Orleans zurückzufahren.«
    Ein kleinerer Mann Mitte dreißig steht hinter ihm und späht ihm über die breite Schulter. Billy Neal, der unangenehme Fahrer, über den Pearlie sich bei mir beschwert hat. Sein Blick huscht über meinen Körper, und auf seinem Gesicht erscheint ein Grinsen. Sanft, doch nachdrücklich schiebt Großvater den Fahrer nach draußen, dann betritt er das Zimmer und schließt hinter sich die Tür. Er trägt eine weiße Leinenjacke und eine Krawatte. Auf der Insel zieht er sich immer an wie ein Arbeiter, doch in der Stadt ist er stets äußerst formell gekleidet.
    »Ich kann mir nicht denken, dass du wieder abfahren willst, bevor wir Gelegenheit hatten, uns ein wenig zu unterhalten«, sagt er.
    »Es ist sehr dringend, Großvater. Ein Mordfall.«
    Er lächelt wissend. »Wenn es so dringend wäre, wärst du wohl erst gar nicht nach Natchez gekommen, oder? Es sei denn, jemand wurde ermordet, während ich weg war?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Das ist beruhigend zu erfahren. Auch wenn ich mir denken kann, dass ein paar Einheimische nichts dagegen hätten, wenn ihre heimlichen Verwünschungen endlich in Erfüllung gingen.« Er tritt zum Sideboard. »Setz dich, Catherine. Was trinkst du?«
    »Nichts.«
    Er dreht sich um und mustert mich mit neugierig erhobener Augenbraue.
    »Ich muss wirklich wieder los, Großpapa.«
    »Deine Mutter hat erzählt, du hättest Blutspuren in deinem alten Schlafzimmer gefunden?«
    »Das stimmt. Es war reiner Zufall, aber es handelt sich definitiv um Blut.«
    Er schenkt sich einen Scotch aus. »Menschliches Blut?«
    »Das weiß ich noch nicht.« Ich blicke sehnsüchtig zur Tür.
    Großvater zieht seine Jacke aus. Darunter kommt ein maßgeschneidertes Hemd zum Vorschein mit aufgekrempelten Ärmeln. Selbst in seinem hohen Alter besitzt er noch die starken Unterarme eines Mannes, der sein Leben lang mit den Händen gearbeitet hat. »Aber du nimmst an, dass es menschliches Blut ist.«
    »Warum sagst du das? Ich nehme niemals vorschnell irgendetwas an.«
    »Ich sage das, weil du aufgeregt wirkst.«
    »Es ist nicht das Blut, Großvater. Es ist der Mordfall in New Orleans.«
    Er hängt seine Jacke auf einen Ständer in der Ecke. »Bist du da völlig ehrlich mit dir selbst? Ich habe eben mit deiner Mutter gesprochen. Ich weiß, wie sehr dich der Verlust deines Vaters geschmerzt hat, wie sehr dich das alles verfolgt hat. Bitte setz dich, Catherine. Wir sollten uns über deine Vermutungen unterhalten.«
    Ich blicke hinunter auf die gefaxten Seiten in meiner Hand. Die hypnotisierenden Augen von Nathan Malik starren zu mir herauf, fordern mich auf, loszufahren nach New Orleans. Doch dann kommt mir ein anderes Bild in den Sinn – das Bild der fluoreszierenden

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