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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Aufzeichnungen nachsehen …«
    »Tun Sie das nicht!«, sage ich hastig.
    »Ah, richtig. Sie haben Recht, Cat. Verdammt, ich werde schon nervös, wenn ich nur mit Ihnen rede.«
    »Wir sind fast durch, Harold. Wissen Sie irgendetwas über Maliks Therapiemethoden? Worauf er sich spezialisiert hat? Irgendwas?«
    »Unterdrückte Erinnerungen. Geistiger und körperlicher Missbrauch von Frauen. Und auch Männern, glaube ich. Wir hatten mehrere Unterhaltungen darüber. Er ist Experte im Ausgraben von verlorenen Erinnerungen. Er setzt Medikamente ein, Hypnose … alles, was ihm geeignet erscheint. Ziemlich kontroverses Zeug. Es gibt eine Menge Streitigkeiten auf diesem Gebiet.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Ich sage Ihnen so viel, Cat: Wenn dieser Malik Ihr Täter ist, dann hoffe ich sehr, dass Sie unumstößliche Beweise gegen ihn in der Hand haben. Er wird sich weder vom fbi noch von sonst jemandem einschüchtern lassen. Wenn es um Dinge wie die Privatsphäre von Patienten geht, lässt er sich lieber ins Gefängnis sperren, als dass er auch nur ein verdammtes Wort sagt. Er ist fanatisch, was das angeht. Er hasst die Regierung.«
    Ich zucke zusammen, als das Faxgerät neben mir plötzlich zum Leben erwacht. »Diese unumstößlichen Beweise ruhen möglicherweise jetzt in diesem Augenblick in Ihren Röntgenaufzeichnungen, Harold.«
    Er stößt einen weiteren Pfiff aus. »Ich hoffe es, Cat. Ich meine …«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Falls Malik der Täter ist.«
    »Genau.«
    »Hören Sie, das fbi muss nichts von unserer kleinen Unterhaltung erfahren.«
    »Was für einer Unterhaltung?«
    »Danke, Harold. Sehen wir uns bei meinem nächsten Seminar?«
    »Ich kann es kaum abwarten.«
    Ich lege auf und beobachtete das Papier, das langsam aus dem Faxgerät quillt. Jemand hat eine detaillierte Zusammenfassung sämtlicher zugänglicher Informationen über Dr. Nathan Malik verfasst. In mir brennt das fast unwiderstehliche Verlangen, zum Sideboard meines Großvaters zu gehen und mir einen schnellen Wodka zu genehmigen, bevor ich zu lesenanfange, doch es gelingt mir, diesen Impuls zu unterdrücken. Als das zweite Blatt aus dem Apparat kommt, werfe ich einen Blick darauf, und plötzlich scheint der Boden unter mir zu schwanken. Ich muss mich an der Tischkante festhalten, um nicht zu fallen.
    Auf der unteren Hälfte der Seite findet sich ein Schwarz-Weiß-Foto von Nathan Malik, einem kahlköpfigen, stiernackigen Mann mit tief liegenden dunklen Augen. Bei manchen Männern übermittelt Kahlheit einen Eindruck von Schwäche oder voranschreitendem Alter, doch bei Malik wirkt der Glatzkopf eher wie eine Herausforderung – genauso, wie es bei Yul Brynner der Fall gewesen ist. Stolz, durchdringend und herausfordernd bedeuten Maliks Augen dem Betrachter, einen Schritt zurückzuweichen. Maliks Nase war irgendwann einmal gebrochen, und seine Lippen sind zu einem ironischen Grinsen verzogen, das nichts als Verachtung für die Kamera zum Ausdruck bringt. Er hat die arrogante Aura eines Aristokraten, doch das ist es nicht, was mir den Atem geraubt hat. Das waren die Augen. Ich habe sie – und dieses Gesicht – schon einmal gesehen, vor fast einem Jahrzehnt, am University Medical Center in Jackson, Mississippi.
    Ich zerre die erste Seite aus dem Apparat und überfliege den Lebenslauf des Psychiaters. Geboren 1951. Zwei Jahre in der Army, eine Dienstzeit als Angehöriger des Sanitätskorps in Vietnam. Highschool, Tulane University. Abschluss an der Tulane Medical School 1979. Assistenzarzt am Ochsner Hospital. Mehrere Jahre praktischer Tätigkeit folgen. Im Anschluss daran – mein Herz hämmert bis zum Hals, als ich diese Zeilen lese – Anstellung bei der Psychiatrischen Fakultät des Medical Center der University of Mississippi, kurz umc.
    »Gütiger Gott …«, flüstere ich.
    Malik war am umc gewesen während der zwei Jahre, die ich dort verbracht habe. Ich kannte ihn. Doch irgendetwas ist anders. Ich kannte diesen Mann auf dem Bild nicht als Nathan Malik, sondern als Dr. Jonathan Gentry. Und Gentry war nichtkahlköpfig, nicht einmal annähernd. Weiter oben auf der Seite finde ich, wonach ich gesucht habe. Nathan Malik wurde als Jonathan Gentry in Greenwood, Mississippi geboren. Er änderte seinen Namen 1994 auf legale Weise, ein Jahr, nachdem ich die Universität verlassen musste. Ich zücke mein Mobiltelefon und tippe Seans Schnellwahlnummer, während mir der kalte Schweiß ausbricht.
    »Hast du etwas gefunden?«, fragt Sean ohne

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