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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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eigenen strengen Kodex beurteilt. »Wenn sie mich mit diesem Problem um Hilfe bittet, dann werde ich eingreifen.«
    Ich will ihn fragen, ob er Ann das Geld gegeben hat, das sie haben wollte, doch ich lasse es. Wahrscheinlich würde er es mir nicht sagen.
    Er blickt erneut auf seine Armbanduhr. »Catherine, ich habe ein Meeting mit einem Mitglied der Glücksspielkommission von Mississippi. Es geht um Maison DeSalle. Ich darf nicht zu spät kommen.«
    Jetzt fällt mir wieder das architektonische Modell ein, das er mir in seinem Arbeitszimmer gezeigt hat, und sein Plan der Zertifizierung einer Indianischen Nation der Natchez. »Oh, richtig. Viel Glück, schätze ich.«
    Auf der anderen Seite des Parkplatzes hebt Billy Neal den Arm und deutet auf seine Uhr. Großvater winkt zustimmend, dann blickt er mir tief in die Augen, als wollte er mir etwas Wichtiges vermitteln. Die hypnotischen blauen Augen machen mir einmal mehr das Charisma meines Großvaters bewusst. Seine geistigen Fähigkeiten haben absolut nicht gelitten.
    »Catherine«, sagt er mit ernster Stimme. »Ich möchte, dass du deine Pläne aufschiebst, bis ich von diesem Meeting zurück bin. Es dauert nicht viel länger als eine Stunde.«
    »Warum?«
    Er ergreift meine Hand und hält sie fest. »Es ist einedelikate Geschichte. Eine persönliche Geschichte. Persönlich für dich, mein Kind.«
    »Für mich?« Ein eigenartiges Summen breitet sich in meinem Kopf aus. »Dann sag es mir jetzt. Ich wollte eben im Crime Lab anrufen und die Dinge in Bewegung setzen.«
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, mein Liebes. Wir sollten uns in meinem Büro unterhalten.«
    »Also gehen wir in dein Büro.«
    »Ich kann jetzt nicht, Catherine. Ich muss zu diesem Meeting.«
    Ich schüttele frustriert den Kopf. »Ich bin es leid, im Dunkeln herumzutappen, Großpapa. Wenn du mich daran hindern willst, dass ich das tue, dann sag mir auf der Stelle den Grund dafür.«
    Ein Anflug von Ärger huscht über sein Gesicht, doch anstatt mich zu ermahnen, geht er langsam um den Audi herum und steigt auf der Beifahrerseite ein. Sein Wunsch ist klar. Ich setze mich neben ihm auf den Fahrersitz, doch er sieht mich nicht an. Er starrt mit verlorenem Blick durch die Windschutzscheibe nach vorn.
    »Hör zu«, sage ich. »Seit ich dieses Blut entdeckt habe – eigentlich schon lange davor –, hatte ich das Gefühl, dass du und Mom und Pearlie irgendetwas vor mir verheimlicht – irgendetwas, das mit dieser Nacht zu tun hat. Wahrscheinlich, weil ihr glaubt, mich beschützen zu müssen. Aber ich bin kein Kind mehr, okay? Ich bin nicht einmal mehr jung. Also bitte erzähl mir endlich, was das alles zu bedeuten hat.«
    Seine Blicke bleiben auf das Meer von Rosenblüten im Garten gerichtet, als er mit leiser Stimme zu reden beginnt. »Der Regen«, murmelt er. »Wie dumm von uns zu glauben, wir könnten dich belügen und damit für immer durchkommen.« Seine massige Brust sinkt mit einem tiefen Seufzer in sich zusammen. »Du hattest schon immer einen scharfen Verstand und gute Instinkte, selbst als Kind.«
    Meine Gliedmaßen jucken. »Bitte komm zur Sache.«
    Plötzlich wendet Großvater sich mir zu, die Augen ernst, wie ein Arzt, der im Begriff steht, schlechte Neuigkeiten zu verkünden. »Darling, dein Vater ist nicht dort gestorben, wo wir gesagt haben.«
    Ein merkwürdiges Taubheitsgefühl breitet sich von meinem Herzen her durch meinen Rumpf aus. »Wo ist er gestorben?«
    »Luke starb in deinem Schlafzimmer.«
    In meinem Schlafzimmer  … Die Taubheit in mir verwandelt sich in eisige Kälte. Innere Kälte. Ich wende den Blick ab, sehe zu den Rosen, die ich seit so langer Zeit hasse. »Wie ist er gestorben?«
    »Sieh mich an, Catherine. Sieh mich an, und ich sage dir alles, was ich weiß.«
    Ich zwinge mich, ihn anzusehen, mich auf das von Linien durchzogene Patriziergesicht zu konzentrieren, und mit leiser Stimme beginnt er zu reden.
    »Ich war unten und habe gelesen. Dann hörte ich einen Schuss. Er klang gedämpft, doch ich wusste sofort, was es war. Es klang genauso wie unsere M1 geklungen haben, wenn wir die Bunker der Japse nach dem Flammenwerfereinsatz gesäubert haben. Ich bin sofort nach draußen gerannt. Ich habe einen Mann gesehen, der von eurem Haus in die Dunkelheit geflüchtet ist. Ich bin ihm nicht gefolgt. Ich bin direkt rüber zu euch gelaufen, um zu sehen, ob jemand verletzt wurde.«
    »War der Flüchtende ein Schwarzer, wie du erzählt hast?«
    »Ja. Als ich in euer Haus kam,

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